Thomas Bauer als Berater
Münchner Heizkraftwerk wird "Bergson Kunstkraftwerk"

09.04.2021 | Stand 21.09.2023, 6:40 Uhr

Die historische Backsteinfassade des Heizkraftwerks in München-Aubing bleibt erhalten nach den Plänen des Architekturbüros Stenger2. Innen entsteht ein Ort der Künste. Links nebenan soll ein Neubau samt Konzertsaal für 400 Besucher entstehen. −Foto: Stenger2 Architekten

Bayern war berauscht von sich als Kulturstaat, die Metropolen sollten als Konzertstandorte endlich international konkurrenzfähig werden: Bis der Gasteig samt Philharmonie und Carl-Orff-Saal (laut Plan bis 2026) saniert sind, entsteht in Sendling die Interims-Philharmonie als Heimat für die Münchner Philharmoniker. Das BR-Symphonieorchester soll nach jahrzehntelangem Kampf ein Konzerthaus im Werksviertel am Ostbahnhof bekommen, und weil wir grad dabei sind, planen wir auch in Nürnberg einen hochklassigen Konzertsaal. Doch die Pandemie und ihre Kosten wirken wie ein Erbeben: Der neue Gasteig in Sendling öffnet am 8. Oktober, doch das Konzerthaus im Werksviertel wackelt, der Nürnberger Saal ist bereits beerdigt.

"Ich persönlich kann mir nicht vorstellen, dass der Konzertsaal im Werksviertel kommt", sagt Thomas Bauer, international tätiger Bariton und Leiter des Konzerthauses in Blaibach im Bayerischen Wald. Stattdessen fungiert Bauer als künstlerischer Berater für ein ganz anderes, neues Kulturzentrum in der Landeshauptstadt: Am ehemaligen Aubinger Heizkraftwerk – ein 1940 bis 1942 entstandener Backstein-Werksbau – haben die Bauarbeiten begonnen für das künftige "Bergson Kunstkraftwerk". Der kubische Bau mit Industriecharme war in den 90ern ein Ort der Techno-Kultur, zuletzt diente er als illegaler Jugendtreff, Fotografen entdeckten den Gaffiti-überzogenen Raum als "Lost-Places"-Motiv.

2005 kauften die Brüder Michael und Christian Amberger das Gebäude samt 20000 Quadratmetern Außengrund, ursprünglich, um dort die Zentrale ihres Unternehmens, der Allguth-Tankstellen, einzurichten. Sie fanden ein alternatives Firmengelände in Gräfelfing, das Heizkraftwerk war frei für neue Ideen.

Benannt nach der nahen Berg-sonstraße und nach dem französischen Literaturnpobelreisträger Henri-Louis Bergson, wächst dort bereits das "Bergson Kunstkraftwerk". Laut Thomas Bauer liegen die Baugenehmigungen vor, im Oktober 2023 soll das komplette Zentrum eröffnet werden. Das Gebäude sei bereits entkernt, die Außenfassade bleibt erhalten, ebenso die Graffiti im Inneren, auch die geschützte Mopsfledermaus soll ihren Wohnraum im Heizkraftwerk behalten dürfen.

Die kunstaffinen Unternehmer hatten das von Thomas Bauer initiierte und geleitete Konzerthaus Blaibach besucht, waren begeistert und entwickelten mit dem Kulturmanager das Konzept: Im spektakulären Innenraum wird es mehrere Bühnen geben, "dort kann man eine Brucknersinfonie spielen oder eine Sessionshow", sagt Bauer. In den Katakomben soll ein Jazzclub entstehen, in den oberen Etagen eine Kunstgalerie und ein Salon, draußen ein Biergarten.

In einem zweiten Schritt entsteht laut Bauer ein bereits genehmigter Neubau direkt nebenan, in dem ein Konzertsaal für Kammermusik mit 400 Sitzplätzen enthalten sein soll. In einem dritten Bauabschnitt sollen Studios für die freie Szene und Büros für die Verwaltung entstehen.

Einen hohen zweistelligen Millionenbetrag investieren die Ambergers laut Bauer in das private Projekt. Als Konkurrenz zu anderen Institutionen sieht Bauer sein Projekt freilich nicht. Sondern als "Motor für die Stadtentwicklung im Münchner Westen."

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Raimund Meisenberger