Pocking
Rettungsaktion für die seltene Flussseeschwalbe aus Afrika

Vögel nisten normal auf einer Schlammbank an einem Kiesweiher – Doch die gibt es nicht mehr

28.05.2021 | Stand 20.09.2023, 1:35 Uhr

Dieses schwimmende Floß ist super – finden die feenhaften Vögel. −Fotos: red

In der ersten Maihälfte erreichte die Umweltstation Haus am Strom in Jochenstein an der Donau ein Hilferuf von der begeisterten Hobby-Ornithologin Regina Krieger aus Prenzing: An einem Kiesweiher bei Pocking hatte sie letztes Jahr zum ersten Mal im Landkreis die Brut der seltenen Flussseeschwalbe auf einer Schlammbank beobachtet. Dieses Jahr kam der Vogel aus Afrika zurück an den Kiesweiher, aber die Schlammbank war wegen der Niederschläge und des damit höheren Grundwasserspiegels nicht mehr vorhanden.

Die Umweltstation nahm schnell Kontakt zum Besitzer des Kiesweihers auf: Die Firma Meier Bau aus Rotthalmünster war sogar bereit, mit dem Bagger eine Schlammbank zu schaufeln. Allerdings fiel diese Möglichkeit wegen der Brutzeit vieler Vögel im Frühjahr aus. Der Klassiker in einem solchen Fall ist eine schwimmende Plattform, auf der die Flussseeschwalben brüten. Die Errichtung eines solchen Brutfloßes ist relativ aufwendig, und die Zeit beziehungsweise das Balzgeschehen drängte. So wandte sich das Haus am Strom an die Naturschutzbehörde, die die Finanzierung einer Maßnahme für den gefährdeten Vogel ermöglichte. Dann musste noch eine schwimmfähige Konstruktion geplant werden, die in der Kürze der Zeit erstellt werden konnte, aber die nötige Haltbarkeit und Größe aufwies.

Sohn der Hobby-Ornithologin ist Zimmerer – er baute das Floß

Dabei erhielt Regina Krieger viele Anregungen von der bayerischen Monitoring Stelle für Flussseeschwalben des Landesbunds für Vogelschutz (LBV). Eine glückliche Fügung war, dass der Sohn von Regina Krieger Zimmerer ist und das Brutfloß in der Kürze der Zeit gebaut hat, so dass es letzte Woche zu Wasser gelassen werden konnte. Innerhalb kürzester Zeit entdeckten die eleganten Seeschwalben das neue Domizil und nahmen es für sich in Beschlag. Es folgten die typische Balz mit der Übergabe eines Fisches als Balzgeschenk und eine Paarung.

Flussufer als Lebensraum kommt nicht mehr in Frage

Doch warum nisten Flussseeschwalben an Baggerseen? Diese sind ja kein natürlicher Lebensraum. Flussseeschwalben sind nur die prominenten Vertreter einer Reihe von Tieren und auch Pflanzen, die früher an Flüssen lebten: Regelmäßige Überschwemmungen ließen schlammige, sandige oder kiesige Flächen entstehen, die nur eine sehr lückenhafte Vegetationsdecke aufwiesen. Gelbbauchunken und Wechselkröten nutzten die flachen Tümpel komplett ohne Vegetation. Gab es dann schon mehr Vegetation, fanden sich die Populationen vieler anderer Amphibien, allen voran der seltenen Kammmolche oder Laubfrösche. Auch Libellen nutzten verschiedenartige Tümpel, Wildbienen die besonnten, offenen Bodenstellen. In Uferkanten, die nicht von Pflanzen bewachsen waren, weil sie immer wieder abbrachen, nisteten Uferschwalben. Auf den kiesigen Ufern brüteten Flussuferläufer und Flussregenpfeifer, zwei Watvögel – und eben die Flussseeschwalben.

Sie alle finden heute an den gesicherten Ufern der Flüsse nicht mehr die Strukturen, die sie brauchen, sondern kommen heute fast ausschließlich in Kies-, Sand- oder Lehmgruben vor. Flussseeschwalben kommen in Bayern fast ausschließlich auf künstlichen Brutflößen zusammen, da die Ufer der größeren Gewässer immer mehr von den Menschen für ihre Freizeitaktivitäten belegt werden. Pflanzen haben es da generell noch schwerer, da sie nicht so mobil wie die meisten Tiere sind. Ein Beispiel aus der Region ist die Deutsche Tamariske, die früher auch auf Kiesinseln der Donau bei Passau vorgekommen ist.

Hoffentlich bleiben die Vögel in der Region

Christiane Kotz von der Naturschutzbehörde freut sich sehr, dass durch das beherzte Engagement der Vogelfreundin die Flussseeschwalbe eine neue Heimat gefunden hat und damit die Brut nicht nur ein kurzes Intermezzo war. In diesem Fall ging es um eine gefährdete Art und die Aussichten auf Erfolg waren sehr hoch. Die Umweltstation diente dabei als Vermittler zwischen den Fachstellen und der Bürgerin. So freuen sich alle Beteiligte und hoffen, dass für die nächsten Jahre dieser feenhafte Vogel in der Region bleibt.

− red