München
Sie setzen sich für Bayern ein: Söders Anti-Corona-Kämpfer

14.04.2020 | Stand 20.09.2023, 22:22 Uhr

Seit Wochen gibt es für Bayerns Regierung nur ein Thema: Der Kampf gegen das heimtückische Coronavirus. Nicht mit allen im Katastrophenstab ist Regierungschef Söder zufrieden. −Foto: dpa

Auch wenn Markus Söder im Kampf der Bayern gegen das Coronavirus meist im Fokus steht - die Arbeit lastet nicht nur auf den Schultern des Ministerpräsidenten. Spätestens seit er die Abwehr der Pandemie Mitte März zur Chefsache gemacht hat, steht Söder aber auch im Zusammenspiel mit Bund und Ländern in einer besonderen Verantwortung. Ohne seine Zustimmung geht nichts. Aus Söders Krisenkabinett heißt es, dieser sei fokussierter und angespannter als je zuvor - auch, weil er nicht immer das Gefühl habe, sich blind auf seine Mitstreiter verlassen zu können. Wie haben sich Söders wichtigste Anti-Corona-Kämpfer bisher geschlagen?

STAATSKANZLEICHEF FLORIAN HERRMANN: Der Mann, der praktisch unter dem gleichen Dach wie Söder arbeitet, hat schon als Leiter des Katastrophenstabs eine Schlüsselrolle inne. Wie bei Söder laufen auch bei dem bekennenden Freund von TV-Serien alle Fäden zusammen. Hilfreich ist dabei für die vertrauensvolle Zusammenarbeit der beiden, dass Herrmann keine persönliche Eitelkeiten oder Interessen verfolgt. Stattdessen gilt seine Arbeit nur den Zielen, die Söder vorgibt. Gleichwohl legt Söder auf Herrmanns Meinung großen Wert.

GESUNDHEITSMINISTERIN MELANIE HUML: Die CSU-Politikerin ist als approbierte Ärztin fachlich ohne Zweifel bestens für eine solche Situation vorbereitet. Doch medizinisches Fachwissen alleine garantiert - ebenso wie eine lange Erfahrung als Ministerin - noch keine fehlerlose Performance. Söder soll sich bereits häufiger über zu lange Entscheidungsdauern und zu wenig Durchschlagskraft - etwa beim Kauf von medizinischer Schutzausrüstung - beklagt haben.

Zu Humls Verteidigung muss man aber auch sagen, dass der eher kleine Gesundheitsbereich seit langem bei Etatplanungen zu kurz kommt. Sie konnte also anfangs auch nicht auf ein perfekt vorbereitetes Haus setzen. Zur Unterstützung wird ihr aktuell auch Staatssekretär Gerhard Eck (CSU) zugeordnet - einige sehen darin eine zusätzliche Fremdkontrolle, andere eine dringend notwendige personelle Unterstützung, um die vielen Aufgaben bewerkstelligen zu können.

FINANZMINISTER ALBERT FÜRACKER: Wie in "normalen" Regierungszeiten ist der Oberpfälzer auch in Söders Krisenkabinett eine feste Größe. Gerade mit Blick auf den nie da gewesenen Rettungsschirm mit einem Volumen von bis zu 60 Milliarden Euro und die diversen anderen Werkzeuge zum Schutz der bayerischen Wirtschaft wären ohne Fürackers Zuarbeit wohl nicht so schnell so viel Hilfe möglich gewesen. Dabei gibt dieser sich - für Finanzminister sehr ungewöhnlich - nicht als oberster Sparer im Staat, sondern eher als williger Helfer und Ideengeber, um möglichst viel Geld locker zu machen.

Dass er damit vorerst und vermutlich auch für länger der bayerische Finanzminister sein wird, dessen Name mit der Rekord-Neuverschuldung verbunden ist, wird Füracker verschmerzen können. Für Söder wird er auch nach der Krise unverzichtbar bleiben, wenn es darum geht, die gigantischen Verbindlichkeiten abzubauen und nebenbei auch noch auf lange Jahre Steuerverluste zu verkraften.

WIRTSCHAFTSMINISTER HUBERT AIWANGER: An Einsatzbereitschaft mangelt es dem Chef der Freien Wähler auch in der Corona-Krise sicher nicht. Ob bei der Suche nach heimischen Unternehmen, die nun Schutzmasken oder Desinfektionsmittel herstellen, oder bei der Auszahlung von Hilfsgeldern - Aiwanger ist definitiv kein Bremser in der Krise. Doch bisweilen scheint der Niederbayer sich zu verzetteln, etwa wenn er sprachlich ungeschickt daneben greift und die Lage in Bayern in der Corona-Krise als "Surfen auf der Welle" bezeichnet. Ob dies den Umgang mit der tödlichen Bedrohung angemessen beschreibt, zweifeln sowohl im Kabinett als auch in Aiwangers Partei einige an.

