Berchtesgadener Land
Kaniber: "Wir handeln nicht aus Spaß"

Heimische Ministerin richtet Video-Appell an die Bürger – Erhitzte Diskussion in den Kommentaren

25.10.2020 | Stand 20.09.2023, 3:55 Uhr

Staatsministerin Michaela Kaniber hat sich in einem Video zu den einschränkenden Maßnahmen im Berchtesgadener Land geäußert und um Verständnis gebeten. −Screenshot: Kilian Pfeiffer

Staatsministerin Michaela Kaniber hat in einem Video-Beitrag auf Facebook deutlich gemacht, dass die Entscheidung, Hotellerie und Gastgewerbe herunterzufahren, eine der "schwierigsten Entscheidungen" überhaupt gewesen sei. Ihren Unmut äußerte sie zudem darüber, "was zur Zeit in den soziale Medien passiert". Respektlosigkeiten und permanente Vorwürfe bestimmten das Bild. Ebenso rechtfertigte sie die vergangene Woche getroffenen Maßnahmen, die zur Allgemeinverfügung geführt hatten. Die Ministerin aus Bayerisch Gmain hatte die bis zunächst bis 2. November geltenden Maßnahmen gemeinsam mit Landrat Bernhard Kern vorgestellt.

In den sozialen Medien, so Kaniber, buhlten viele "um Meinungsfreiheit", gleichzeitig würden Meinungen oft aber nicht gelten gelassen. "Ich bitte von Herzen darum, kein Schwarzes-Peter-Spiel zu betreiben. Mit dem Finger auf andere zu zeigen, bringt uns nicht weiter", so Kaniber in ihrem Beitrag. Die Bayerisch Gmainerin, die das Video vor herbstlicher Waldkulisse nach einer Krisensitzung im Landratsamt aufgenommen hatte, sagte: "Ich höre immer wieder, dass alle Maßnahmen, die wir ergreifen, nicht richtig sind." Politik bedeute, sich besten Rat von Fachleuten und Medizinern einzuholen. Natürlich handle es sich dabei um eine "Gratwanderung - weil sich Ärzte auch widersprechen". Den "Kompass zu finden und das Beste" rauszuholen, sei das Ziel: "Nicht für uns, sondern für die Gesellschaft."

Sie verwies darauf, jeden Tag Lösungen zu suchen, um die Bevölkerung zu schützen. Ihre Botschaft, die bis Sonntagmittag von 200000 Personen verfolgt worden war, zog Lob und Kritik nach sich, knapp 4000 Kommentare.

Kaniber hat sich dazu entscheiden, Beiträge zuzulassen. In Corona-Zeiten werden Kommentar-Spalten häufig deaktiviert. "Starke Ansprache", hieß es kurz darauf, "Politik ja, aber bitte keine Panik". Etliche Kommentare gingen aber auch unter die Gürtellinie.

Den Montag vergangener Woche, an dem die Staatsministerin gemeinsam mit Landrat Bernhard Kern und Regierungspräsidentin Maria Els über die Maßnahmen für das Berchtesgadener Land diskutiert hatte, habe sie sich nicht leicht gemacht, versicherte die dreifache Mutter: "Keiner von uns wollte einen Lockdown, der im Übrigen auch keiner ist", sagt sie. Die Entscheidung, die Gastronomie und die Hotellerie herunterzufahren, sei eine der schwierigsten Entscheidungen gewesen. "Auch meine Familie hat ein Hotel in Bad Reichenhall." Auch dieses sei betroffen und habe den Betrieb heruntergefahren. Zudem befinde sich eine Tochter derzeit in schulbedingter Quarantäne. "Wir sitzen also alle in einem Boot."

Maximaler Imageschaden? Kaniber sieht das etwas anders: Wenn man eine Pandemie walten lasse und die Infektionszahlen stiegen – das könne man als Imageschaden verstehen. Sei es nicht eher imagegewinnbringend, zu sagen, die Verantwortlichen hätten sofort reagiert und "das Beste daraus gemacht", fragt Kaniber. Es gelte, zu beobachten, wie "vorankommen und die Herbst- und Weihnachtszeit bewältigen".

Corona bezeichnete sie als "Albtraum", ein Virus sei kein "Spaß". "Wenn die Krankenhäuser erst einmal überfüllt sind, dann ist es zu spät." Das Infektionsgeschehen spiegele sich langsam - "aber sicher" - in den Kliniken des Landkreises wider. "Und bedauerlicherweise sinken mit jedem Corona-positiven Patienten und jedem weiteren Verdachtspatienten Betten- und Personalressourcen deutlich", so das Mitglied von Söders Kabinett weiter. Nachweislich seien viele Jüngere infiziert, das könne aber wieder "umschwappen". Schon jetzt gebe es Fälle von Corona-Infizierten, die so geschwächt seien, "dass sie nicht mehr ihre Ausbildung beenden können".