Album "Morgenland"
Letzte Instanz gibt eine Antwort auf den Nationalismus

02.03.2018 | Stand 22.09.2023, 0:24 Uhr

In Astronautenkluft zeigt sich die Letzte Instanz auf den "Morgenland"-Bildern. − Foto: Andraj Sonnenkalb

Intuitiv macht man sich auf was gefasst, wenn Neuigkeiten mit der Ortsmarke Dresden beginnen. So ging es zuletzt um ein migrationsfeindliches Bündnis von AfD und Pegida. Schon eine deutliche Ansage, wenn eine Band mit Dresdner Wurzeln ihr neues Album ausgerechnet "Morgenland" nennt – und das nicht halb so vordergründig ist, wie es scheinen mag.

Die Band heißt Letzte Instanz, debütierte 2004 mit dem programmatisch zu verstehenden Albumtitel "Brachialromantik" und erreichte 2016 mit "Liebe im Krieg" Platz vier in den deutschen Albumcharts. Mit "Morgenland" erhebt die Letzte Instanz eine politische Gegenstimme, in mehreren Songs gibt die Band eine eine starke Antwort auf die Verlockungen des Nationalismus. Vielleicht hört das eine Rockband nicht so gern, wahr ist es trotzdem: Hier nehmen fünf Musiker sozusagen ihre staatsbürgerliche Verantwortung wahr.

Zur Rockbesetzung mit Gesang (Holly Loose), Drums (Andy Horst), Bass (Michael Ende) und Gitarre (Bernie Geef) kommen die Klassikinstrumente Geige (Rico Schwibs) und Cello (Benni Cellini) – was dem kraftvoll verzerrten Gitarrensound einige Eleganz verleiht.

Der wichtigste Song des Albums, "Mein Land", klingt nach Patriotismus und überrascht dann gleich mehrfach: Über der akustischen Gitarre hebt ein Trauergesang an auf ein Land, wo sie wieder marschieren, wo wieder falsche Fahnen wehen, wo gebrüllt, gelogen, gehetzt und manipuliert wird. In die Trauer darüber bricht in der Mitte des Songs der zentrale Satz hinein: "Es ist nicht ihr Land, sie haben kein Recht dazu, es zu zerstör’n". Danach ein Refrain in sprach- und gesangloser Wut. Hier holt sich eine Band den Patriotismus von den Rechten zurück – als Liebe zu einem Land, das nicht ausgrenzt, das einmal offener war für verschiedenste Meinungen, Ideen und Menschen. Im Refrain heißt es: "Mein Land geb ich nicht aus der Hand. Ich fühle, wie es weint. Wo ist das Land, das wir einmal gekannt. Der Frieden, den ich meine, ist abgebrannt."

Die Pointe des Albums aber ist der Song "Morgenland" selbst. Es ist eben keine Huldigung eines Morgenlands, sondern der Blick in ein Land von morgen. In welchem wollen wir leben? Die Letzte Instanz muss sich nicht vorwerfen lassen, dazu geschwiegen zu haben.

AFM Records, Artepublica, digital ab ca. 10 Euro, Limited Edition mit Bonustracks "Armageddon" und "Children" ca. 18 Euro

Live am 15. März im Nürnberger Hirsch, am 6. April im Münchner Backstage