Restaurants, Demos, Quarantäne
Schritte aus der Krise: So geht der bayerische Corona-Fahrplan weiter

12.05.2020 | Stand 19.09.2023, 5:43 Uhr

Florian Herrmann (CSU, l), Leiter der Staatskanzlei und Staatsminister für Bundes- und Europaangelegenheiten und Medien, Melanie Huml (CSU, M), Staatsministerin für Gesundheit und Pflege, und Hubert Aiwanger (Freie Wähler, 2.v.r), stellvertretender Ministerpräsident und Staatsminister für Wirtschaft, Landentwicklung und Energie, und zwei Ministeriumsmitarbeiter gehen nach einer Sitzung des bayerischen Kabinetts zu einer Pressekonferenz im Prinz-Carl-Palais gemeinsam durch den Hofgarten. −Foto: Peter Kneffel/dpa

Das bayerische Kabinett hat am Dienstagvormittag über die nächsten Schritte in der Corona-Krise beraten. Themen waren unter anderem Restaurants, Versammlungen und Quarantänepflicht für Auslandsrückkehrer. Im Anschluss informierten Staatskanzleichef Florian Herrmann, Gesundheitsministerin Melanie Huml (beide CSU) und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) in einer Pressekonferenz. Vieles war bereits bekannt, einiges wurde präzisiert.

Staatskanzleichef Florian Herrmann begann die Pressekonferenz mit mahnenden Worten, äußerte sich jedoch auch vorsichtig optimistisch: Der Kurs der Vorsicht und Umsicht sei richtig. "Wir wollen uns nicht verstolpern. Wir sehen, dass die strengen Maßnahmen der vergangenen Wochen Wirkung zeigen." Man müsse die Zahlen weiterhin genau im Blick behalten und beobachten, wie die Maßnahmen sich entwickeln. "Unsere Strategie der Vorsicht und Umsicht bleibt bestehen."

Den vergangene Woche beschlossenen Fahrplan gelte es nun umzusetzen:

VERSAMMLUNGEN
Versammlungen
seien grundrechtsrelevant, doch die Bilder vom Wochenende seien "verstörend" gewesen, sagte Herrmann. Versammlungsfreiheit sei weiterhin gegeben, doch der Rechtsstaat lasse sich nicht auf der Nase herumtanzen: "Vernünftig durchführen, ohne Menschen zu gefährden." Das genaue Konzept dazu erarbeite derzeit das Innenministerium mit den Kreisverwaltungsbehörden. "Wie kann man die Örtlichkeit so wählen, dass das Grundrecht gesichert ist, man aber eine akute Gefährdung für Mitbürger ausschließen kann."

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Es gebe überhaupt keinen Zweifel an dem hohen Wert des Versammlungsrechts, sagte Herrmann. "Aber alle Freiheiten haben natürlich auch Grenzen: Die Grenzen sind dort, wo man andere in Gefahr bringt, wo man andere bedroht."

RESTAURANTS
Am 18. Mai öffnet wie beschlossen die Außengastronomie bis 20 Uhr. Ab 25. Mai dürfen Speiselokale auch ihre Innenräume öffnen, bis 22 Uhr. Die Hotellerie und der Tourismus dürfen ab 30. Mai wieder hochfahren. "Der Kern heißt letztlich immer: 1,50 Meter Abstand halten", sagte Staatskanzleichef Florian Herrmann. Miteinander an einem Tisch sitzen dürften Mitglieder einer Familie oder eines Hausstandes sowie ein weiterer Hausstand.

Damit orientiert sich die Regelung für die Gaststätten nach Worten Herrmanns an der Kontaktbeschränkung, die inzwischen wieder Treffen zweier Hausstände erlaubt, im privaten Raum, im öffentlichen Raum und künftig eben auch in den Restaurants.

Zudem bekräftigte Herrmann, grundsätzlich müsse in Gaststätten eine Mund-Nasen-Bedeckung getragen werden, von den Gästen, vom Personal und auch in der Küche - es sei denn, dort könnten die 1,50 Meter Mindestabstand gewährleistet werden. Am Tisch allerdings dürfen Gäste die Masken abnehmen. Zudem sieht ein Konzept, dass die Gastronomie zusammen mit Wirtschafts- und Gesundheitsministerium erarbeitet hat, Regeln für den Einsatz von Desinfektionsmitteln und ähnlichem vor.

GRENZÖFFNUNGEN
Was Grenzöffnungen betrifft, sei der Freistaat "sehr zurückhaltend". Die Grenzen sind für Pendler und den Lieferverkehr geöffnet. "Das Verbringen des Virus über ganz Europa gilt es einzudämmen." Man wolle dort sehr behutsam vorgehen, sagte Herrmann.

