Sexismus-Debatte
Nach Passauer Donaulied-Initiative: Stadt im Westerwald erlässt Verbot

08.07.2020 | Stand 20.09.2023, 5:42 Uhr

Corinna Schütz, die 22-jährige Initiatorin der Aktion gegen Bierzelt-Sexismus (AgBS) und Studentin in Passau −Foto: Schulz

Fröhlich schunkelnd im Bierzelt ein Lied grölen, in dem es um eine Vergewaltigung geht? Die Stadt Montabaur im Westerwaldkreis in Rheinland-Pfalz erlässt nach einer Passauer Initiative ein Verbot.

Ein exklusiver Ausschnitt aus dem neuen Video der AgBS



Eine oft in Bierzelten gespielte Fassung des Donauliedes beschreibt die Vergewaltigung eines Mädchens: Das geht heutzutage gar nicht mehr, findet eine Studentin aus Passau. Ihre Online-Petition rauschte durchs Netz. Und sie findet immer mehr Unterstützer: Die Stadt Montabaur im Westerwaldkreis in Rheinland-Pfalz beispielsweise will das Singen des umstrittenen Liedes in Bierzelten künftig verhindern, wie Bürgermeisterin Gabriele Wieland (CDU) mitteilte.

35.000 Menschen unterschrieben Petition

Passaus Oberbürgermeister Jürgen Dupper (SPD) hatte der Gruppe um Initiatorin Corinna Schütz bereits Anfang Juni seine Unterstützung zugesagt. Etwa 35.000 Menschen aus ganz Deutschland hatten bis diese Woche eine Online-Petition, nach der das Donaulied auf Volksfesten in Passau nicht mehr gespielt werden soll, unterzeichnet.

In dem Liedtext heißt es: "Ich machte mich über die Schlafende her, Ohohoholalala, Sie hörte das Rauschen der Donau nicht mehr, Ohohoholalala" oder "Mein Mädchen, mein Mädchen, was regst du dich auf, Ohohoholalala / Für mich war es schön und für dich sicher auch, Ohohoholalala."

Auf ihre Aktion hin bekamen Schütz und ihre Mitstreiter Feedback aus dem ganzen Bundesgebiet - zumeist positiv, wie die Studentin sagt. In Regensburg haben Unterstützer eine "Schwester-Petition" im Internet gestartet, die sich ebenfalls gegen das Lied ausspricht. Das verstünden sie als Auftrag, sich weiterhin gegen Sexismus auf Volksfesten zu engagieren, so Schütz.

Stadträtin aus Montabaur wurde nach Petition aktiv

Eine Stadträtin aus Montabaur nahm die Petition aus Niederbayern zum Anlass, selbst aktiv zu werden, und regte eine Abschaffung des Liedes auf dem dortigen Volksfest an. Montabaurs Bürgermeisterin sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Auf Initiative eines Stadtratsmitglieds haben wir beschlossen, dass wir bei Vertragsabschluss mit Bands vereinbaren, dass sie das Donaulied nicht spielen." Sie gehe davon aus, dass sich die Bands daran halten.

Passaus Oberbürgermeister Dupper schrieb Schütz, mit den örtlichen Festwirten das Gespräch suchen zu wollen, da diese für die Verpflichtung der Bands zuständig seien. Er wolle bis zur Dult, dem großen Fest im Jahr 2021, "eine gute Lösung" zum Donaulied finden. "Ich bin zuversichtlich, dass wir bei gutem Willen aller Beteiligter in Zukunft die Passauer Dulten ohne dieses Lied feiern können."

Bayerns Sozialministerin: "Schon Worte können verletzen"

Aus unterschiedlichsten Parteien hätten sie in den vergangenen Wochen Zuspruch bekommen, sagte Schütz. Auch Bayerns Sozialministerin Carolina Trautner (CSU) meldete sich zwischenzeitlich zu Wort: "Unsere Gesellschaft darf Gewalt, egal in welcher Form, nicht bagatellisieren oder verharmlosen - auch nicht in unserer Sprache." Mädchen und Frauen müssten es sich nicht gefallen lassen oder schweigen, wenn sie sich belästigt fühlen. "Schon Worte können verletzen. Da hört für mich der Spaß auf", sagte Trautner.

Allerdings erntete die Passauer Gruppe auch Spott, Beleidigungen und Kritik, nach dem Motto - das Lied sei nicht so schlimm und schließlich nicht ernst gemeint. Einige Verfechter des Donauliedes initiierten im Internet eine Gegen-Petition, die bislang fast 5500 Unterzeichner fand.

Selbst Mord- und Vergewaltigungsandrohungen bekam Schütz nach eigener Aussage. Zudem habe sie gehört, dass sich in letzter Zeit mehrfach junge Leute zum Feiern an der Donau in Passau getroffen und dabei das Donaulied gegrölt hätten, sagt sie. "Aber das überrascht mich nicht."

− dpa