Landkreis Passau
Neue Therapie: Mit Schockwellen gegen Kalkablagerungen

03.08.2021 | Stand 03.08.2021, 20:57 Uhr

Das neue Equipment: Dr. Boris Ivanov, Ärztlicher Leiter des Herzkatheterlabors in Vilshofen (l.), hält den Griff, der die Druckwellen auslöst. Auf den Griff aufgesteckt wird ein Ballonkatheter, den Peter Seibold, stv. Pflegerischer Abteilungsleiter, hält. Landkreiskliniken

Die Kardiologie an den Kliniken Rotthalmünster und Vilshofen im Landkreis Passau bieten eine neue Therapiemöglichkeit, die es niederbayernweit nur an einer weiteren Klinik gibt.

Seit kurzem werden Patienten mit starken Kalkablagerungen in den Herzkranzgefäßen an den Krankenhäusern Rotthalmünster und Vilshofen mit Hilfe der Intravaskulären Lithotripsie (IVL) behandelt. Die Abteilung Innere Medizin – Abteilung Kardiologie, Herz- und Gefäßerkrankungen der Landkreis Passau Gesundheitseinrichtungen hat damit seit Anfang des Jahres das Leistungsspektrum um eine wichtige Therapieform erweitert, heißt es in einer Pressemitteilung. Niederbayernweit werde die IVL bislang regelhaft nur in Landshut angeboten.

Im Interview informieren die Kardiologen Dr. med. Christian Meyer, Chefarzt der Abteilungen in Rotthalmünster und Vilshofen, sowie Dr. med. univ. Boris Angelov Ivanov, Ärztlicher Leiter des Herzkatheterlabors am Krankenhaus Vilshofen, über die neue Therapie.

Was ist das Neue an dieser Therapiemethode?
Dr. Meyer: Üblicherweise werden Verengungen in den Herzkranzgefäßen in unseren Herzkatheterlaboren mittels Ballons geweitet und diese Stelle dann mit einer Gefäßstütze, einem sogenannten Stent, stabilisiert. Manchmal sind die Verengungen jedoch so hart, dass sie nicht oder nur mit höchstem Risiko geweitet werden können. Danach dann noch über die in großen Brocken vorliegenden Kalkplaques eine angepasste Gefäßstütze zur endgültigen Stabilisierung zu schieben, war und ist häufig schwierig. Diese Fälle treten leider immer häufiger auf, speziell bei Diabetikern und älteren Patienten. In der Regel war in solchen Fällen eine aufwändige Bypass-OP am offenen Herzen mit anschließendem 14-tägigen Krankenhausaufenthalt und mehrwöchiger Reha die einzige Alternative. Jetzt gibt es mit der IVL für viele Patienten eine häufig risikoärmere Alternative. Neben dem Klinikum Landshut-Achdorf sind unsere beiden Standorte in Rotthalmünster und Vilshofen die einzigen Kliniken, die diese Technik in Niederbayern regelhaft einsetzen.

Wie läuft der Eingriff genau ab?
Dr. Ivanov: Bei diesem neuartigen Verfahren wird die Verengung, die durch eine Verkalkung ausgelöst wurde, mittels Druckwellen aufgesprengt. Der Eingriff ähnelt dem einer Herzkranzgefäßerweiterung, der Unterschied ist jedoch, dass die Verengung nicht durch mechanischen Druck eines Ballons gelöst wird, sondern über einen Spezialballon in der Engstelle. Über diesen werden akustische Druckwellen an das verkalkte Gewebe abgegeben. Diese Stoßwellen sorgen für Mikrorisse in den verkalkten Ablagerungen, wobei die nicht betroffenen Gefäßabschnitte und das angrenzende weiche Gewebe im Gegensatz zu den alten Techniken davon unbeeinträchtigt bleiben. Die weichen Strukturen reißen also weniger auf als früher. Man schafft es mit diesem Vorgehen, die Kalkschollen in viele kleine und verschiebbare Elemente zu verändern. Hierdurch wird das Gefäß im verkalkten Segment wieder verformbar und lässt sich anschließend mit konventionellen Ballons und Stents so weiterbehandeln, dass die Gefäßstützen sich der inneren Gefäßwand viel besser anpassen. Durchgeführt wird die IVL ohne Narkose, wobei die Patienten lediglich ein leichtes Ziehen in der Brust spüren. Es wird ein spezieller Ballonkatheter über die Arm- oder Leistenarterie zur verkalkten Herzkranzgefäßengstelle geführt und dieser dann mit geringem Druck aufgepumpt. Nach dem Eingriff werden die Patienten auf die Normalstation verlegt und können meist schon am Folgetag wieder entlassen werden.

− red