Traunstein
Öffnungskonzept von CSU-Landrat: "Fünf Schritte aus der Pandemie"

18.03.2021 | Stand 21.09.2023, 23:43 Uhr

−Foto: CSU

Der Traunsteiner Landrat Siegfried Walch hat mit weiteren Unterstützern ein Konzept für eine geänderte Corona-Öffnungssystematik vorgestellt.

Der Grundgedanke: Öffnen nach Impffortschritt, weg von der Anknüpfung an den Inzidenz-Wert. "Wir haben ein eigenes Konzept vorgelegt, um damit einen konstruktiven Beitrag zu den aktuellen Debatten zu leisten. Aus meiner Sicht gibt es derzeit nicht nur eine medizinische und systemische Krise, sondern mittlerweile auch eine psychologische Krise, weil den Menschen eine verlässliche Perspektive fehlt und es ihnen immer schwerer fällt, die Maßnahmen mitzutragen", so Walch. Die Akzeptanz in der Bevölkerung sei aber dringend erforderlich. "Denn Maßnahmen wirken nur dann, wenn sie nicht nur theoretisch angeordnet, sondern auch tatsächlich befolgt werden."

Das gehe aber nur, wenn die Menschen mit erreichbaren Zielen auch eine echte Perspektive bekommen. "Genau hier liegt der Kern des Konzepts: Auf jeden Fortschritt bei den Impfungen folgen klar definierte Öffnungen und Lockerungen. Unser Ziel ist nicht, schneller zu öffnen, sondern verlässlicher zu öffnen", so Walch.



Er hat das Konzept an das Bundesgesundheitsministerium sowie an das Robert Koch-Institut übermittelt und die Bayerische Staatsregierung um Unterstützung seiner Initiative gebeten. Walch betont: "Alle im Konzept genannten Maßnahmen und Zeiträume sind lediglich als Beispiel zu bewerten, wie und wann solche Schritte vollzogen werden könnten. Sie dienen der Anschaulichkeit und haben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Kernelement des Vorschlags ist eine geänderte Systematik, die sich vor allem am Impffortschritt orientiert und ein Commitment des Staates an die Bevölkerung darstellt."

Unterstützung erfährt das Konzept unter anderem von den Landräten Erwin Schneider (Altötting) und Thomas Karmasin (Fürstenfeldbruck). Schneider erklärte: "Die Impfungen sind der wichtigste Schritt zurück zur Normalität für uns alle. Öffnungsperspektiven vom Impffortschritt und nicht alleine von Inzidenzen abhängig zu machen, ist aus meiner Sicht der ausdrücklich richtige Weg." Auch Karmasin, zugleich Vorsitzender des Bezirksverbands der oberbayerischen Landräte, stellt sich grundsätzlich hinter den Vorschlag aus Traunstein: "Wir müssen vom Jo-Jo-Effekt der Inzidenzen wegkommen, indem wir alle Kraft ins Impfen stecken. Ich finde es gut, dass wir in die Gefährdungsbeurteilung den Impfstatus der betroffenen Bevölkerung einfließen lassen."

Öffnungssystematik mit einer verlässlichen Perspektive nötig

Nach Überzeugung von Walch hat sich die Strategie der Vorsicht und Umsicht bei der Bewältigung der Corona-Pandemie bewährt. Sie bleibe die entscheidende Richtschnur: "Die Bürger in unserem Land tragen die notwendigen Corona-Maßnahmen seit einem Jahr beeindruckend mit und zeigen dabei einen herausragenden Zusammenhalt. Jetzt gilt es, diesen Zusammenhalt in der entscheidenden Phase der Pandemie-Bewältigung zu bewahren. Eine Öffnungssystematik mit einer verlässlichen Perspektive kann hierzu einen wichtigen Beitrag leisten."

Die Verfügbarkeit von Impfstoffen verbessere sich zunehmend: "Spätestens ab April erwarten wir einen deutlichen Anstieg der gelieferten Impfstoffmengen. Und mit der Zulassung von Selbsttests steht eine neue Brückenmaßnahme zur Verfügung, mit der die Öffnungs- und Lockerungsschritte wirksam begleitet werden können", so Walch. Bereits die Impfung in Alten- und Pflegeheimen habe die Zahl schwerer Krankheitsverläufe und behandlungsbedürftiger Patienten spürbar gesenkt. Mit der Impfung jeder weiteren Risikogruppe werde sich diese positive Entwicklung verstärken. Der Personenkreis, der nicht geimpft werden kann, soll besondere Unterstützung durch die Krankenkassen und die öffentliche Hand erfahren.

Die Bürger sollen den Impffortschritt laufend mitverfolgen können. Dabei wird ein permanenter Soll-Ist-Vergleich mit den Zahlen der Personen veröffentlicht, die in den jeweiligen Priorisierungsgruppen registriert und erfolgreich geimpft sind. "Die Bürger sehen also, wie sehr man sich dem nächsten Impffortschritt und damit den nächsten Öffnungen nähert. Dieser Weg schafft gleichermaßen einen Ansporn für die Bevölkerung und ein Commitment des Staates", ist Walch überzeugt.

