München
Söder denkt an Sonderweg: Steinmeier sieht Luxusproblem

25.02.2021 | Stand 20.09.2023, 6:46 Uhr
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. −Foto: Foto: Fabrizio Bensch/Reuters/Pool/dpa

Nach der Verabreichung von knapp einer Million Impfdosen gegen das Coronavirus in Bayern hat Ministerpräsident Markus Söder (CSU) Erleichterungen für Geimpfte ins Spiel gebracht. Man müsse auf Dauer über "Sonderoptionen" für Geimpfte sprechen, sagte er am Mittwochabend im Bayerischen Fernsehen. Aktuell sei es dafür aber noch zu früh, weil noch zu wenige Menschen geimpft seien. "Es kann auf Dauer nicht so sein, dass, wenn sich wahnsinnig viele Leute impfen lassen - andere nicht - für die, die sich nicht impfen lassen, alle andern ein Stück weit dieselben Einschränkungen haben", sagte Söder.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier forderte die Menschen am Donnerstag bei einem Gespräch mit Bediensteten des Gesundheitswesens in Bayern auf, weniger wählerisch beim Aussuchen von Impfstoffen zu sein. Sich mit der Frage zu beschäftigen, welcher Impfstoff der richtige sei, sei "ein ziemliches Luxusproblem", sagte Steinmeier bei der Online-Veranstaltung. Millionen von Menschen in aller Welt hätten noch immer nicht einmal die Aussicht, binnen eines Jahres an Impfstoff zu kommen.

"Alle von der Europäischen Union zugelassenen Impfstoffe sind wirksam, sind verträglich", betonte der Bundespräsident. Er habe nur wenig Verständnis für die zuletzt wahrgenommene Zurückhaltung gegen bestimmte Impfstoffe. Das Gebot der Stunde laute: "Schneller impfen!" Er selbst und seine Frau würden sich auf alle Fälle impfen lassen.

Der Start der Impfkampagne in Deutschland sei nicht perfekt gewesen, räumte das Staatsoberhaupt ein. "Aber eine Tatsache sollten wir nicht vergessen: Die Impfungen werden die Wende bringen im Kampf gegen das Virus". Jede einzelne Impfung bedeute, schwere Krankheit abzuwenden und Menschenleben zu schützen. "Jede einzelne Impfung bringt uns dem Alltag, nach dem wir uns sehnen, näher", sagte Steinmeier.

Die ärztliche Leiterin des Klinikum Nordoberpfalz, Michaela Hutzler, berichtete bei dem Gespräch von deutlichen Erfolgen durch die Impfung bei Senioren. Menschen aus der Gruppe der über 80-Jährigen kämen schon jetzt wesentlich seltener in die Gefahr, auf der Intensivstation behandelt werden zu müssen. "Was wir jetzt deutlich sehen können ist, dass seit Mitte Januar bis Februar das Patientengut der Pflegeheime, die Geimpften, weniger in die stationären Einrichtungen kommen und sozusagen kein Krankenhausbett lange blockieren. Das sehen wir deutlich", sagte sie. Die Liegezeiten hätten sich reduziert.

Um Einzel- und Härtefälle bei der Impfung künftig noch besser priorisieren zu können, hat am Donnerstag in Bayern eine Impfkommission ihre Arbeit aufgenommen. Ab kommenden Montag (1. März) könnten Bürger Anträge auf Einzelfallprüfung einreichen, teilte Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) mit. "Die Impfkommission schließt eine Lücke in der Impfstrategie", sagte der Minister. "Wir schauen uns auch individuelle Schicksale von Menschen mit seltenen Krankheiten genau an, um für eine schnellstmögliche, gerechte Verteilung der Impfstoffe zu sorgen." Das Gremium mit fünf Mitgliedern wird von dem Münchner Mediziner Karl-Walter Jauch geleitet.

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