In der Pandemie
Lauterbach fordert Ausgangssperre ab 20 Uhr

27.03.2021 | Stand 21.09.2023, 22:19 Uhr

Karl Lauterbach. −Foto: dpa

Zu wenig Impfstoff, zu wenig Schnelltests - die Kritik am Corona-Management von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ist in den vergangenen Wochen immer lauter geworden.

An diesem Samstag Nachmittag stellt sich Spahn via Internet den Fragen von Bürgern und Bürgerinnen zur Impfsituation, Schnelltests und anderen Themen rund um das Virus.

Der Livestream wird auf der Seite www.zusammengegencorona.de übertragen. Befragt werden können neben Spahn auch der Chef des Robert Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, der Präsident des für Impfstoffe zuständigen Paul Ehrlich-Instituts, Klaus Cichutek, der Präsident des Bundesinstituts für Arzneimittel, Karl Broich sowie der Chef der Ständigen Impfkommission, Thomas Mertens.

Neue Corona-Beratungen gefordert

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach forderte angesichts stark steigender Neuinfektionszahlen zeitnah erneute Corona-Beratungen. "Wir müssen rasch nochmal neu verhandeln", sagte Lauterbach dem "Tagesspiegel" (Samstag). "Ohne einen scharfen Lockdown wird es nicht gehen", betonte er und verteidigte seine Forderung nach bundesweiten Ausgangssperren. "Ausgangsbeschränkungen ab 20 Uhr für zwei Wochen würden wirken - wir haben es in Frankreich, Großbritannien und Portugal gesehen."

"Es wird allgemein im politischen Berlin zu wenig über die Gefahren gesprochen", kritisierte Lauterbach. "Es wird viel zu wenig über die Stärke der dritten Welle gesprochen, welche Altersgruppen das betrifft und wie gefährlich die Mutationen für die mittleren Altersgruppen sind."

Unterstützung von Intensivmedizinern

Unterstützung bei seiner Forderung erhält Lauterbach von Christian Karagiannidis, Präsident der Intensivmediziner-Gesellschaft DGIIN. Auch er fordert angesichts der stark steigenden Infektionszahlen einen harten zweiwöchigen Lockdown und sofortigen Stopp aller geplanten Öffnungsschritte. "Die Beschlüsse für Modellprojekte nach Ostern sind völlig unpassend und müssen von Bund und Ländern sofort zurückgenommen werden", sagte Karagiannidis, der auch wissenschaftlicher Leiter des Divi-Intensivregisters ist, der "Rheinischen Post" (Samstag).

Trotz der seit längerem steigenden Zahlen hatten Bund und Länder auf der Ministerpräsidentenkonferenz zu Beginn der Woche beschlossen, dass die Länder in "ausgewählten Regionen" in "zeitlich befristeten Modellprojekten" einzelne Bereiche des öffentlichen Lebens testweise öffnen dürfen, "mit strengen Schutzmaßnahmen und einem Testkonzept". Mehrere Länder haben angekündigt, gleich mehrere Modellregionen entsprechend zu öffnen. Das Saarland will nach Ostern sogar das ganze Land öffnen - bisher auch ohne eine Befristung.

An der Sicherheit der vielbeschworenen Schnelltests gibt es inzwischen aber Zweifel. "Antigentests sind bei weitem nicht so sicher, wie man glaubt", sagte Lauterbach den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Studien zeigten: "Wenn jemand wirklich asymptomatisch ist, schlägt der Schnelltest in sechs von zehn positiven Fällen an. In vier von zehn Fällen ist der Test negativ."

Temperaturen bei Tests einhalten

Der Virologe Jan Felix Drexler von der Berliner Charité mahnte Nutzer von Antigen-Schnelltests, die vorgeschriebenen Lager- und Umgebungstemperaturen bei der Test-Durchführung einzuhalten. "Selbst zehn Minuten bei 37 Grad reichen aus, damit sie an Sensitivität, also an der Frage, wie viel Virus sie nachweisen können, deutlich verlieren", sagte der Virologe RTL/ntv. Das habe eine Charité-Studie, die Drexler geleitet hat, bewiesen. Besonders an heißen Sommertagen müsse man die Temperaturangaben auf den Beipackzetteln beachten, so Drexler. Andernfalls riskiere man Ansteckungsketten, die hätten verhindert werden können.

Inzwischen sprechen sich auch wieder mehr Menschen für eine Verschärfung als eine Lockerung der Maßnahmen aus, wie das ZDF-Politbarometer ergab. Mehr als ein Drittel (36 Prozent) will sie verschärfen, knapp ein Drittel (31 Prozent) beibehalten und ein Viertel (26 Prozent) lockern.

− dpa