Vor 30 Jahren kam "Dirty Dancing" in die Kinos und wurde völlig überraschend zum Hit. Noch heute pilgern Fans nach Lake Lure in North Carolina, wo Teile des Kultfilms gedreht wurden.
Für so ein leidenschaftliches Leinwandpaar lagen die Hotelzimmer ziemlich weit auseinander. Während der Dreharbeiten zu "Dirty Dancing" befand sich Patrick Swayzes Zimmer im altehrwürdigen Lake Lure Inn nicht nur einen Stock tiefer als das seiner Filmpartnerin Jennifer Grey. Es war auch ganz am entgegengesetzten Ende des Ganges. "Das war damals wohl auf Anfrage der Schauspieler – es gibt ja Gerüchte, dass sie sich eigentlich überhaupt nicht leiden konnten", erzählt Patrick Bryant vom Lake Lure Inn, als er die Zimmer zeigt. Goldene Plaketten erinnern heute noch an die prominenten Gäste.
Auf der Leinwand war davon nichts zu spüren. Da hat bis zum romantischen Seufz-Finale zu "(I’ve had the) Time of my Life" in der Liebesgeschichte zwischen Tanzlehrer Johnny und dem Teenager Frances "Baby" Houseman im fiktionalen Kellerman’s Urlaubsresort alles gepasst: das Prickeln der frischen Verliebtheit und nach eingängigem Training auch das sexy Tanzen.
Bei den Dreharbeiten damals ahnte niemand, dass sich "Dirty Dancing" zu einem der erfolgreichsten Tanzfilme aller Zeiten entwickeln würde. Nach seinem Deutschland-Start am 8. Oktober 1987 hatte er allein hierzulande neun Millionen Kinozuschauer – weltweit spielte er sogar mehr als 250 Millionen Dollar ein. Auf Facebook hat der Film auch 30 Jahre nach der Premiere über 16 Millionen Likes.
Neben dem Mountain Lodge Resort in den Catskill Mountains im US-Bundesstaat Virginia war Lake Lure der wichtigste Drehort. Deswegen besuchen bis heute Fans den beschaulichen Urlaubsort an dem großen, künstlichen See in North Carolina. "Das Interesse war und ist ungebrochen", bestätigt Michelle Yelton, die auch das jährliche Dirty Dancing Festival mitorganisiert. Vor sieben Jahren, kurz nach Swayzes Krebstod, fand es erstmals statt. Mittlerweile lotst es rund 2000 Fans in das Städtchen im streng gläubigen Bible-Belt der USA, das zunächst nicht offiziell mit "Dirty Dancing" in Verbindung gebracht werden wollte. Auch wenn der Dreh erlaubt wurde, sollte Lake Lure nicht erkennbar im Film vorkommen.
Auf Spurensuche vom Tanzparkett bis zur Melonen-TreppeFür die wohl berühmtesten Szenen lieferte der Ort trotzdem die Kulisse: Hier trug Baby unbeholfen die Wassermelonen die steile Treppe hoch zu einer Party. Die Szenen in den Unterkünften der Hotel-Angestellten sind ebenfalls hier entstanden. Aber übten Grey und Swayze in Lake Lure auch die Hebefigur im See? Darum scheint eine kleine Kontroverse entbrannt, weil beide Drehorte das für sich reklamieren. Sicher ist: "Die Tanzszenen wurden in Lake Lure gedreht", erklärt Yelton. Dazu gehört auch das Romanzen-Finale im Tanzsaal, vor dem Johnny Babys Vater in der deutschen Filmversion mit dem berühmten Zitat zurechtweist: "Mein Baby gehört zu mir!"
Nach 30 Jahren ist von den ursprünglichen Drehorten auf den ersten Blick nicht mehr viel im Originalzustand erhalten. Trotzdem gibt es noch Spuren, die Fan-Herzen höher hüpfen lassen – auch wenn man schon sehr genau hinschauen muss. Das bizarrste Beispiel dafür ist der Saal, in dem besagter Tanz-Klimax gedreht wurde. Einst war es die Turnhalle eines alten Ferienlagers für Jungen in der Firefly Cove. Nach dem Dreh brannte es zwar vor vielen Jahren ab. Das Parkett, auf dem getanzt wurde, existiert trotzdem noch. Es wurde damals dem Esmeralda Inn überlassen und in dessen Lobby verlegt, weil das Hotel ebenfalls abgebrannt war und wieder aufgebaut werden musste. "Es lassen sich immer wieder Fans darauf fotografieren", sagt Betreiberin Kim Cason. "Manche tanzen auch."
Deutlich mehr zu sehen, gibt es im Besucherzentrum von Lake Lure. Eine kleine Dauerausstellung zeigt Bilder, Originalfilmstreifen und ein Podest mit einem Stein darauf, der vom Drehort stammt. Dahinter posiert gerade eine Frau mit zwei Melonen vor der berühmten Treppe. Allerdings sind die Früchte aus Plastik und der Hintergrund nur ein Foto.
Doch auch die originalen Filmtreppen existieren noch. Wer sie aus nächster Nähe sehen will, hat Pech: Sie befinden sich in der Firefly Cove – und damit hinter dem Zaun der bewachten Wohnanlage mit teuren Seegrundstücken, die 2005 entstanden ist. Zwar schleichen sich immer wieder Fans hinein. Das ist allerdings verboten. "Wir arbeiten daran, die originale Treppe zu retten, dort zu entfernen und in einem Park wieder aufzubauen, um sie für Fans zugänglich zu machen", sagt Yelton.
