"Leib und Seele wollen betreut sein"

23.11.2019 | Stand 19.09.2023, 22:17 Uhr

Baum, Hütte, Dom: Evi Streifinger und Samuel Ott betreiben am Christkindlmarkt die Schmankerlhütte (r.) und den Holzkohlengrill. Sie sprechen für alle Standbetreiber, sagen sie, mit ihrer Aussage: "Freilich schaut jeder auf sein Geschäft, aber insgesamt sind wir wie eine Familie." Streifinger und Ott feiern heuer ein Jubiläum, sie sind seit 20 Jahren am Christkindlmarkt vertreten. −Foto: Jäger

PNP: ,Essen und Trinken gehen immer – auf jedem Fest‘, sagt man. Ist der Passauer Christkindlmarkt auch eine Goldgrube für Imbiss-Stände?
Samuel Ott: Für jeden soll das Notwendige da sein, Leib und Seele wollen ja auch betreut werden. Es geht beim Christkindlmarkt nicht nur um den Einkauf von Geschenken, der Hunger und der Durst kommen automatisch, egal bei welcher Veranstaltung.

Evi Streifinger: Man stelle sich vor, dass die Leute heimgehen vom Christkindlmarkt und sagen: "Oh mei, wir haben nicht mal was zu essen und zu trinken gekriegt..." (lacht).

Es geht eigentlich ums Treffen, ums gemütliche Beieinandersein, um die Stimmung natürlich auch.

Neben dem Holzkohlegrill gibt es die leere Hütte als Unterstand für die Gäste. Ist das nicht verschwendeter Verkaufsraum?
Samuel Ott: Wie gesagt, es geht nicht nur um den Verkauf. Wenn‘s mal regnet oder schneit, dann kann man sich da unterstellen und trotzdem einen Glühwein trinken oder eine Bratwurst essen.
Mehr Tagesumsatz am Domplatz als auf der Maidult

Wo ist denn der Umsatz besser: Maidult oder Christkindlmarkt?
Das kann man schlecht vergleichen, die Maidult dauert zehn Tage und der Christkindlmarkt einen ganzen Monat.

Aber wenn man die starken Tage nimmt – Samstag oder Sonntag, das ist doch vergleichbar, oder?
Ja, ich denke mal, da ist der Christkindlmarkt schon stärker.

Wie schaut denn die Besucher-Struktur aus, ist die vergleichbar?
Evi Streifinger: Hier am Christkindlmarkt hat man viele auswärtige Besucher, das ist auf der Dult nicht so. Die Kreuzfahrtschiffe bringen viele Amerikaner, Asiaten... Man hört am Wochenende auch viel Tschechisch – das Einzugsgebiet ist einfach viel größer. Die Christkindlmärkte im Allgemeinen entwickeln sich ja immer mehr zu einem Hype; auch von Bussen wird man ja angefahren.

Jeder sucht in dieser hektischen Zeit ja eigentlich die Besinnlichkeit und die kriegt man halt einfach in der Adventszeit.

Der Holzkohlegrill ist bekannt für die ,Domfackel‘. Gibt es die unter anderem Namen auch auf anderen Festen?
Evi Streifinger: Nein, die ist speziell nur für hier gemacht. Es wird zwar immer wieder gefragt, ob wir das auch woanders machen wollen. Aber das machen wir nicht, man soll sich jedes Jahr wieder darauf freuen, wie aufs Christkind (lacht).

Samuel Ott: Ich kann mir vorstellen, dass es anderswo auch irgendwelche Fleischspieße gibt in ähnlicher Form. Aber auf Dulten, speziell in Passau, gibt es sie nicht mehr.

Und wie wurde sie entwickelt?
Evi Streifinger: Das ist immer ganz witzig. Man macht sich was aus und fragt sich, was könnte man denn machen? Und dann trifft man sich, im Freundeskreis oder in der Familie, und dann probiert man was aus. Es kommen dann Vorschläge, wie man das Essen verbessern könnte und letztendlich kommt ein fertiges Produkt raus. Genauso war’s bei unserem Hirtenbrot.

Die Otts sind eine alteingesessene Schausteller-Familie – wie viele Menschen mit diesem Namen arbeiten denn am Christkindlmarkt?
Am Holzkohlegrill und am Schmankerlstand sind wir beide die Inhaber, da bin ich also der einzige Ott, der Rest sind Mitarbeiter. Meine Mama hat aber
LM-Kontrolle überprüft stichprobenartig auch noch selbst einen Stand, da ist meine Schwester schon ein wenig eingestiegen, die schreibt sich ,Wiesner‘ – also geborene Ott. Ja, es ist schon ein wenig generationsübergreifend.

Wie lange läuft das jetzt schon?
Evi Streifinger: Genau 20 Jahre! 1999 haben wir angefangen mit dem Christkindlmarkt. Da haben wir zuerst einen Stand gehabt ganz hinten, aber jetzt sind wir hier recht zentral, ein guter Platz.

Wie hält man eigentlich den ganzen Tag den Rauch aus am Grill?
Samuel Ott: Das fragen wir uns auch oft (lacht). Ja, mei, man gewöhnt sich an alles. Die ersten vier oder fünf Tage ist es schon ein wenig schwierig, aber dann geht‘s schon wieder...

