Carbon statt Messing
Studentin der TH Rosenheim baut Posaune mit 3D-Drucker

20.09.2021 | Stand 21.09.2023, 23:59 Uhr

TH-Studentin Anna-Lena Rotter (24) baute im Rahmen ihrer Bachelorarbeit im Studiengang Maschinenbau eine Posaune aus carbonfaserverstärkten Kunststoffen. −Foto: TH

Mit einem außergewöhnlichen Projekt hat Anna-Lena Rotter ihr Maschinenbau-Studium an der TH Rosenheim abgeschlossen. Als Bachelorarbeit baute die Hobby-Musikerin eine Posaune aus carbonfaserverstärkten Kunststoffen - Mithilfe eines 3D-Druckers.

Die Idee kam der Rosenheimerin, als sie ihren Freund beim Modellbau beobachtete. "Ich dachte mir, man könnte ausprobieren, mit dieser Technik ein Musikinstrument zu bauen anstelle eines Flugzeugrumpfs", sagt Anna-Lena Rotter. Selbst spielt die 24-Jährige das Euphonium, die kleine Bruder der Tuba. "Das war aber in der kurzen Zeit zu kompliziert zu bauen mit den vielen Windungen und mehreren Ventilen." Also wurde es die Posaune, immerhin das Zweitinstrument der musikalischen Rosenheimerin.



"Mir war von Anfang an klar, dass da sehr viel Arbeit vor mir liegt. Ich habe absolutes Neuland betreten, also musste ich mir alles von Grund auf selbst erarbeiten", berichtet die Studentin. Zunächst musste sie die einzelnen Elemente einer Blechposaune exakt vermessen, um ein virtuelles 3-D-Modell zu bekommen. Sie untersuchte den Luftfluss und stellte Berechnungen zur Materialauswahl an. Die eigentliche Herstellung erfolgte mittels additiver Fertigung, gemeinhin bekannt als 3-D-Druck. "Ich habe einen Drucker zuhause, und der hatte über etwa zwei Monate sehr viel zu tun. Zusammengerechnet lief er drei Wochen am Stück", erinnert sich Anna-Lena Rotter. In ihrer Wohnung entstanden die Formen, die dann mit kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff ausgekleidet wurden, um damit die einzelnen Hohlkörper zu fertigen. "Das kann man sich vorstellen wie bei einem Fußabdruck in Gips".

Bei der Montage der Komponenten stand die 24-Jährige vor einigen Herausforderungen. "Bei manchen Verbindungen musste ich schon etwas knobeln, damit es hält." Lohn der Mühen war der Moment, als sie etwa ein halbes Jahr nach Projektstart die fertige Posaune ausprobieren konnte. "Der erste Ton war etwas schräg, aber mit der Gewöhnung an das andere Ansprechverhalten geht es inzwischen ganz gut. Im Vergleich zum Blechblasinstrument ist der Klang hörbar dunkler", beschreibt die Studentin ihr Werkstück.

Instrument wiegt nicht einmal ein halbes Kilo

Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal ist das Gewicht. "Eine gewöhnliche Posaune wiegt je nach Modell bis zu zwei Kilogramm, meine nicht einmal ein halbes Kilogramm", so Rotter. Ein weiterer Vorteil sei, dass sich eine Kunststoff-Posaune individuell gestalten lässt. "Unterschiedliche Farben oder auch integrierte Logos sind kein Problem." Preislich gesehen liege die Carbon-Ausführung deutlich unter einem guten Instrument aus Blech – zumindest künftige Exemplare: "Da ich die Formen bereits habe, lassen sich weitere Exemplare mit erheblich weniger Aufwand herstellen."

Für Prof. Dr.-Ing. Martin Reuter, der das Projekt betreute, ragt die Bachelorarbeit heraus, weil sie verschiedene Felder eines technischen Studiums – Messtechnik, Simulation, Werkstoffkunde, Konstruktion, additive Fertigung, Montage – mit einem ganz anderen Fachgebiet, dem Instrumentenbau, kombiniert. "Besonders interessant wird die Arbeit durch den Aspekt der Akustik, also wie das Werkstück klingt", so Reuter. Für die Zukunft sei durchaus denkbar, daraus ein Geschäftsmodell mit individueller Fertigung verschiedener Blasinstrumente zu entwickeln. Angetan ist auch Wolfgang Gahabka, Musiklehrer am Ignaz-Günther-Gymnasium in Rosenheim. Er hat die Posaune gespielt: "Der Klang ist weich und dunkel, sehr angenehm. Vor allem hat mich das geringe Gewicht der Posaune überrascht. Das ist gerade für Schulen interessant, denn jüngere Schüler tun sich manchmal schwer mit einem großen Instrument", so Gahabka. Auch die Robustheit sieht er als Vorteil. "Fällt ein Instrument aus Blech auf den Boden, kann es schnell eine Delle geben. Das kann mit einer Kunststoff-Posaune nicht so schnell passieren."