Kritik an Verschärfung im Regionalplan
"Neuhaus braucht Entwicklungsperspektive"

06.05.2022 | Stand 20.09.2023, 6:53 Uhr
Mirja-Leena Zauner

In Neuhaus am Inn lebt man mit dem Wasser und also auch mit Hochwasserereignissen, hier der Blick von der Alten Innbrücke auf die Innlände mit einem der Wahrzeichen, der Maria-Ward-Realschule. −Foto: Zauner

Der Gemeinderat von Neuhaus am Inn (Landkreis Passau) hat zuletzt einstimmig eine Stellungnahme zum Entwurf der Fortschreibung des Regionalplanes im Bereich Wasserwirtschaft beschlossen. Darin wird eine Rücknahme der angedachten Verschärfung gefordert.

Diese widerspreche der Zielsetzung des Wasserhaushaltsgesetzes. Neuhaus wolle sich eine Entwicklungsperspektive erhalten und nicht nur "Flutpolder für die Unterlieger" sein, so Bürgermeister Stephan Dorn im Nachgang zur Sitzung.

Zum Hintergrund: Neuhaus am Inn ist zu mehr als zwei Dritteln festgesetztes Überschwemmungsgebiet. Damit sind grundsätzlich jegliche baulichen Maßnahmen ausgeschlossen. Dazu zählen nicht nur Wohngebäude, sondern zum Beispiel auch Stellplätze. In begründeten Ausnahmefällen könne nach dem Wasserhaushaltsgesetz etwas umgesetzt werden, wenn spezielle Auflagen erfüllt werden und keinerlei Gefahr von der Maßnahme ausgehe.

Bürgermeister: "Gesetzliche Vorgaben oft ein Hemmschuh"

Bürgermeister Stephan Dorn: "Bereits die jetzigen gesetzlichen Vorgaben sind für die Gemeinde Neuhaus oft ein Hemmschuh. Manches ist auch der Bevölkerung schwer erklärbar." Während zum Beispiel in Schärding im Hochwasserfall 800000 Kubikmeter Wasser durch mobile Wände abgehalten werden dürften, müsse in Neuhaus bereits ein Kubikmeter Retentionsverlust ausgeglichen werden. So etwa, wenn ein Leseschrank aufgestellt werde. Laut Bürgermeister gehe es keinesfalls darum, eine Gefährdungslage zu schaffen. Niemand wolle ein Wohnhaus direkt ins Hochwasser des Inns bauen, und niemand wolle sich der Gefahr durch plötzliche Überschwemmungen der Rott infolge von Starkregen aussetzen. Wenn allerdings nach eingehender Prüfung Gefahren abgewogen werden können, müsse die Gemeinde eine Entwicklungsmöglichkeit haben.

Wie Dorn auf Nachfrage weiter erläuterte, habe Neuhaus als eine der am meisten durch Hochwasserereignisse betroffenen Gemeinden Bayerns das Problem, bei Katastrophen mit in die Haftung genommen zu werden. "In Neuhaus lebt man seit jeher mit Hochwässern. Hinzu kommt, dass man 2013 auf allen Ebenen die Katastrophenkonzepte überarbeitet hat. Im Rathaus von Neuhaus liegen Listen mit Anwesen, deren Eigentümer bei den ersten Hochwasserprognosen informiert werden", sagte der Bürgermeister. Selbst bei den kleineren Ereignissen wie 2020 und 2021 hätten Bauhof, Gemeindeverwaltung und Feuerwehren bereits in der Nacht die notwendigen Schritte zur Schadensvermeidung eingeleitet.

Es drohe eine noch höhere bürokratische Hürde

Nun drohe Neuhaus allerdings eine noch höhere bürokratische Hürde, ohne die Besonderheiten der Gemeinde zu berücksichtigen. Im Entwurf des fortgeschrittenen Regionalplanes soll nämlich die Formulierung zur Bedeutung von Überschwemmungsgebieten weiter verschärft werden. Auch nach Rücksprache mit dem Gemeindetag befürchtet der Bürgermeister, dass man am Ende trotz Einhaltung aller gesetzlichen Vorgaben und trotz verantwortungsbewussten Planens am Ende durch den Regionalplan ausgebremst werde. Von praktischer Bedeutung könne dies zeitnah bei der Neugestaltung der Innlände sein. Der Gemeinderat beschloss einstimmig, in einer Stellungnahme die Rücknahme der angedachten Verschärfung zu fordern.