Jochen Schweizer Arena im Test: Ein Kick für den Augenblick

09.06.2017 | Stand 21.09.2023, 4:15 Uhr

Die perfekte Welle gibt es für Surfer in der neuen Jochen Schweizer Arena in Taufkirchen bei München. An einer Stange lernen Anfänger zunächst sich auf dem Brett zu halten. Aufgrund der konstanten Welle stellt sich schnell Erfolg ein. − Fotos: Lakota

Erlebnishungrige finden mit der Jochen Schweizer Arena eine neue Adresse vor den Toren Münchens.

Es geht um dieses Gefühl. Diesen Moment, dieses einmalige Erlebnis, das für immer in Erinnerung bleibt. Genau dieser Kick, dieser spezielle Augenblick ist es, der Besucher in die Jochen-Schweizer-Arena lockt, die Anfang März in Taufkirchen ihre Pforten geöffnet hat. Für einen hohen zweistelligen Millionenbetrag hat Unternehmer Jochen Schweizer (59) vor den Toren Münchens eine einzigartige Multi-Erlebnis-Destination erschaffen. "Wir erfüllen hier Urträume des Menschen: das freie Fliegen mit nichts als dem eigenen Körper, und das Reiten auf einer perfekten, stehenden Welle", verspricht Schweizer. Ob er Wort hält? Die PNP hat es getestet.
Die ArenaEine "spektakuläre Erlebniswelt auf mehr als 15 000 Quadratmetern", preist Schweizer sein neuestes Projekt an. Spektakulär ist auf jeden Fall die Bauweise, denn von oben sieht das Gebäude auf dem Airbusgelände in Taufkirchen aus wie ein dreiblättriger Propeller. Die Architektur spiegelt die Dynamik wider, die der Arena zu Grunde liegt. 365 Tage im Jahr ist sie geöffnet, drinnen gibt’s einen Windkanal für das "Bodyflying" und eine stehende Welle für Surfer, draußen entsteht gerade ein Hochseilgarten mit Flying-Fox-Parcours und Abenteuerspielplatz. Neben Action setzt die Arena auf eine gute Gastronomie. Vom Power-Frühstück bis zum Candle-Light-Dinner – auch die Verköstigung will Schweizer zum "einzigartigen Erlebnis" machen, der Fokus liegt dabei auf "Qualität, Regionalität und Nachhaltigkeit". Was auf jeden Fall gut ankommt: Der Eintritt in die Arena ist frei, wer nicht fliegt oder surft, kann zuschauen – und das machen viele.
Das Fliegen "Fast jeder Mensch hat schon einmal geträumt zu fliegen. Wir machen es wahr", sagt Jochen Schweizer. Bevor es in die Luft geht, heißt es aber erst einmal umziehen. Anzug, Schutzbrille, Helm, dazu Ohrstöpsel, "denn im Windkanal ist es extrem laut", warnt Fluglehrer Mani und erklärt ein paar Zeichen, mit denen er später mit seinen Schülern kommunizieren will, um deren Haltung in der Luft zu korrigieren. Zum Beispiel, wenn die Beine nicht genug gestreckt sind. Oder der Kopf nicht weit genug oben ist. "Die kleinsten Bewegungen haben große Auswirkungen auf eure Position", sagt Mani. Das Wichtigste: Der Körper muss auf Spannung bleiben, nur dann erwischt man den Aufwind, nur so stellt sich das Gefühl des Fliegens ein. "Und vergesst nicht: Lachen und Genießen", sagt der Fluglehrer. "Es kann nichts passieren."
Eine Tür öffnet sich, wie durch eine Schleuse geht es hinein in einen kleinen Vorraum, das Gebläse, das die Menschen in der Luft hält, dröhnt aus dem Windkanal. Nebenan am Schaltpult wird der Flug geregelt, Körpergewicht und Können geben vor, mit welcher Geschwindigkeit der Wind aus dem Boden pfeift. 160 km/h steht jetzt auf der digitalen Anzeige, dann gibt Mani das Zeichen, ein paar Schritte bis zur Öffnung, an den Rand stellen, nach vorne legen – und rein fallen lassen in den 18 Meter hohen Glas-Zylinder, in dem Mani schon auf seine Schüler wartet.
