BGL/Freilassing
"Leide auch seelisch": Selbsthilfegruppe "Reizdarm" geplant

"Spaziergang mit..." Kathrin Favreau – Sie sucht nach Betroffenen zum gegenseitigen Austausch

23.05.2021 | Stand 21.09.2023, 6:45 Uhr

Kathrin Favreau aus Berchtesgaden leidet seit acht Jahren selbst am Reizdarmsyndrom und sucht nun andere Betroffene. −Foto: Franz Eder

Ob Bauchkrämpfe, Blähungen, Durchfall oder Verstopfung – die Symptome des Reizdarmsyndroms sind fast so vielfältig wie die Menschen, die darunter leiden. Und dennoch ist die Krankheit nur wenigen ein Begriff, weil viele Betroffene naturgemäß nur ungern darüber sprechen. Nicht zuletzt aus diesem Grund initiiert die Berchtesgadenerin Kathrin Favreau nun eine Selbsthilfegruppe für den Landkreis, die sich am 9. Juni zum ersten Mal in Freilassing trifft. Im Rahmen unserer "Spaziergangs-Serie" spricht die 56-Jährige über ihre Krankheit und die Intention.

Hallo Frau Favreau, Sie haben sich bei der Heimatzeitung gemeldet, weil Sie eine Selbsthilfegruppe zum Thema "Reizdarm" gründen möchten. Was kann man sich darunter vorstellen?
Kathrin Favreau: Das Reizdarmsyndrom ist eine diagnostizierte Krankheit, die viele unterschiedliche Symptome auslösen kann: Von Bauchkrämpfen über Blähungen bis zu Durchfall oder Verstopfung – um nur ein paar Beispiele zu nennen. Die Betroffenen leiden unter diesen Schmerzen wirklich sehr.

Ich nehme an, Sie wissen, wovon Sie sprechen.
Favreau: Ja, bei mir ist es vor mittlerweile acht Jahren zum ersten Mal aufgetreten. Die Schmerzen sind dann so häufig gekommen, dass ich richtig darunter gelitten habe. Also bin ich von Arzt zu Arzt gerannt und habe alles Mögliche untersuchen lassen, bis ich dann die Diagnose erhalten habe.

Was kann man dagegen tun?
Favreau: Nachdem ich wusste, was mir fehlt, bin ich gleich sehr aktiv geworden und habe viele Dinge versucht. Ich habe meine Ernährung umgestellt und gewisse Dinge weggelassen, habe diverse Tees ausprobiert, Atemtechniken und Meditation versucht und sogar Reizdarmyoga gemacht, um den Bauch zu entspannen. Außerdem nehme ich pflanzliche Mittel, weil es, ehrlich gesagt, nur sehr wenig Schulmedizinisches dafür gibt.

Und hat es geholfen?
Favreau: Ich hatte schon Erfolge, die meine Beschwerden gelindert haben. Ingesamt ist es in jedem Fall besser geworden als vor ein paar Jahren, aber es kommt immer wieder und eine wirkliche Heilung scheint es nicht zu geben.

Inwieweit beeinträchtigt Sie das in Ihrem Alltag?
Favreau: Ich bin zwar nicht mehr berufstätig, da ich bereits vorher eine Rheuma-Erkrankung hatte. Aber es beeinträchtigt mich schon sehr, weil es so unregelmäßig kommt. Oft merkt man wochenlang nichts, aber dann äußern sich die Symptome – zum Beispiel stressbedingt – wieder extrem stark. Da ist es fast unmöglich, irgendetwas zu unternehmen. Letztens habe ich mich mit einer Freundin getroffen, da sind die Darmkrämpfe und Blähungen so stark geworden, dass ich meine Hose nicht mehr zu bekommen habe. Deshalb geht man zu vielen Verabredungen gleich gar nicht erst hin. Darunter leidet man dann nicht nur körperlich, sondern auch seelisch – vor allem, weil man ja auch nur ungern darüber spricht.

Ist das auch eine Intention, die Selbsthilfe zu gründen?
Favreau: Ja, es geht mir um einen Austausch zwischen Betroffenen, die die selben Probleme haben und wissen, wovon man spricht. Denn ich denke, man kann sich sehr gut ergänzen und voneinander lernen – zum Beispiel, was anderen geholfen hat und was man vielleicht auch selbst noch versuchen kann. Ich selbst beschäftige mich über Bücher oder Online-Seminare zum Beispiel sehr viel mit veganer Ernährung, darüber, wie Pflanzenfasern den Darm stärken, und wie entscheidend die Darmflora ist.

Man muss aber noch kein solcher Experte auf dem Gebiet sein.
Favreau: Ganz und gar nicht. Es soll ein kostenloses Angebot für alle Landkreisbürger jeden Alters sein, bei dem man auf Augenhöhe spricht. Dafür ist auch keine Anmeldung nötig, deshalb lasse ich mich am 9. Juni selbst überraschen, wer kommt. Das erste Treffen soll nun erst einmal dazu da sein, sich kennenzulernen und Kontakte zu anderen Betroffenen zu knüpfen, mit denen man sich vielleicht auch außerhalb der Reihe treffen und austauschen kann.

Es spazierte Franz Eder.

DIE TREFFEN:

Die Gruppe "Reizdarm-Treff" trifft sich zum ersten Mal am Mittwoch, 9. Juni, um 16 Uhr in der Selbsthilfekontaktstelle an der Reichenberger Straße 1. Danach finden die Treffen jeden 2. und 4. Mittwoch im Monat jeweils um 16 Uhr statt. Informationen gibt es in der Selbsthilfekontaktstelle unter ✆08654/ 7704473 oder per E-Mail an reizdarm-treff-bgl@web.de.

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