Ostbayern
Sturmschäden: Es war ein Tornado

16.07.2011 | Stand 19.09.2023, 20:52 Uhr

Am Tag nach dem verheerenden Unwetter, das am Mittwochabend eine Schneise der Verwüstung durch Teile von Niederbayern zog, wird das Ausmaß der Zerstörung sichtbar: Kaputte Häuser, umgestürzte Bäume, blockierte Bahnstrecken und Straßen, geknickte Strommasten und elf Verletzte. Der materielle Schaden geht in die Millionen.

Mann von Blitz lebensgefährlich verletzt

In Obermotzing (Lkr. Straubing-Bogen) erlitt ein 60-jähriger Mann lebensgefährliche Verletzungen nach einem Blitzschlag. Der Blitz hatte ins Gebäude eines Wertstoffhofes eingeschlagen und dann den 60-Jährigen getroffen. Der Mann wurde aufgrund seines kritischen Zustandes in eine Münchner Spezialklinik verlegt.

Gerade noch Glück im Unglück hatten zehn landwirtschaftliche Hilfskräfte auf einem Feld in Freundorf bei Plattling. Sie hatten das Unwetter kommen sehen und sich zum Schutz unter einen "Gurkenflieger" gestellt. Das Erntegerät wurde durch den Sturm komplett angehoben und samt Traktor umgestürzt. Die zehn Arbeiter wurden verletzt, zwei von ihnen schwer.

Im Raum Plattling hat sich der Gewittersturm offenbar sogar zu einem regional begrenzten Tornado ausgeweitet. Nach Einschätzung von Dominik Jung vom Wetterdienst wetter.net wütetete hier wohl ein Tornado der Kategorie F1 mit Windgeschwindigkeit zwischen 120 und 180 km/h.

Besonders böse getroffen hat es die Gemeinde Stephansposching. Im Ortsteil Sautorn gibt es praktisch kein Gebäude, das nicht mehr oder weniger stark beschädigt wurde. "Ich wohne seit fast 30 Jahren hier, aber so etwas habe ich noch nie erlebt", sagte ein Anwohner. Der Gesamtschaden in dem Ort wurde auf 300.000 Euro geschätzt.

Auch die Stadt Regen traf es heftig, die Bayerwald-Stadt meldete rekordverdächtige Niederschlagswerte: 40,6 Liter pro Quadratmeter sind am Mittwochabend innerhalb von 45 Minuten auf Regen niedergegangen und haben einige Gassen unter Wasser gesetzt. Für Freyung vermutet Bürgermeister Dr. Olaf Heinrich Schäden in fünfstelliger Höhe.

Tipps für Versicherte und Geschädigte

Wer Schäden durch den Sturm erlitten hat, kann das bei der Steuer geltend machen. Alles, was Sie zu Versicherungen und Steuererleichterungen für Geschädigte wissen müssen, lesen Sie hier.

Warnung: Jetzt nicht den Wald aufräumen

Die Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft warnt derweil Waldbesitzer vor Forstarbeiten. Zwar ist der Bedarf, im Wald die Schäden aufzuräumen, vielerorts hoch; doch die Gefahr durch geschädigte Bäume ist zur Zeit noch schwer einzuschätzen. Wer auf Nummer sicher gehen will, solle sich Hilfe durch schweres Gerät (Harvester, Bagger, Seilwinde) holen.

Insgesamt rund 600 Notrufe gingen bei der Einsatzzentrale Niederbayern in Straubing ein, wie die Polizei am Donnerstag mitteilte. Straßen wurden überschwemmt und Keller standen unter Wasser. Umgestürzte Bäume und heruntergerissene Äste blockierten vorübergehend eine Bahnstrecke bei Dingolfing. Die Staatsstraße zwischen Klingenbrunn und Frauenau (Lkr. Freyung-Grafenau) sowie die Waldbahn zwischen Frauenau und Grafenau sind auch am Donnerstag morgen noch gesperrt. Vermutlich bleibt dies so bis Freitag.

In Plattling (Landkreis Deggendorf) wurde ein Lkw einfach von der Straße geweht. Zwei Trapezblechdächer flogen in der Isarstadt durch die Luft, zum einen von einem Wohnblock an der Amesmeierstraße, hier traf es die Anwohner an der Mater-Corona-Straße besonders schwer. Das andere Dach löste sich beim AVP-Autocenter und schlug in mehreren Dächern ein.

Der dreiviertelstündige Gewitter-Sturzregen hat die Regener Innenstadt am frühen Mittwochabend unter Wasser gesetzt. Besonders betroffen waren die Bachgasse, der Stadtplatz, das Platzl, der Bereich Unterer Sand sowie erneut das Heilig-Geist-Viertel.

Die Kanäle konnten die Sturzfluten nicht mehr fassen, das Wasser stand auf den Straßen und Plätzen bis zu einem halben Meter hoch, Dutzende Keller wurden unter Wasser gesetzt, in vielen Anwesen stand das Wasser auch im Erdgeschoß. Voll unter Wasser stand auch die Kanalbaustelle am Stadtplatz. Zudem fiel in Teilen der Stadt vorübergehend der Strom aus.

Weitere Sturmschäden in der Region wurden auch in Zwiesel, Landau und Frauenau verzeichnet.

Rückmeldungen der Leser auf die PNP-Unwetterwarnung in Facebook ist zu entnehmen, dass das Unwetter am Mittwoch in anderen Regionen schnell und eher harmlos vorbeigezogen ist. Blitze, Donner, starke Regenfälle haben die Nutzer gemeldet und auch mit Fotos dokumentiert.

Für Sonntag wiederum Gewitter vorhergesagt

Nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes brachte das kleine, über Bayern nordostwärts ziehende Tief heftigen Starkregen zwischen 30 und 50 Liter pro Quadratmeter in kurzer Zeit. Es gab Hagel. Auch das Gebiet um Landshut sowie Straubing, Passau und der Bayerische Wald wurden von dem Unwetter getroffen. Noch am Mittwochabend zogen die Gewitter über den Bayerischen Wald nach Tschechien ab. Schon in den vergangenen Wochen hatte es in Bayern mehrere heftige Gewitter mit Wolkenbrüchen gegeben. Für Sonntag sind wiederum Gewitter vorhergesagt.

Die Spuren des Sturms in Aholming - ein Video von Leser Martin Erdniß.



Ein paar schwül-heiße Tage, dann heftige Gewitter, dann ein Temperatursturz − so sieht der Sommer 2011 bisher aus. Geht es mit den Unwettern weiter? Und ist dieses Zickzack-Wetter überhaupt noch normal? Die PNP beantwortet die wichtigsten Fragen.

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