Bis zur Decke geht es freilich nur für Profis. Doch für den Anfang reichen auch die drei, vier Meter, die man über dem Boden segelt. Immer wieder greift Mani ein, korrigiert, verschiebt, gibt Zeichen – bis die richtige Position gefunden ist. Und dann? Schweben! Wenn der Luftstrom den Körper erfasst, ihn packt und nach oben trägt, wird er tatsächlich wahr dieser Traum vom Fliegen. Allerdings nur kurz, nach zwei Minuten gibt Mani das Zeichen. Ende. Der Fluglehrer schiebt den Schüler Richtung Öffnung, festhalten an der Glaswand, rausziehen. Was bleibt? Ein einmaliges Gefühl und der Wunsch, es gleich noch einmal zu versuchen.
Das Surfen Ähnlich ist meist der Gedanke derer, die ein paar Meter weiter aus dem 26 Grad warmen Wasser steigen. Im zweiten Flügel der Arena tost zwar nicht der Wind, surfen kann man aber trotzdem. Eine künstliche Welle schießt durchs Becken, regulierbar wie der Sturm im Windkanal. Bis zu 1,40 Meter hoch kann sich das Wasser türmen, für Anfänger, und das ist der Großteil, reichen auch 50 Zentimeter. Dazu liegt bei den Einsteigern eine Metallstange quer über dem Becken, "haltet euch fest und bekommt erst einmal ein Gefühl für das Wasser, das Brett und die Welle", sagt Surflehrer Ferdi.
Das Gefühl stellt sich schneller ein als erwartet, schon nach wenigen Minuten wird die Stange wieder abmontiert. Am Beckenrand hilft Ferdi beim Einstieg, Füße auf dem Brett positionieren, langsam aufrichten, Gleichgewicht halten, Blick zur Seite. Und tatsächlich. Es klappt. Ein Ritt auf der Welle – und das nicht nur für einen kurzen Augenblick. Fast jeder Anfänger schafft es, sich länger auf dem Brett zu halten, ehe die Welle einen doch packt, mitreißt und am Ende des Beckens im knietiefen Wasser wieder ausspuckt. "Das Gute an der Welle ist, dass sie immer gleich ist", sagt Ferdi, der in München am Eisbach surfen gelernt hat. "Das ist etwas ganz anderes, weil es in der freien Natur durchaus gefährlich ist. Aber hier in der Halle kann nichts passieren. Und Anfänger haben den Vorteil, dass sie in kurzer Zeit viele Versuche machen können." 45 Minuten dauert das Surf-Erlebnis, bis zu zwölf Personen ist die Gruppe groß. Die Zeit auf dem Brett ist ausreichend, zumal der Ritt auf der Welle auch trainierte Sportler Kraft und Konzentration kostet.
Angebot für Kinder Im Windkanal können Kinder schon ab vier Jahren abheben. Das erscheint früh, zumal die Kleinen den Anweisungen bei der Einführung nur teilweise folgen können. Dafür haben Kinder aber einen großen Vorteil: "Sie handeln intuitiv, haben meist eine sehr gute Körperspannung und machen daher automatisch vieles richtig", sagt Fluglehrer Mani. Die Praxis gibt ihm Recht, die vielen kleinen Flieger machen ihre Sache richtig gut – und haben jede Menge Spaß. "Und es kann wirklich nichts passieren, da ja immer ein Lehrer mit dabei ist", sagt Mani. Gefahrlos ist auch das Surfen, das Kinder ab acht Jahre testen können. Anfangs schreckt die Kleinen der Sturz ins reißende Wasser vielleicht etwas ab. "Aber wenn die erste Scheu überwunden ist, trauen sich Kinder immer mehr. Und irgendwann macht es dann plötzlich Klick – und sie haben den Dreh raus", sagt Ferdi. Sportbegeisterung und etwas Gleichgewichtsgefühl sollte bei den Nachwuchs-Surfen schon vorhanden sein. Und ein gewisses Maß an Ausdauer.
FazitEinmalige Erlebnisse und schöne Erinnerungen – ja, diese kann man tatsächlich sammeln in der neuen Arena. Fliegen, surfen, dazu ein leckeres Essen – die Mischung stimmt, der Spaßfaktor ist hoch. Allerdings nicht unbedingt billig. Ein Flug im Windkanal kostet 49,90 Euro, am Wochenende sogar 69,90 Euro. 34,90 Euro bezahlt man für 45 Minuten reine Surfzeit auf der Welle (Wochenende 49,90 Euro). Neben dem nötigen Kleingeld sollten Erlebnishungrige auch etwas Zeit mitbringen. Mit Umziehen, Einweisung und Wartezeit muss man für den zweiminütigen Kurzflug rund eineinhalb Stunden einplanen. Dafür gibt es am Ende dieses einmalige Gefühl. Und darum geht es schließlich in der Jochen Schweizer Arena.

