Genderdebatte
So denken die PNP-Leser über geschlechtergerechte Sprache

10.03.2019 | Stand 21.09.2023, 6:55 Uhr

Das Gendersternchen: Es soll zu einer geschlechtergerechten Sprache führen, in einem Grußwort zur Berlinale wird es mehrmals verwendet. −F.: dpa

Die geschlechtergerechte Sprache: Ein Fortschritt oder unnötig? Am freitag hat die Passauer Neue Presse über Josef Kraus berichtet, den ehemaligen, langjährigen Präsidenten des Deutschen Lehrerverbands, der dem "Gender-Irrsinn" und der "Sprachbarbarei" den Kampf angesagt hat. Deshalb hat Kraus mit einigen Mitstreitern eine bundesweite Unterschriftenaktion gestartet. Bis Donnerstagnachmittag unterzeichneten 7600 Menschen, Freitagnachmittag waren es schon gut 14.000. Nach einem Leseraufruf erreichten zahlreiche Zuschriften die Redaktion, eine Auswahl finden Sie hier:

Sache oder Person?
"Mir ist aufgefallen, dass bei der Genderdebatte nicht zwischen Personen und Funktionen unterschieden wird: Bäcker ist die Berufsbezeichnung für Menschen, die Backwaren herstellen. Bürgermeister ist die Bezeichnung für das Amt. General ist die Bezeichnung für den Rang. Kommandant ist die Bezeichnung für die Funktion. So kann die Funktion des Kommandanten von einer Kommandantin ausgeübt werden. Wenn es um die Sache geht, nicht um die Person, werde ich die Berufs-, Amts-, Rangbezeichnung verwenden. Beispiel Vorschrift: Den Einsatz im Brandfall leitet der Kommandant des Löschzuges. Wenn es um die Person geht, kann deren Geschlecht verwendet werden. Beispiel: Für ihren Einsatz beim Rathausbrand wurde die Kommandantin von Löschzug 2, Frau Huber, mit der Ehrennadel ausgezeichnet. Durch Einführung des dritten Geschlechts wird es dann noch komplizierter. Welche Endung wird ,Diversen‘ zugeordnet?" Rudolf Rothe,Passau

Verschandelte Sprache
"Mich macht der Trend, alles anders zu machen als es bisher war, schon lange traurig, wenn wir nur an das Denglisch denken, wird die deutsche Sprache an vielen Stellen verschandelt, haben wir schon so wenig Nationalstolz? Anderseits wird mit dem Dialekt geworben, der sehr regional sein kann, und einfach nur gesprochen werden muss/soll?" Matthäus Sollinger, Unteriglbach

Bärendienst
"Nachdem der deutschen Sprache bereits durch die Rechtschreib-,Reform‘ schwerer Schaden zugefügt wurde, der dann allerdings durch stillschweigendes Zurücknehmen der meisten ,Reform‘-Schreibungen wenigstens einigermaßen wieder ausgebügelt wurde, erfolgt derzeit der nächste verderbliche Angriff auf unsere Sprache. Dieser Gender-Irrsinn beeinträchtigt die Lesbarkeit von Texten; er wirkt daher allgemein und speziell im literarischen Bereich zerstörerisch. Und auch den durchaus legitimen und guten Bestrebungen zur Gleichberechtigung von Frauen und Männern wird durch diesen fanatischen Gender-Irrsinn ein Bärendienst erwiesen, denn wenn Gleichberechtigungs-Bemühungen mit dieser Gender-Sprache assoziiert werden, reagieren viele Menschen zu Recht mit grundsätzlicher Abwehr. Ich werde den Gender-Irrsinn in meinen Büchern garantiert nicht anwenden – und was den täglichen Sprachgebrauch betrifft, so kotzen mich mittlerweile selbst die ständigen, bis zum Überdruss zu hörenden Formulierungen wie ,Bürgerinnen und Bürger‘ usw. gewaltig an." Manfred Böckl, Perlesreut

Komplett genderneutral
"Um das ohnehin nur inkonsequent angewendete Genderkennzeichen, zum Beispiel für Steuerhinterzieher*innen, Verkehrssünder*innen, Umweltverschmutzer*innen, zu vermeiden, schlage ich vor, den/die Artikel*in ,der‘ und ,die‘ im Deutschen abzuschaffen, beziehungsweise alle geschlechtsbehafteten Wörter. Das würde den Umfang von Wörterbüchern um 50 Prozent verringern. Das würde auch das nötige Schulstundenkontingent einsparen, und die Schülerlein könnten gegen den/die Klimawandel*erin protestieren ohne Schulschwänzen. Das käme auch dem ohnehin schon eingerissenen Smartphone-Sprachniveau entgegen. Auch das Gendertoilettenproblem wäre mit einem Male gelöst. Anstelle dem Kennzeichen H, D und T (für Transvestiten) nur noch K für ,Klo‘. Das Annegretchen (AKK) wäre rehabilitiert. Da kann ich nur noch auf Bairisch sagen: ,Dass di(e) der Deifi hol’!‘ Das ist das genderneutrale Grußwort eines aufmerksamen Leserleins." Dr. phil. Friedrich Lederer, Bad Reichenhall

Wie ein Krebsgeschwür
"Ein großes Dankeschön für diese Initiative! Leider sind dieser Gender-Irrsinn und seine Auswirkungen auf unsere Mutter(?)-Sprache Ausdruck einer Geisteshaltung, die sich wie ein Krebsgeschwür durch unsere Gesellschaft frisst: den Wahn, alles bis zur Perfektion regeln und reglementieren zu wollen. Sehr ausgeprägt findet man diesen in Ämtern und Behörden, die uns mit völlig abstrusen Gesetzen und Verordnungen überhäufen: Datenschutz-Grundverordnung, Betriebssicherheits-Verordnung oder das neue Verpackungsgesetz sind drastische Beispiele dafür. Freilich kann man sagen, das sei ja nur die Umsetzung von EU-Auflagen. Aber Fakt ist: Keiner betreibt diese Umsetzung so akribisch bis hin zur absoluten Absurdität wie wir Deutschen. Und so wird aus dem Volk der Dichter und Denker ein Volk der Sprachzerstörer und Umstandsdenker." Alexander Geith, Burghausen