Evi Streifinger: Ich sag‘ immer: ,Da wo‘s raucht, da samma mia!‘

Wieviel Kohle wird an einem intensiven Samstag nachgelegt?
Samuel Ott: Der Tag spielt keine Rolle – ob jetzt viel Geschäft geht oder wenig, das Feuer lodert ja immer. Ich kann ja nicht zu einer Kundschaft sagen, wenn eine Stunde lang keiner da war: ,Warten Sie schnell mal, ich heiz‘ mal den Grill an...‘. Dann ist der entweder verhungert oder er hat sich einen anderen Stand gesucht (lacht).

Wir brauchen ungefähr eineinhalb Paletten Holzkohle auf die vier Wochen.

Ein Tipp für Otto Normal-Griller?
Wir haben nur Buchen-Holzkohle, die hat sich am besten bewährt. Es ist eine bestimmte Marke mit orange-roten Säcken, die raucht wenig, die stinkt nicht, die hält lange an...

Evi Streifinger: Freilich raucht sie auch, wenn das Fett reintropft. Dann bin ich schuld mit meinen Steaks – weil ich einfach Marinade drauf habe und die verbrennt eben ein wenig. Eine Pfanne würde man auswaschen, aber am Grill tropft‘s halt runter...

Samuel Ott: ...aber genau das macht‘s ja auch aus, oder!? Eine Bratwurst raucht ja auch, die hat ja auch einen Fettanteil und liegt auf dem Rost, tropft in die Holzkohle – raucht, logisch.

Evi Streifinger: Und auf den Domfackeln ist Geräuchertes drauf, Zwiebeln lassen Wasser... Da kommt eben der Rauch her.

Kommt die Lebensmittelkontrolle auf den Markt?
Samuel Ott: Ja, stichprobenartig kommt jemand von der Stadt. Die melden sich nicht an, sind aber freundlich und fragen, ob sie reinkommen können und das ist auch kein Problem natürlich.

Was wird kontrolliert?
Die Kühlung, der Boden, der Grill, die Warenlagerung insgesamt...

Braucht man ein Gesundheitszeugnis, oder?
Evi Streifinger: Ja, und Belehrungen für die Mitarbeiter. Da geht‘s drum, dass man sich die Hände wäscht, dass man nicht mit der Schürze zur Toilette geht, dass man daheim bleibt, wenn man spürt, dass man krank wird – und natürlich, wie man ganz allgemein mit Lebensmitteln umgeht.

Sind Sie vom Fach?
Ja, ich bin Köchin. Ich hab‘ sogar ziemlich viel gemacht, ich habe niederbayerische Meisterschaften gekocht, bayerische und auch bei den Europameisterschaften.

Ich komme aus Freyung und hab‘ damals im Säumerhof gelernt bei Gebhard Endl.

Eine harte Schule?
Nein, es hat Spaß gemacht! Das war eine der besten Lehren – wir haben á la minute Nudeln gemacht und Gemüse und so... War schön.

Passau hat den Ruf, mit die höchsten Standgebühren zu verlangen, stimmt das?
Samuel Ott: Wir kommen ziemlich rum und können sagen, dass man schon im oberen Drittel mit dabei ist.

Die qm-Miete ist gestaffelt, Essensstände zahlen mehr als Kunsthandwerk zum Beispiel. Ist das gerecht?
Ja, das passt schon so.

Wie lange dauert die Vorbereitung?
Evi Streifinger: Ich mache die Bestellungen für die Lebensmittel, die Organisation der Mitarbeiter usw. Bei mir geht’s damit Mitte Oktober los.

Gibt es Dinge, die am Christkindlmarkt besser laufen könnten?
Samuel Ott: Nein, ehrlich nicht! Wir machen fast jeden Tag eine Tour und schauen uns andere
"Der Passauer Markt glänzt durch schlichte Eleganz" Christkindlmärkte an, wir sind mal in Salzburg, mal in Nürnberg oder in Regensburg ober Abensberg...

Und die Erkenntnis ist, dass Passau für mich einen der schönsten Christkindlmärkte hat. Der Passauer Markt glänzt durch seine schlichte Eleganz. Der hier ist so ähnlich wie der in Salzburg: Die Kulisse ist top mit dem Dom, die Stände sind top – es ist einfach... schee!

Evi Streifinger: Auch die Zusammenarbeit mit der Stadt klappt reibungslos.

Samuel Ott: Und das ist nicht so selbstverständlich, der Aufwand ist ja nicht ohne. Wir müssen zum Auf- und Abbauen ja gegen die Einbahnstraße fahren. Aber das ist super organisiert, jeder von uns kriegt einen Anruf vom Lindinger Max (stv. Dienststellenleiter "Veranstaltungen" im Rathaus; Anm. d. Red.) und der teilt jedem eine Zeit zu. Er taktet das sehr gut.

Und auch die Zusammenarbeit am Platz untereinander ist sehr gut. Es ist Konkurrenzkampf auf hohem Niveau. Freilich schaut jeder auf sein Geschäft, aber da leiht der eine dem anderen mal einen Stapler oder wenn einem Holzspieße ausgehen, dann kann man sie vom Nachbarn holen und gibt halt am nächsten Tag die gleiche Zahl wieder zurück. Es ist wie eine Familie, man freut sich schon immer auf den nächsten Christkindlmarkt.
Das Interview führte Franz Danninger.