Dialekt-Serie
Vom "Schwanzeln", "Haxeln", "Bieseln" oder "Karteln"

06.03.2018 | Stand 21.09.2023, 4:56 Uhr

Wenn sich ein Hund freut, einen Artgenossen zu sehen, wedelt er mit dem Schwanz – er "schwanzelt" oder "schwoifelt". − Foto: dpa

Verben mit der Endung "-eln" gibt es viele, im Bairischen noch mehr als im Hochdeutschen. Den meisten von ihnen ist ein iterativer Charakter zu Eigen, das heißt sie beschreiben die stete Wiederholung eines Vorgangs, einer Tätigkeit, was zudem eine nicht genau begrenzte Zeitspanne in Anspruch nimmt. "Odeln", "winseln", "kugeln" sind Beispiele dafür.

Bei vielen Verben auf "-eln" bietet es sich an, sie zu Gruppen zusammenzufassen, wie etwa diejenigen, die den iterativen Charakter mit einem Körperteil als ausführendem Element verbinden: Bei "haxln" und "fejßln" in der Bedeutung "schnell gehen, laufen" sind die Füße beteiligt, wobei "fejßln" auch die verstohlene, aber ausdauernd wiederholte Berührung mit den Füßen als Annäherungsversuch bezeichnen kann. Mit den Händen "hantlt" man sich vorwärts, den Kopf gebraucht der Fußballspieler zum "Kepfen" ("köpfeln", in der mundartlichen Form ist das "-l-" zu "-e-" vokalisiert). Auch der Hund bietet hierfür ein Beispiel, wenn er zur Begrüßung erfreut "schwanzelt" oder "schwoifelt".

Andere Verben auf "-eln" beschreiben Tätigkeiten, die mit einer gewissen Neigung und Begeisterung ausgeübt werden: Zum "Gartln", aber auch zum "Kartln" und zum "Sportln" braucht es eine Leidenschaft, wohl auch zum "Schnapsln" und zum "Broudln". Dann gibt es auch Verben mit der Endung "-eln", die sich auf die Qualität lautlicher Äußerungen beziehen wie "lispeln" und "nuscheln" oder die regionale Färbung der Aussprache beschreiben wie hochdeutsches "pfälzeln" und "schwäbeln". Das Bairische kennt zudem "behmackln" ("böhmackeln"), was "deutsch mit böhmischem Akzent sprechen" meint oder einfach "sich ungeschickt, unverständlich ausdrücken". Das Substantiv zu "behmackln" ist der "Behmack", wie auch die bislang genannten Beispiele als Basis ein Substantiv haben.

Dagegen sind Verben wie "krankln", "blödln", "ähneln" eher mit Adjektiven in Beziehung zu setzen. Unklar ist die Herkunft von mundartlichem "bieseln", das als fast neutraler Ausdruck für "urinieren" in den Duden Eingang gefunden hat und auch in der Tagespresse verwendet wird.

Es "brantlt" und "kaaslt"

Eine weitere Gruppe von Verben mit der Endung "-eln" dagegen ist ausschließlich in der Mundart gebräuchlich. Sie beschreiben durchweg olfaktorische und gustatorische Wahrnehmungen. Wenn es "brantlt", riecht es nach Verbranntem, wenn es "rachet" ("räuchelt") nach Rauch. Nach Käse riecht es, wenn es "kaaslt", dabei ist in erster Linie das Nahrungsmittel gemeint, aber auch ungewaschene Füße können "kaasln". Einen noch unangenehmeren Geruch, nämlich den nach Urin, beschreibt "soichen" ("soicheln"). Wenig erbaulich ist es, wenn man auf engem Raum in der Gesellschaft eines Zeitgenossen ist, der "schwitzlt". Auch tierische Gerüche werden mit Verben auf "-eln" umschrieben: Im Pferdestall "rosslt" es, ein Hund, den ein Regenschauer erwischt hat, "huntlt". Bemerkenswert ist, dass es einen entsprechenden Ausdruck zum Beispiel auch für die Katze gibt, "katzln", der jedoch eine völlig andere Bedeutung hat, nämlich "Junge kriegen".

"Fischln", "wuitln" und "doudln"

Manche Verben können sowohl den Geruch als auch den Geschmack meinen. Geht man an einer Wiese mit frisch gemähtem Gras vorüber, steigt einem ein frischer Grasgeruch in die Nase, es "grealt" ("grünelt", nasaliertes "-ea-"). Auch ein Gericht wie Salat kann "grealn", also eine ausgesprochen "grüne" Geschmacksnote haben. "Ranzln" kann ebenfalls Geruch oder Geschmack bezeichnen, genauso "sailn/säln" ("säuerlich riechen, schmecken"): "De sailt/sält ja scho" sagt man über verdorbene Milch. "Fischln" und "wejtln/wuitln" lassen keinen Zweifel am Ursprung des jeweiligen Geschmacks: es handelt sich um ein Fischgericht bzw. ein Wildgericht. Eine olfaktorisch und eine optische Wahrnehmung verbindet man mit dem Verb "graweln". Ist Feuchtigkeit ins Mauerwerk eingedrungen, kann sich Schimmel bilden, der sich sowohl optisch als auch geruchlich bemerkbar macht. Ein weiterer Aspekt kommt beim Verb "doudln" ("toteln") hinzu. Zum einen bezeichnet es den Geruch nach Verwesung, zum anderen wird es benutzt, um das Aussehen eines ungesund wirkenden Menschen drastisch zu beschreiben: "Der doudlt ja scho". Ist ein Ort von Leerstand und fehlendem gesellschaftlichem und kulturellem Angebot geprägt, "doudlt" er.