Auch im aktiven Krisenmanagement kommt es immer wieder mal zu Missverständnissen - sei es, wenn Aiwanger an einem Abend noch erklärt, die Lage der Gärtnereien im Kabinett verbessern zu wollen, und am nächsten Tag dann voller Inbrunst erklärt, nicht der Verkauf der nächsten Blumen-Kollektion stehe im Fokus, sondern der Kampf um Leben und Tod. Anders als der immer mahnende Söder hat Aiwanger schon zigfach erklärt, die Krise sei längst unter Kontrolle. Dass Söder für Wirtschaftsfragen aber nun auch einen Expertenrat einberufen hat, der direkt an ihn berichtet und nicht an Aiwanger, zeigt, dass auch er hier noch akuten Handlungsbedarf im Krisenmanagement sieht.

INNENMINISTER JOACHIM HERRMANN: In Sachen Krisenmanagement ist Deutschlands mit Abstand dienstältester Innenminister definitiv eine Hilfe, die Organisationsstrukturen und die Detail-Kenntnisse über Bayerns Sicherheitsbehörden auch in solche schwierigen Lagen helfen sicher, Zeit zu sparen. Doch in Sachen Kommunikation ist Herrmann eben auch kein Vertreter der jungen Garde. Erst nach Wochen gelingt es ihm, nach teils massiver Kritik auch von der Opposition, den Umgang der Polizei mit der Ausgangsbeschränkung auf ein juristisch und verfassungsmäßig vertretbares Maß zu dimmen.

So wurde die Polizei kurz vor Ostern endlich darauf hingewiesen, dass der Freistaat mit den bis dato auch im Radio kommunizierten Verboten wie dem Sonnenbad auf einer Parkbank am eigentlichen Ziel meilenweit vorbeischießt. Denn das Coronavirus wird dann verbreitet, wenn Menschen zu nah beieinander sind. Seitens der Polizisten wird es übrigens als kritisch angesehen, dass die Streifen in den Dienstwagen oft nicht mit der notwendigen Schutzausrüstung unterwegs sind.

LGL-PRÄSIDENT ANDREAS ZAPF: Das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelüberwachung ist als Behörde eine wichtige Schaltzentrale im praktischen und organisatorischen Kampf gegen das Virus. Hauschef Zapf gilt nicht nur dank seiner sehr ruhigen und besonnenen Art als krisenfester Berater, auch seine Kenntnisse als Facharzt für Innere Medizin und das Öffentliche Gesundheitswesen machen ihn zu einem wichtigen Experten mit praktischer Expertise. Zapf leitet das Haus seit 2008, ist also mit den Strukturen ebenso lange vertraut wie mit der Zusammenarbeit mit der Staatsregierung. Zapfs Strategie ist defensiv und verfolgte von Anfang an eine Risikominimierung - auch wenn dazu unpopuläre Entscheidungen gehörten wie schon vor Wochen die Absage der traditionellen Starkbierprobe auf dem Münchner Nockherberg.

STAATSRÄTIN KAROLINA GERNBAUER: Bayerns oberste Beamtin war schon unter Horst Seehofer eine unverzichtbare Institution in der Staatskanzlei. Der 57-jährigen Juristin wird ein sehr gutes Verhältnis zu Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nachgesagt, weshalb ihr Name auch in den vergangenen Jahren immer wieder mit Posten im Kanzleramt in Verbindung gebracht wurde. Gernbauer gilt als der Inbegriff von Loyalität. Gerade bei den nun laufenden Diskussionen von Bund und Ländern über die Lockerung der Ausgangsbeschränkungen hat Gernbauer eine Schlüsselrolle inne, immerhin geht Söder mit ihrer Vorbereitung in die Gespräche. Über das Privatleben von Gernbauer ist nicht viel bekannt, einzig, dass die Niederbayerin trotz ihres Fulltime-Jobs sehr engagiert in ihrer Familie ist.

UND SONST: Im Grunde gibt es kein Ministerium, welches derzeit nicht im Corona-Krisenmodus ist. Dabei fielen bisher insbesondere Agrarministerin Michaela Kaniber, Sozialministerin Carolina Trautner (beide CSU) und Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) mit einem großen Arbeitspensum auf - sei es bei den Umplanungen für den im Chaos befindlichen Schulbetrieb, die Lage der Bauern und den Problemen im sozialen Sektor. Auch Wissenschaftsminister Bernd Sibler und Verkehrsministerin Kerstin Schreyer (beide CSU) sind viel unterwegs, ob bei Hochschulen oder den Logistikern im Land.

− dpa