Durchschnittliche Impfleistung als Basis des Plans

Mit jeder Öffnung könnten die Infektionszahlen wieder steigen. Deshalb müssten alle Öffnungen und Lockerungen von Brückenmaßnahmen begleitet werden, etwa spezifischen Hygienekonzepten für einzelne Bereiche wie Schulen, Gastronomie, Einzelhandel oder Veranstaltungen, das Tragen von FFP2-Masken und vor allem die erwähnte umfassende Teststrategie. Die Kreisverwaltungsbehörden sollen zudem Eingriffsmöglichkeiten erhalten, um auf spezifische Infektionscluster vor Ort schnell und wirksam reagieren zu können. Liegt die Inzidenz über 200, muss die Behörde geeignete Maßnahmen ergreifen.

Dem Plan liegt eine durchschnittliche Impfleistung am Beispiel des Landkreises Traunstein zugrunde. "Mit der aktuellen Struktur – bestehend aus Impfzentrum und mobilen Teams – sind wir bereits jetzt in der Lage, 2400 Impfungen pro Tag zu vollziehen", berichtete Walch. Unter Einbeziehung der Hausärzte könne die Impfleistung noch einmal deutlich erhöht werden. Voraussetzung für das Erreichen der Leistung sei selbstverständlich die Verfügbarkeit des Impfstoffs. Zudem habe man angenommen, dass Anzahl und Struktur der Priorisierungsgruppen nicht wesentlich verändert werden und sämtliche Impfungen in einer zentralen Softwarelösung erfasst werden.


FÜNF SCHRITTE AUS DER PANDEMIE

Erster Schritt: 70 Prozent der Menschen in der Priorisierungsgruppe 1 sind vollständig geimpft. Dieses Ziel soll bis zum 15. April 2021 erreicht werden. Damit werden folgende Öffnungen und Lockerungen möglich: Alle Schulen und Kindertageseinrichtungen öffnen mit Rahmenhygienekonzepten. Der Einzelhandel öffnet. Dabei gilt eine Begrenzung von einem Kunden pro 20 Quadratmetern und eine FFP 2-Maskenpflicht. Eine vorherige Anmeldung ist nicht mehr erforderlich. Gastronomische Betriebe öffnen ihre Außenbereiche. Voraussetzung sind vorherige Terminvereinbarungen und tagesaktuelle negative Selbsttests der Gäste, wenn sich zwei Hausstände treffen. Treffen mit einem weiteren Hausstand sind ohne weitere Begrenzungen (Personenzahl) möglich.

Zweiter Schritt: 70 Prozent der Menschen in der Priorisierungsgruppe 2 sind vollständig geimpft. Dieses Ziel soll bis zum 1. Mai 2021 erreicht werden. Damit werden folgende Öffnungen und Lockerungen möglich: Der Einzelhandel öffnet ohne jede Flächenbegrenzung. Die FFP2-Maskenpflicht bleibt bestehen. Gastronomische Betriebe öffnen ihre Innenbereiche. Voraussetzung sind vorherige Terminvereinbarungen und tagesaktuelle negative Selbsttests der Gäste, wenn sich mehrere Hausstände treffen. Kultur- und Freizeiteinrichtungen öffnen. Voraussetzung sind hier im besonderen grundlegende Hygienekonzepte der Einrichtungen, vorherige Terminvereinbarungen und tagesaktuelle negative Selbsttests der Besucher. Hotels und Beherbergungsbetriebe öffnen mit grundlegenden Hygienekonzepten. Treffen mit drei weiteren Hausständen sind ohne weitere Begrenzungen (Personenzahl) möglich.

Dritter Schritt: 70 Prozent der Menschen in der Priorisierungsgruppe 3 sind vollständig geimpft. Dieses Ziel soll bis zum 1. Juni 2021 erreicht werden. Damit werden folgende Öffnungen und Lockerungen möglich: Veranstaltungen mit bis zu 100 Personen sind wieder möglich. Voraussetzung sind unter anderem umfassende Hygienekonzepte der Veranstalter. Sämtliche Kontaktbeschränkungen entfallen.

Vierter Schritt: Für 70 Prozent der Gesamtbevölkerung steht ein Impfangebot zur Verfügung (Herdenimmunität erreicht). Dieses Ziel soll bis zum 1. Juli 2021 erreicht werden. Dann enden flächendeckende Beschränkungen. Eingriffsmöglichkeiten für die Kreisverwaltungsbehörden bleiben örtlich bestehen.

Fünfter Schritt: Für die gesamte Bevölkerung steht ein Impfangebot zur Verfügung. Dieses Ziel soll bis zum 1. September 2021 erreicht werden. Die Eingriffsmöglichkeiten der Kreisverwaltungsbehörden werden auf das Normalmaß zurückgefahren. Der Weg aus der Pandemie ist geschafft.