FITNESSSTUDIOS
Zu Öffnungen von Fitnessstudios gab sich Herrmann zurückhaltend und antwortete ausweichend. Es gelte, die Ausbreitung weiter möglichst einzudämmen. "Ich plädiere sehr stark dafür, Zeiträume abzuwarten und nicht in eine Hektik zu verfallen", sagte er.

LADENÖFFNUNGEN
Zusätzlichen Ladenöffnungen am Sonntag erteilte Herrmann eine klare Absage, auch wenn Hubert Aiwanger sich zuvor offen dafür gezeigt hatte. "Das wird es mit der Staatsregierung nicht geben."

Aiwanger: "Bayern kehrt zurück zur Normalität"

SO IST DIE LAGE IM EINZELHANDEL
Die Rückmeldungen im Einzelhandel sind laut Wirtschaftsminster Hubert Aiwanger "sehr positiv". Das mache Hoffnungen, dass sich viele Branchen wieder stabilisieren können. Kunden hätten sich mittlerweile an die neuen Regeln gewöhnt: "Die Menschen haben das System verstanden." Immer mehr Branchen wie zuletzt das Gastgewerbe hätten ein Konzept präsentiert, wie es funktionieren könne. "Die Zusammenarbeit ist bestens", sagte Aiwanger. "Wir müssen auf alles vorbereitet sein, aber wir versuchen, die Wirtschaft wieder zu normalisieren."

KAUFPRÄMIE FÜR AUTOS
Erneut stellte Aiwanger eine Kaufprämie für Autos in Aussicht. "Dass jetzt keiner ein Auto kauft, lasse ich nicht gelten." Zur Soforthilfe wies Aiwanger die Kritik zurück, Bayern zahle zu langsam aus. "In zehn Tagen wird der allergrößte Teil sein Geld bekommen haben." Die finanziellen Hilfen seien ordentlich aufgestellt und die Wirtschaft laufe nun wieder an.

Huml: "Zahlen sind sehr stabil"

Die Maßnahmen hätten gegriffen, dennoch mahnte die Gesundheitsministerin Melanie Huml zur Vorsicht. Die Öffnungen könnten jedoch nun wieder zu steigenden Ansteckungen führen. "Ich kann mich dem Unverständnis über die Demonstranten nur anschließen", sagte sie.

Falls die Zahl von 35 Infektionen pro 100.000 Einwohnern pro Woche in einem Landkreis überschritten wird, greife ein Frühwarnsystem in Bayern. Die Bundeskanzlerin hatte zuletzt von einer Zahl von 50 Infizierten gesprochen. Die Landesbehörde werde in Bayern schon ab 35 Infektionen eingreifen und sich mit dem Gesundheitsamt vor Ort in Verbindung setzen, nach der Ursache forschen und die Ausbreitung zu verhindern versuchen.

KRANKENHÄUSER
Krankenhäuser
können laut Huml wieder "mehr in den Normalbetrieb gehen". Das heißt: Verschobene Operationen könnten jetzt wieder umgesetzt werden. Knapp 1500 Covid-19-Patienten werden derzeit in Bayerns Krankenhäusern behandelt, etwa ein Drittel davon intensivmedizinisch. Fast 3000 neue Beatmungsgeräte seien zuletzt angeschafft worden, teilweise komplett, teilweise mitfinanziert vom Freistaat. "Die kommen alle sukzessive an. Da ist schon etliches auf dem Weg."

QUARANTÄNEPFLICHT
Die in Niedersachsen von einem Gericht gekippte generelle Quarantänepflicht für alle Menschen, die aus dem Ausland einreisen, gilt in Bayern vorerst unverändert weiter. Die Staatsregierung sehe keine aktuelle Notwendigkeit, die Regelung zu verändern. "Momentan gilt es noch in Bayern", sagte Gesundheitsministerin Melanie Huml.

Ihr seien zudem in Bayern keine gerichtlichen Auseinandersetzungen zu der Regelung bekannt, die auf einer Verabredung aller Bundesländer basiere, sagte Huml. Gleichwohl werde auch in Bayern immer geschaut, ob die geltenden Verordnungen noch angemessen seien.

SCHLACHTHOFMITARBEITER POSITIV GETESTET
Auch ein Niederbayerischer Schlachthof sei von Infektionen betroffen, insgesamt sieben Mitarbeiter wurden positiv getestet. Zuletzt waren in anderen Bundesländern zahlreiche Mitarbeiter in der Fleischproduktion positiv getestet worden und hatten eine öffentliche Diskussion über die Arbeits- und Lebensbedingungen der Mitarbeiter ausgelöst.

− dpa



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