Nach 51 Jahren in Altötting: Sr. Avita nimmt Abschied

Die langjährige Leiterin der Maria-Ward-Schulchöre lebt künftig im ordenseigenen Pflegeheim in Simbach

03.07.2021 | Stand 03.07.2021, 4:00 Uhr

In der Altöttinger Institutskirche der Congregatio Jesu hat Schwester Avita jahrzehntelang musikalisch als Organistin und Kantorin gewirkt. Nun verlässt die 81-Jährige Altötting und zieht ins ordenseigene Pflegeheim nach Simbach. −Foto: Schwarz

Altötting. Es fällt ihr nicht leicht, aber sie fügt sich der Entscheidung ihrer Ordensgemeinschaft, der Congregatio Jesu: Schwester Avita Bichlmaier verlässt nach 51 Jahren das Altöttinger Kloster und übersiedelt in das Alten- und Pflegeheim des Ordens in Simbach-Marienhöhe. "Mit ihr geht ein gutes Stück Altötting", kommentiert Altbürgermeister Herbert Hofauer, der ein langes Stück des Weges mit Schwester Avita gegangen ist, diesen Schritt.

Als Pfarrgemeinderatsvorsitzender der Stadtpfarrei St. Philippus und Jakobus und später als Bürgermeister hat Hofauer miterlebt, in welch hohem Maß die Ordensschwester das kirchliche und kulturelle Leben Altöttings geprägt hat. Zahlreiche Gottesdienste und viele Anlässe gestaltete Sr. Avita mit ihren Chören der Maria-Ward-Schulen. So begleitete sie mit ihrem Chor die Stadtoberen auch auf Reisen nach Prag, Tschenstochau, nach Israel und zur Papstaudienz nach Rom. Die Stadt dankte ihr das kulturelle Engagement mit der Verleihung der Ehrenbrosche in Gold.

Durch ihre Auftritte mit den Chören machte die Ordensschwester die Stadt Altötting weit über die Grenzen Bayerns hinaus bekannt. Noch heute spielt der Bayerische Rundfunk an hohen kirchlichen Feiertagen oder zu bestimmten Anlässen die mit Sr. Avita und ihren Chören aufgenommenen Choräle und Lieder. Auf diese Aufnahmen in den BR-Studios ist die Ordensfrau auch bis heute ganz besonders stolz, denn die verantwortlichen Fachleute dort waren tief beeindruckt vom Können und vor allem auch von der Disziplin ihrer Schulchöre. So erinnert sie sich daran, dass sie einmal mit ihrem Chor zwölf Stücke einstudiert hatte, der BR-Aufnahmeleiter ihr aber fast mitleidig zu verstehen gab, dass höchstens drei davon aufgenommen würden. "Dann aber kamen wir mit allen zwölf Stücken dran", erzählt sie voller Begeisterung.

Bei ihren Schülerinnen und später auch Chorschülern stand sie ob der abverlangten Disziplin manchmal in der Diskussion, war aber letztlich hochgeschätzt. Eine ihrer Ehemaligen findet, "dass man durch die Chorarbeit sehr viel lernte, auch für das spätere Leben". Unvergesslich sind für ihre Ehemaligen – viele von ihnen halten bis heute Kontakt zu ihr – die großen Auftritte bei den Pontifikalämtern in der Basilika, besonders natürlich bei den Besuchen von Papst Johannes Paul II. und Papst Benedikt XVI., bei der Deutschen Bischofskonferenz in Altötting oder bei den Weihnachtsfeiern der CSU-Landtagsfraktion mit dem damaligen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß in München. "Jedem einzelnen Chormitglied hat Papst Johannes Paul II. die Hand geschüttelt", erzählt sie voller Stolz von der Teilnahme ihres Chors an einer Audienz in Castelgandolfo. Für diesen Auftritt hatte sie mit ihrem Chor extra drei Lieder in polnischer Sprache einstudiert, und der Papst habe ihr anschließend ganz gerührt versichert: "Sie haben sehr schön gesungen, ich habe jedes Wort verstanden."

Und auch im Gedächtnis seines Nachfolgers hat sich der Name der Altöttinger Chorleiterin eingeprägt. "Wir kennen uns schon länger", habe der spätere Papst Benedikt dem Passauer Bischof versichert, als ihm dieser bei einer Begegnung im Kloster Mattsee Sr. Avita vorstellen wollte.

