Am 26. Dezember im ZDF
Respekt, Kapitän Silbereisen! – Kritik zum "Traumschiff"-Debüt

20.12.2019 | Stand 19.09.2023, 6:08 Uhr

In diesem Moment wird ein Held geboren: Der kleine Juan (Jordi, links) ist dankbar, dass Max Parger (Florian Silbereisen, r.) seinem bewusstlosen Großvater Hernan (Carlos Cardoze, Mitte) zur Hilfe kommt. Mit der Aktion überzeugt der neue Kapitän seine Crew. Eine Fotostrecke sehen Sie unter www.pnp.de/kultur. −Foto: ZDF

Was ist das denn für einer? Marschiert da ein schmales Bürscherl in Jeans und T-Shirt stracks auf das "Traumschiff" zu, den linken Arm von oben bis unten tätowiert wie ein Wilder – und tut grad so, als wär’s sein Schiff. Was sucht der hier? Barbara Wussow als Hotelchfin des Luxuskreuzers mustert ihn streng, aber war da nicht auch ein Anflug erotischer Faszination in ihrem Blick angesichts des sportlichen Kerls? Unbeirrt steuert der Mann die Kajüte mit dem Schild "Captain" an, zieht sich die Mütze als Insignie seiner Macht über, erschrickt ein bisschen, schnauft sich Mut an, nickt ermunternd und spricht zu sich selbst: "Jetzt geht’s los!"

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Die Kollegen rechnen felsenfest damit, dass Staff-Kapitän Grimm (Daniel Morgenroth) als bewährter Stellvertreter zum neuen Mann an der Spitze berufen wird, doch die Reederei hat – PNP-Leser wissen es seit einem Jahr – eine andere Entscheidung getroffen, die der Bürgermeister von Florian Silbereisens Heimat Tiefenbach als "Wahnsinn" bezeichnet und von welcher der Passauer Landrat schwärmt: "Wenn Flori Silbereisen Traumschiffkapitän wird, hat der Landkreis damit nun quasi einen Botschafter zu Wasser."

Der 38 Jahre junge Moderator und Sänger ist nach Günter König, Heinz Weiss, Siegfried Rauch und Sascha Hehn der fünfte Kapitän der Filmreihe seit 1981. Und so begeistert seine Heimat darüber ist, so schockiert sind die Kollegen auf der Brücke der "Amadea", als der Neue hereinplatzt: "Hallo zusammen! Mein Name ist Maximilian Parger" und das Steuer übernimmt in Richtung Antigua; jene karibisch Insel, die Silbereisens Debüt ihren Titel gibt.

Gestrenge Filmkritiker werden sich einen Spaß machen und den Niederbayern, der als Kapitän unverkennbar den Akzent des Passauer Landes pflegt, mit etwas zu entschlossen nach oben gerecktem Kinn kapitänssteif durch die Szenerie schreitet und die wenig subtilen Dialoge des Drehbuchautors Jürgen Werner spricht, lustvoll in der Luft zerreißen – , als sei das "Traumschiff" das Wiener Burgtheater und keine Einladung, sich fortzuträumen von allem, was an Weihnachten 2020 belastet. Für die junge Instagram-Generation taucht diesmal Moderator Joko Winterscheidt – dessen Ähnlichkeit zu Florian Silbereisen zum Running Gag im Internet geworden ist – als Bruder Moritz des Kapitäns Max auf. Er legt eine selbstironische Comedy zum In-Grund-und-Boden-Schämen hin und droht an, er werde sich künftig vielleicht öfter auf dem Schiff blicken lassen.

Silbereisen selbst tut kund, er gehe nicht davon aus, "sofort einen Oscar zu gewinnen" und macht’s wie Arnold Schwarzenegger oder Bruce Willis: Der wahre Held spricht nicht viel, nur wenn er muss, zum Beispiel zur Kapitänsrede am Ende der Reise, kurz bevor die Sternwerfer auf dem Dessert hereingetragen werden. Auch als tätowiertes Bürscherl kannst du als Chef akzeptiert werden und Respekt und Unterstützung erfahren – wenn du bereit bist, Respekt und Unterstützung zu geben. Zu spät ist es nie, denn, wie der Kapitän sagt: "Diese Reise geht zu Ende, aber unser aller Zukunft beginnt in diesem Moment." Weihnachten steht nix mehr im Wege.

26. Dezember, 20.15 Uhr, ZDF, schon ab 25. Dezember um 10 Uhr in der ZDF-Mediathek
Mehr zum Thema lesen Sie am 20. Dezember im Feuilleton der Passauer Neuen Presse.