Simbach am Inn
Psychologin kämpft gegen seelische Schäden nach der Flut in Simbach

19.03.2017 | Stand 19.09.2023, 6:21 Uhr |

"Die Flut darf nicht chronisch werden": Therapeutin Dr. Margarete Liebmann arbeitet mit Betroffenen und hält Vorträge zu Themen wie "Was kann ich tun, dass es mir nach der Flut besser geht?". − Foto: Brodschelm

Je früher man ein Trauma behandelt, umso schneller ist es heilbar: Diese Erfahrung hat Dr. Margarete Liebmann, leitende Oberärztin im Ameos Klinikum Inntal in Simbach (Landkreis Rottal-Inn), in den vergangenen Monaten gemacht. Die Psychologin behandelt seit der Flutkatastrophe insgesamt 55 Betroffene.

"Vielen geht es schon deutlich besser. Sie brauchten nur kurz Hilfe", erzählt sie. "Aber natürlich gibt es auch die stark Betroffenen, die ich länger betreue." Gleich nach der Flut war für Dr. Liebmann sofort klar, dass hier die Fachkliniken vor Ort Hilfe anbieten müssen. Die Simbacherin bringt ihren Beweggrund auf den Punkt: "Simbach soll wieder lachen können. Die Flut darf für alle nicht chronisch werden."

"Viele kommen im Alltag nicht zurecht, fühlen sich regelrecht wie erstarrt", beschreibt sie. Die Flut kam so überraschend und war für die meisten nicht erklärbar. "Woher kommt plötzlich das ganze Wasser? Wäre es der Inn gewesen, wäre es für viele einfacher", ist Liebmann überzeugt. "Aber sie konnten keine Ursache erkennen, warum sie plötzlich bis zum Oberkörper im eisigen Wasser standen."

Dieses Unerwartete, Unfassbare habe die Menschen in Simbach überfordert. "Schließlich hat es so etwas hier noch nie geben. Niemand wusste, was zu tun ist." Und genau diese Hilflosigkeit ließ bei vielen die Gefühle regelrecht einfrieren. Man funktionierte nur noch.

"Doch dieses Gefühl der Ohnmacht arbeitet im Untergrund weiter", weiß die Expertin. Manche können es sehr gut verkraften, andere erkannten sofort, dass sie Hilfe brauchen. Aber bei vielen kommt es erst jetzt, Monate später, wieder hoch. "Die Betroffenen erleben teilweise unkontrollierbare Flashbacks. Wie Blitze kommen dann Bilder der Flutsituation und man kann es nicht steuern oder stoppen", beschreibt Dr. Liebmann, wie die sogenannte "posttraumatische Belastungsstörung" auftritt. Weitere Symptome können starke Konzentrationsdefizite sein, aber auch Albträume, Schlafstörungen und eine erhöhte Schreckhaftigkeit.

− th

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