"Wenn das Denken aufhört" Er gilt als Pionier unter den Extremsportlern und hat das Bungeespringen nach Deutschland gebracht: Jochen Schweizer (59) liebt das Abenteuer. Heute lässt es der frühere Stuntman, der als Investor in der TV-Sendung "Die Höhle der Löwen" bundesweit bekannt wurde, ruhiger angehen. Sportlich zumindest, denn wirtschaftlich ist Schweizer mit seiner Unternehmensgruppe (550 Mitarbeiter, rund 75 Millionen Euro Umsatz) sehr erfolgreich. Herr Schweizer, wie kam es zu der Idee, diese Erlebniswelt zu erschaffen?Jochen Schweizer: Ich bin zum ersten Mal in einem rudimentären "Windkanal" Ende der 80er Jahre in Israel geflogen. Von da an hat mich der Gedanke an das Fliegen, mit nichts als dem eigenen Körper, nicht mehr losgelassen. Das kann man entweder beim Fallschirmspringen erleben, mit den natürlicherweise damit verbundenen Risiken, oder eben beim Bodyflying. Und mein Ziel war es, dafür den besten Windkanal der Welt zu bauen. Wir haben es uns als Unternehmen zur Aufgabe gemacht, Erlebnisse so vielen Menschen so einfach als möglich zugänglich zu machen. Die Jochen Schweizer Arena umfasst Erlebnisse, die bisher nur wenigen Menschen zugänglich gewesen sind.
Sie verkaufen Erlebnisse. Welches wird denn am häufigsten gebucht?
Schweizer: Unser Bestseller war bisher der Fallschirm-Tandemsprung. Seit Eröffnung der Arena ist das Fliegen im Windkanal der neue Renner.
Was ist das Verrückteste?
Schweizer: Eine Expedition zum Nordpol mit meinem alten Freund Boerge Ousland. Er ist der erste Mensch, der sowohl Nord- als auch Südpol alleine und ohne Unterstützung von außen erreicht hat. Er zog bei den Expeditionen sein gesamtes Equipment und alle Nahrung auf einem Schlitten hinter sich her.

Sie haben rund 2500 Erlebnisse im Programm. Wie wie haben sie denn selbst schon getestet?
Schweizer: Gut 500 davon. Mein Favorit ist derzeit Surfen hier in der Arena.

Gibt es auch etwas, das Jochen Schweizer – sportlich betrachtet – niemals machen würden?
Schweizer: Diese Frage stellt sich für mich nicht mehr. Alles im Leben hat seine Zeit. Während ich als junger Mann bereit war, hohe persönliche Risiken einzugehen, gehe ich es heute ruhiger an. Man hat mit 60 nicht mehr die gleichen körperlichen Möglichkeiten wie mit 30 – aber ich bin immer noch sehr fit und kann viel unternehmen. Ich gehe Skibergsteigen, springe Fallschirm, fahre Mountainbike, surfe und fliege im Windkanal – und immer noch fahre ich Kajak, wenn auch nicht mehr auf gefährlichen Wildflüssen.
Ihr Buch heißt: "Der perfekte Augenblick? Wie sieht der für Sie aus?
Schweizer: Es gibt immer wieder perfekte Augenblicke, aber wiederholbar ist keiner. Was ihnen gemeinsam ist, ist der Moment der Gegenwärtigkeit und des vollkommen bei sich Seins. Für mich ist ein Augenblick dann perfekt, wenn das Denken im Kopf für eine Weile aufhört und durch das Gefühl des Einssein mit allem abgelöst wird. So wie ein Kind, das selbstvergessen spielt und dabei an nichts anderes denkt.

Gespräch: Andreas Lakota