Bis 2015 gestaltete sie einmal monatlich die Sonntagsgottesdienste im BRK-Seniorenheim. Auch sang sie dort mit ihrem Chor zur Christmette und bereitete im Anschluss daran allen Altöttingern eine große Freude, wenn sie auf dem Michaelifriedhof mit Weihnachtsliedern auf den Hl. Abend einstimmte.

Im Stadtbild Altöttings sieht man Sr. Avita derzeit mit dem Rollator auf dem Weg zur Gnadenkapelle, wo sie täglich den Rosenkranz betet und anschließend die Priestergruft in der Stiftskirche besucht, um dort für den ehemaligen Altöttinger Stadtpfarrer Prälat Absmeier zu beten, mit dem sie eine gute Freundschaft verband. Diese Freundschaft besteht bis heute noch mit dessen Sekretärin Elisabeth Beck. Diese ist wie viele Altöttinger Bürgerinnen und Bürger traurig über den Weggang Sr. Avitas. Viele von ihnen fragen sich, ob denn die Versetzung der 81-jährigen Ordensfrau, die 51 Jahre ihres Lebens in Altötting verbracht hat, sozusagen die Verpflanzung eines alten Baumes, wirklich sein muss.

"Wir wissen, dass Schwester Avita zu Altötting gehört, und wir werden sie hier in unserer Ordensgemeinschaft ebenso wie die Altöttinger sehr vermissen. Aber wir mussten bei unserer Entscheidung nicht bedenken, wie es uns damit geht, sondern wie es Schwester Avita geht und was für sie das Beste ist", sagt Oberin Sr. Maria Obermaier. "Mit 51 Jahren in Altötting war sie fast ein ganzes Ordensleben hier", so die Oberin, "aber sie hat jetzt auch das Recht darauf, alt zu sein und sich helfen zu lassen." Das könne so ein modernes und mit Fachkräften ausgerüstetes Haus, wie es der Orden in Simbach betreibe, viel besser leisten als ein Kloster in Altötting, in dem nur noch 20 Ordensschwestern leben, von denen 16 über 80 Jahre alt sind. Auch sei die einzige Krankenschwester über 80, und die Krankenstation längst aufgegeben, antwortet die Oberin auf die Frage, ob denn in Altötting keine Krankenstation mehr gebe: "Die Ordensgemeinschaft und die Ordensleitung haben sich die Entscheidung nicht leicht gemacht." Davon zeuge auch der Besuch der Provinzoberin, die eigens aus München angereist sei, um mit Sr. Avita über den bevorstehenden Wechsel vom Altöttinger Kloster in die Simbacher Niederlassung der Maria-Ward-Schwestern zu sprechen. "Und ihre Fähigkeiten und ihre Leistungen sind doch nach ihrem Weggang aus Altötting nicht vergessen", ergänzt Sr. Sidonia Eberl, die Stellvertreterin der Oberin.

Das sieht Altbürgermeister Herbert Hofauer genauso und ist sich sicher, dass Sr. Avita an ihrem künftigen Wohnsitz auch oft besucht wird. "Simbach ist schließlich nicht aus der Welt", sagt er. "Schwester Avita war ein Mensch, der nicht nur viel Kultur, sondern auch viel Freundschaft geben konnte und auch Geselligkeit mochte", so die Erfahrung des Altbürgermeisters. Auch weiß er, dass sie viel und oft für ihre Mitmenschen betet. Und Schwester Avita bestätigt, dass sie das Gebet für die Menschen, die sie in den unterschiedlichsten Anliegen darum bitten, sehr gerne pflegt. Die Bitten reichten von der Genesung für das Kälbchen mit dem gebrochenen Bein über die Hilfe von oben bei schwersten Krebsleiden oder um Harmonie in Ehe und Familie, erzählt sie.

Wie ergeht es dem "guten Stück Altötting" nun kurz vor der "Verpflanzung"? "Es ist sicher kein leichter Abschied nach 51 Jahren, aber ich bin mir sicher, dass ich in unserem Simbacher Pflegeheim Hilfe erhalte, wenn ich welche benötige", sagt Sr. Avita und etwas Traurigkeit schwingt in der Stimme mit. Und dann fügt sie noch an: "Bei meinem Eintritt ins Kloster habe ich Gehorsam gelobt. Also habe ich es doch dem lieben Gott versprochen."

− mv