Am 11. Juli Konzert in Passau
Sven Regener: "Man darf nicht zu pessimistisch sein, das bringt ja nichts"

12.03.2021 | Stand 21.09.2023, 23:12 Uhr
Olaf Neumann

Mit seinem Bestsellerroman "Herr Lehmann" wurde Sven Regener einem breiten Publikum bekannt. Hauptberuflich ist er Sänger und Trompeter der deutschen Rockband Element of Crime. Auf seinem neuesten Album spielt er Jazzklassiker in Triobesetzung. −Foto: dpa

Element Of Crime ist nicht einfach irgendeine Rockband, sondern deutsches Kulturgut. Deren Frontmann Sven Regener hat jetzt mit Schlagzeuger Richard Pappik und Tastenmann Ekki Busch ein Jazzalbum aufgenommen: "Ask Me Now". Der 60-jährige Sänger, Trompeter, Songschreiber und Autor des Bestsellers "Herr Lehmann" über die Schönheit von Jazz, Freude und den Element-Of-Crime-Podcast "Narzissen und Kakteen".

Voriges Jahr haben Sie mit der Crucchi Gang ein Italopop-Album veröffentlicht, nun lassen Sie mit "Ask Me Now" eine Jazzplatte folgen. Werden Sie als Musiker mit der Zeit immer offener und experimentierfreudiger?
Sven Regener: Bis zu einem gewissen Grad ja. Letztendlich stand aber immer Element Of Crime im Mittelpunkt meiner musikalischen Tätigkeit. Die Liebe zu Jazzern wie Louis Armstrong und Miles Davis war einer der Gründe, weshalb ich überhaupt angefangen habe, Trompete zu spielen. Es ist ein lautes, sehr dem Gesang ähnliches Melodieinstrument. Mein Lehrer war ein Jazzmusiker. Das Trompetenspiel bei Element Of Crime zeigte immer ein bisschen etwas davon, gerade in den Soli. Aber erst in den letzten fünf Jahren habe ich mich wieder intensiver mit Jazz beschäftigt.



"Round Midnight" klingt bei Ihnen sehr melancholisch. Hat das etwas mit der gegenwärtigen Stimmung im Lande zu tun?
Regener: Element Of Crime ist ja auch nicht gerade eine Abgeh-Rockband. Wir arbeiten mit einer melancholischen Grundstimmung beim Songwriting. Jazzsongs wie "Round Midnight" und "Don’t Explain" sind nah an dem dran, was wir sonst so machen. Wir haben sehr viel wert darauf gelegt, dass die eigentlichen Kompositionen von Thelonious Monk, Charlie Parker oder Billie Holiday im Mittelpunkt stehen. Das ist unsere Art, sich denen zu nähern.

Haben Sie schon mal wegen eines Liedes geweint?
Regener: Ja, das kann mir leicht passieren, vor allem bei Beerdigungen. Es hängt aber immer von der jeweiligen Stimmung ab, es ist nie die Musik allein. Dass Musik auch ohne Worte funktionieren muss, war für uns eine Herausforderung. Damit drückt man noch direkter aufs Gefühl.



Wollen Sie diese Kompositionen vor dem Vergessen bewahren?
Regener: Ich finde nicht, dass man damit einen kulturpolitischen, museumshaften Auftrag hat, sondern tolle Stücke wollen einfach gespielt werden! Man wäre bescheuert, wenn man das kann, aber nicht tut. Was einem selbst Spaß macht, wird wahrscheinlich auch anderen Freude bereiten.

Hoffen Sie, im Sommer einige Jazzkonzerte spielen zu können?
Regener: Erst einmal müssen die Termine nachgeholt werden, die Element Of Crime betreffen. In der Hoffnung, dass es diesen Sommer bei niedrigen Inzidenzzahlen unter freiem Himmel oder im Zelt geht. Im Moment arbeiten alle an Konzepten. Da wird schon was klappen. Man darf nicht zu pessimistisch sein, das bringt ja nichts.

Hatten Sie vor Corona das Gefühl, dass in Ihrem Leben eigentlich immer alles geklappt hat?
Regener: Das kann ich nicht sagen. Jakob, Richard und ich machen gerade einen Podcast über die Geschichte von Element Of Crime. Fünf Episoden sind schon erschienen. Es gab bei uns immer auch schwere Jahre und Sachen, bei denen man dachte, es geht nicht weiter. Je älter man ist, desto mehr hat man davon auch schon erlebt. Das macht es für einen, der jetzt immerhin auch schon 60 ist, bei diesem Corona-Ding ein bisschen leichter. Für junge Leute ist es viel schwieriger, weil die durch Corona oft derbe ausgebremst werden. Das können sie noch nicht kompensieren durch Abgleich mit früheren Erfahrungen, was sehr beängstigend sein kann. Aber andererseits müssen sie vor der Krankheit nicht so viel Angst haben, da gleich sich das dann aus.

Olaf Neumann.



•Element Of Crime live: 25.6.2021 München, Tollwood, Zelt, 11.7.2021 Passau, Zeltfestival (ausverkauft)
•Regener Pappik Busch: Ask Me Now (CD/LP/digital, Universal)
•Podcast: Narzissen und Kakteen: 35 Jahre, 17 Platten: Die Geschichte von Element Of Crime