Wallerfing
Raiffeisen geht, Graf Ferdinand übernimmt

26.02.2021 | Stand 21.09.2023, 5:47 Uhr

Abschied von Wallerfing (v. l.): Die stv. Bürgermeister Manfred Eder und Evi Moser mit Ehemann Franz Moser, Bürgermeister Hans Eigner sowie Michaela Meier, Simon Wintersberger, Aufsichtsratsvorsitzender Johann Freund und Andreas Loibl von der Raiffeisenbank. −Fotos: Schiller

Bäcker, Metzgereien, Wirtshäuser und Tante-Emma-Läden gibt es in vielen Dörfern schon lange nicht mehr. Doch der Strukturwandel macht auch vor den Banken nicht Halt: Sie werden von steigenden Kosten, Negativzinsen und Personalmangel unter Druck gesetzt.

Am Donnerstag hat die Raiffeisenbank ihre Filiale gegenüber der Kirche geschlossen. Doch Leerstand gibt es nicht, wenn ein rühriger Bürgermeister im Amt ist. Insofern ist in Wallerfing eine "Win-win-Situation" entstanden, denn auf Vermittlung von Bürgermeister Hans Eigner ist es gemeinsam gelungen, sofort einen Kaufinteressenten zu finden. Schon im Mai möchte Ferdinand Jakob Graf von Thun und Hohenstein in den 460 Quadratmeter großen Geschäftsräumen den Verwaltungssitz seiner Firma GvT Haus & Heim GmbH eröffnen.

An diesem Donnerstag hatte Filialleiterin Michaela Meier zum letzten Mal die Türen zur Bank geöffnet. Beim Abschied gab es ein weinendes und ein lachendes Auge. Seit 1988 war die Raiffeisenbank zuverlässiger Partner für die Kunden am Ort. Doch die Corona-Pandemie hat die Strukturkrise nochmals verschärft: "60 Prozent unserer Privatkunden und 85 Prozent unserer Geschäftskunden machen bereits online-banking", berichtete Raiffeisenbank-Aufsichtsratsvorsitzender Johann Freund. Der Anteil der Filialkunden gehe damit von einem Viertel auf ein Fünftel zurück. Da die Beratung immer komplexer werde, gehe der Trend zu gut ausgebildeten Zentralstellen in größeren Städten. "Doch wir sind nicht weg, sondern immer noch in der Nähe zu finden", betonte Freund und verwies auf die Filialen in den Nachbargemeinden Oberpöring und Buchhofen, die von Simon Wintersberger bzw. Simon Loibl geleitet werden. Michaela Meier arbeitet als Servicekraft in Oberpöring. Die Bargeldversorgung in Wallerfing bleibt durch den Geldautomaten der Sparkasse gewährleistet. Die fälligen Gebühren übernehme die Raiffeisenbank.

Zum Zeichen der weiteren Verbundenheit zur Bevölkerung und den Ortsvereinen überreichte Michaela Meier einen Spendenscheck über 1500 Euro an Hans Moser, den Vorsitzenden der Sektion Wallerfing im Bayerischen Waldverein, mit besten Wünschen zu dessen 60. Geburtstag. Mit dem Geld will der Verein zwei Wanderwege rund um die Gemeinde herrichten und Sitzbänke aufstellen sowie die Außenanlagen des Vereinsheims sanieren.

Für Bürgermeister Hans Eigner war es ein Abschied mit einem weinenden und einem lachenden Auge. Einerseits weil ein langjähriger Geschäftspartner wegzieht, andererseits weil "in ehrlicher zielführender Aussprache" ein Käufer gefunden wurde und damit das Geschäftsgebäude im Zentrum erhalten bleibe. An Direktor Johann Freund überreichte 2. Bürgermeister Manfred Eder eine Gemeindechronik.

Eine solche erhielt auch Ferdinand Jakob Graf von Thun und Hohenstein, der nun mit seiner Firma GvT Haus & Heim GmbH hier einzieht. Er lebt mit seiner Partnerin Gabriela Streng seit fünf Jahren auf einem Pferdehof im Nachbarweiler Kolling. Beide sehen in Wallerfing ein neues Betriebsfeld für Landwirtschaft und Photovoltaik, für sie ist es "ein Projekt zum Durchstarten". GvT hat eine Niederlassung in Dachau und bietet mit aktuell 25 Mitarbeitern verschiedene Services im Gebäudemanagement wie Elektroarbeiten, Parkplatzpflege, Hausmeister- und Winterdienst an, organisiert aber auch den Verkauf oder die Vermietung von Immobilien. In Wallerfing wird die Verwaltung mit Büro, Buchhaltung und Telefondienst zur technischen Abwicklung eingerichtet. Bei guter Auftragslage will das Unternehmerpaar neue Arbeitsplätze schaffen, wobei v.a. Maler, Trockenbauer, Boden- und Fliesenleger gesucht sind. Nähere Informationen im Internet unter www.gvt-immobilien.de.