Freyung-Grafenau
Rüffel statt Ordnungsgeld für Grünen-Fraktion

Kreistag erteilt Grünen-Quartett "Rüge" wegen unzulässiger Enthaltungen in unübersichtlicher April-Sitzung

30.07.2021 | Stand 20.09.2023, 5:14 Uhr

Erklärung vor der Rüge: Toni Schuberl (rechts stehend) konnte glaubhaft den Konflikt seiner Fraktionskollegen schildern, der zu der nicht zulässigen, aber eher unfreiwilligen "Enthaltung" in seiner Grünen-Fraktion führte. −Foto: Karl

Wegen einer eher unfreiwilligen, aber unterm Strich unzulässigen Stimmenthaltung in einer Kreistagssitzung im April haben sich vier Fraktionsmitglieder der Grünen nun eine Rüge eingehandelt. Diese erfolgte durch einen Beschluss der Kreistagskollegen, die wegen entsprechender kommunalrechtlicher Vorgaben nicht anders konnten. Ein von der AfD im Vorfeld beantragtes Ordnungsgeld von bis zu 250 Euro für die Kreisräte Toni Schuberl, Sandra Prent, Ulrike Bogner und Hans Jürgen Fürst wurde hingegen nicht umgesetzt.

Fraktionschef und Landtagsabgeordneter Toni Schuberl, dessen grundsätzlich kritische Einstellung zu AfD-Aktivitäten in München wie in Freyung bekannt ist, konnte selbst mit dieser Rüge nicht gut leben, wie er nach der Sitzung unüberhörbar wissen ließ. Ihn wurmte, dass schlussendlich der AfD-Antrag sein Ziel fand – die Grünen-Fraktion wegen des unbestrittenen Lapsus in der Sitzung Ende April schlecht dastehen zu lassen.

Damals ging es um ein Votum im Kreistag, zu Corona-Zeiten statt des gesamten Kreistags nur kleinere und überschaubarere sogenannte Ferienausschüsse tagen zu lassen, um die damals noch so sensiblen größeren Zusammenkünfte von Regionalpolitikern zu vermeiden. Die Grünen standen diesen auf rund ein Dutzend Mitglieder reduzierten Ausschüssen, die wenig später vom Bayerischen Verfassungsgerichtshof für unzulässig erachtet wurden, kritisch gegenüber ("Eingriff in Rechte von Kreisräten", so Schuberl im April) – nicht zuletzt auch aus Gründen besagter drohender Verfassungswidrigkeit, wie der studierte Jurist Schuberl in der Sitzung auch vor Augen führte.

In der April-Sitzung ergab es sich nun aber, dass die Grünen plötzlich mit der AfD stimmen sollten, die das reduzierte Gremium "Ferienausschuss" aus anderen Gründen ablehnen sollten. Dies wurde dem Grünen-Quartett kurz vor der Abstimmung bewusst. Zudem gab es – wie sich im Nachhinein herausstellte, auch etliche unentschuldigte Kreisräte, die dieser erinnerungswürdigen vierstündigen Sitzung mit vorangegangener Testpflicht am Parkplatz des Sitzungsorts Dreifachturnhalle ferngeblieben waren. Auch dies wurde den Grünen erst gewahr, als unmittelbar vor dem Votum eingeplante Stimmen für eine Mehrheitsentscheidung in ihrem Sinne fehlten. Und bevor die vier Grünen mit den AfD-lern mitstimmten, ließen sie halt die Hände unten. Was den Mitgliedern der AfD gleich auffiel und zum späteren Nachtarock ermunterte.

Diesen Interessenskonflikt schilderte Schuberl in der jüngsten Kreistagssitzung. Zudem appellierte der Grünen-Fraktions-Chef an die Gerechtigkeit unter Kollegen. Eigentlich müssten dann ja auch die zwölf unentschuldigt fehlenden Kolleginnen und Kollegen der April-Sitzung irgendwie geahndet oder gerügt werden. Ein Ansinnen, das Landrat Sebastian Gruber aber sofort im Keim erstickte: "Ich bin seit sieben Jahren Landrat. Aber solche gegenseitigen Vorhaltungen waren bisher nicht der Fall", sagte Gruber und warnte in diesem Zusammenhang auch vor einer nicht unbedingt positiven "Außenwirkung".

Landratsamts-Vertreter Karl Matschiner trug in der Sitzung die kommunalrechtliche Würdigung laut Landkreis-Ordnung dar, die dem Gremium keine andere Alternative ließ, als das unzulässige Abstimmungsgebaren (es gibt kommunalrechtlich nur "dafür" oder "dagegen" und keine Enthaltungen) der vier Grünen zu ahnden. Es lag im Ermessen des Kreistags, ein – wenn auch nur symbolisches und geringes – Ordnungsgeld zu verhängen, davon abzusehen oder sich wegen der "Feststellung eines Pflichtverstoßes" mit einer Ermahnung oder Rüge zu begnügen.

Auf Letztere konnte man sich schließlich mehrheitlich – unter Ausschluss der vier Grünen-Kreisräte – mit 44:6 Stimmen einigen. Dies nicht zuletzt auch deswegen, weil "die betroffenen Personen bisher stets ordnungsgemäß abgestimmt haben und der Verstoß gegen die Abstimmungspflicht erstmalig war". Und zugleich wurde auch beschlossen, dass der AfD-Antrag auf Ordnungsgeld für das Grünen-Quartett abgelehnt werde. Wenigstens eine kleine Genugtuung für Toni Schuberl.