Claude Lanzmann
Vom Zufall des Überlebens: Arte-Dokus zum Holocaust-Gedenktag

22.01.2018 | Stand 20.09.2023, 23:22 Uhr

Das Konzentrationslager Theresienstadt im besetzten Tschechien. − Foto: Synecdoche/Le Pacte

Nach seinem Jahrhundertwerk "Shoah" setzte Claude Lanzmann seine Erinnerungsarbeit an die Schrecken des Holocaust fort. Um den Holocaust-Gedenktag zeigt Arte die Filme und ergänzt sie mit zwei weiteren Dokumentarfilmen. Ruth Elias, Ada Lichtman, Paula Biren und Hanna Marton verbindet ein grausames Schicksal: Die vier Frauen wurden von den Nazis deportiert, überlebten aber den Schrecken der KZs mit viel Glück, während der Rest ihrer Familien ausgelöscht wurde. Ihre traumatischen Erlebnisse haben sie geprägt, ihnen aber nicht den Mut zu einem Neuanfang genommen.

Im Gespräch mit Claude Lanzmann erzählen sie Jahrzehnte später offen und emotional bewegend vom Grauen jener Jahre. Der große Chronist des Holocaust hatte für sein bahnbrechendes Werk "Shoah" Hunderte Interviews mit Überlebenden geführt; der neunstündige Dokumentarfilm wurde 1985 uraufgeführt.

2017 bearbeitete der Regisseur die Gespräche mit Ruth Elias, Ada Lichtman, Paula Biren und Hanna Marton für den Zyklus "Vier Schwestern", den Arte jetzt zeigt aus Anlass des Internationalen Gedenktags an die Opfer des Holocaust am 27. Januar - dem Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz durch die Rote Armee 1945.

Der Themenschwerpunkt bestimmt das Programm am 23. und 30. Januar. Am 23. Januar um 20.15 Uhr beginnt die Reihe mit den 90-minütigen Schilderungen von Ruth Elias in "Vier Schwestern: Der hippokratische Eid - Ruth Elias". Ab 21.45 Uhr schildert Ada Lichtmann in "Vier Schwestern: Zum lustigen Floh - Ada Lichtman" ihr Schicksal.

Um 22.40 folgt der Dokumentarfilm "Der Letzte der Ungerechten". Er schildert das Treffen Lanzmanns mit Benjamin Murmelstein 1975 in Rom. Der Geistliche war der letzte Zeitzeuge für die seelischen Bürden und Belastungen, die die Nazis den sogenannten Judenältesten im KZ Theresienstadt auferlegten, die über Leben und Tod Tausender entscheiden mussten.

"Der Letzte der Ungerechten" wurde 2013 beim Festival von Cannes uraufgeführt und kam 2015 in die deutschen Kinos. Für Claude Lanzmann ist die beeindruckende Dokumentation die Vollendung seines Lebenswerks. "Der Film zeigt die absolute Grausamkeit des Nazi-Regimes", so der Filmemacher, "noch viel stärker als "Shoah". Es geht um die Genesis der "Endlösung". Innerhalb von nur zwei Jahren änderte sich die Politik damals von der öffentlichen Verfolgung der Juden hin zu den Massenmorden in den Gaskammern. So etwas nachzuvollziehen, ist sehr schwierig. Mein Film gibt meiner Meinung nach zum ersten Mal den Schlüssel dazu."

Am 30. Januar berichtet Paula Biren ab 20.15 Uhr von ihrem Einsatz als Ghettopolizistin in Lodz in "Vier Schwestern: Baluty - Paula Biren". Um 21.20 erzählt Hanna Marton in "Vier Schwestern: Arche Noah - Hanna Marton", wie sie durch Zufall der systematischen Vernichtung der Ungarn jüdischen Glaubens im Jahre 1944 entkam. Ergänzt wird die Lanzmann-Reihe durch den Dokumentarfilm "Auschwitz. Das Projekt" von Emil Weiss. Er montiert Zeitzeugenberichte von vier Auschwitz-Überlebenden. Dieser Film läuft um 22.30 Uhr.

Mehr zum Thema lesen Sie am 23. Januar im Feuilleton der Passauer Neuen Presse

"Vier Schwestern: Der hippokratische Eid - Ruth Elias", Dokumentation von Claude Lanzmann. Arte, Di. 23.1., 20.15 - 21.45 Uhr.

"Vier Schwestern: Zum lustigen Floh - Ada Lichtman", Dokumentation von Claude Lanzmann. Arte, Di. 23.1., 21.45 - 22.40 Uhr.

"Der Letzte der Ungerechten", Dokumentation von Claude Lanzmann, Arte, Di. 23.1., 22.40 - 02.15 Uhr.