Statist erinnert sich: "Swayze war ein bodenständiger Typ"Einzige Möglichkeit derzeit, sie zu sehen: Man muss das Ausflugsboot für eine Rundfahrt auf dem See nehmen, die auch malerische Ausblicke auf den See bietet. An die kleine Siedlung mit der Treppe fährt der Guide und Kapitän John Sorr Ells so nah wie möglich heran. Viel zu sehen ist von den Steinstufen und dem Geländer aber nicht. Dafür ist sich Ells sicher, dass die Hebefigur in der kleinen Bucht gedreht wurde. "Weil der Boden so matschig war, musste ein Brett auf den Grund gelegt werden, damit Swayze überhaupt stehen konnte", erzählt er. Im Film sieht das sexy aus, die Drehbedingungen sollen es aber nicht gewesen sein, denn es war schon Herbst. "Und das Wasser wohl sehr kalt", erklärt der Touristenführer. Außerdem waren damals die Blätter schon herbstlich verfärbt. Da der Film aber während der Sommerferien spielt, halfen die Produzenten laut Ells nach und ließen die Blätter grün ansprühen.
Auch Neil Craig stand vor 30 Jahren vor der Kamera. Er war 21, als er beim Casting für den Film aufkreuzte und obwohl er kein Profi war, schaffte er es als einer der Dirty Dancer vor die Kamera. "Ich habe einfach gerne getanzt", erinnert er sich, während er im Schaukelstuhl auf der Veranda des Lake Lure Inn hin- und herschaukelt. Swayze sei ein sehr netter, bodenständiger Typ gewesen; Grey hätte nur mit dem Regisseur gesprochen. Von der Handlung wurde den Statisten nichts verraten. "Es hieß sogar, dass wir den Film vielleicht nie zu sehen bekommen würden, weil er nur im Ausland gezeigt werden würde."
Dann aber kam es bekanntlich ganz anders, und doch bleibt Neil sehr zurückhaltend, wenn es um seine Erinnerungen an den Film geht. Der frühere Lebemann, wie er sagt, krempelte nach einer nächtlichen Erscheinung vor vielen Jahren sein Leben um. Er wurde ein wiedergeborener Christ – wohl der einzige, der mal Dirty Dancer war. Ein Problem hat er heute weniger mit den Tanz-Choreographien, die vielleicht aufreizend, aber nicht wirklich dirty waren. Vielmehr stört ihn, wie der Film von einer Abtreibung erzählt. Nach dem Geld für diesen Eingriff fragte Baby übrigens auf dem Bald Mountain Golfplatz, der auch am Lake Lure liegt. Genau an: Loch Nr. 16 – dem "Dirty Dancing Loch".
Wer beim Besuch die volle Fan-Dosis braucht, sollte zum "Dirty Dancing"-Festival im August fahren. Da schaut man den Film dann unter Tausenden Gleichgesinnter. Man kann Melonen um die Wette schleppen. Oder die Hebefigur im See üben – ganz so wie das Tanztraumpaar, das Swayze und Grey zumindest auf der Leinwand waren.
INFORMATIONEN
Lake Lure ist ein beschaulicher Urlaubsort am gleichnamigen künstlichen See im nordwestlichen US-Bundesstaat North Carolina und Drehort des Kultfilms "Dirty Dancing".
ÜBERNACHTEN & SPURENSUCHE
Im "1927 Lake Lure Inn & Spa" übernachteten einst die Schauspieler und die Filmcrew, heute gibt es dort eine Jennifer-Grey- und eine Patrick-Swayze-Suite. Übernachtungspreise ab rund 120 Dollar/Zimmer; Suiten ab 229 Dollar, www.lakelure.com.
In der Lobby des "Esmeralda Inn" in Chimney Rock liegt das Tanzparkett aus dem Film. Übernachtungspreise ab etwa 200 Dollar/Zimmer: theesmeralda.com
Lake Lure Bootstouren mit Blick auf die Melonentreppe: www.lakeluretours.com
Zum Rumbling Bald Resort gehört der Golfplatz mit dem "Dirty Dancing"-Loch 16: www.rumblingbald.com
Das Visit Welcome Center von Lake Lure hat eine kleine Ausstellung zum Film: www.visitncsmalltowns.com
DIRTY DANCING FESTIVAL
Das nächste Dirty Dancing Festival in Lake Lure findet im August 2018 statt: www.dirtydancingfestival.com
www.www.de.visitnc.com
Das Leinwand-Traumpaar konnte im echten Leben gar nicht miteinander. Beim Dreh lagen die Zimmer von Patrick Swayze und Jennifer Grey maximal weit auseinander. − Foto: dpa
Wo die Dirty Dancer einst zu heißen Rhythmen tanzten, befindet sich heute mit der Firefly Cove eine private Wohnanlage.
Beim Dirty Dancing Festival wird im See die berühmte Hebefigur geübt. Ob das Original hier gedreht wurde, ist umstritten.
Heute ist die berühmte Treppe ziemlich marode und Teil eines Wohnparks.
Die legendäre Treppe gibt es so nur mehr als Leinwand.
Der Pavillon am Lake Lure diente der Filmszene, in dem Baby das Gespräch mit ihrem enttäuschten Vater sucht.
