Burghausen
Jazzbuch: Lebenslinien einer 50-Jährigen

25.03.2019 | Stand 19.09.2023, 23:42 Uhr

Viele Interessierte waren zur Buchpräsentation ins Haus der Fotografie gekommen. −Fotos: Resch

Könnte eine 50-Jährige ohne Falten daherkommen? Never. Aber mag sie darauf hingewiesen werden? In fetten Lettern! Auf ihrem Geburtstagspräsent! "It has Lines in its Face", sagte Jamie Cullum (damals 35), und charakterisierte so 2014 die Internationale Jazzwoche in Burghausen. Als Kompliment war das gemeint, als Wertschätzung einer von Höhepunkten leuchtenden, durch den Nachwuchs jung gebliebenen, aber eben auch von manch ernüchternden Erlebnissen gezeichneten Musikmama. Und so sehen das wohl auch die Autoren des druckfrischen Jazzbuchs zum Jubiläum. Schließlich haben sie dieses Zitat des englischen Pianisten und Samstagabend-Headliners als Titel gewählt.

Doch zurück zur Stunde Null: "Zwei Männer am Gleis" heißt das Intro dieses Streifzugs durch die unglaubliche Geschichte des Jazz in Burghausen, einem "furchtbaren Nest", wie einer der Gründer noch 1962 hinausposaunte. Helmut Viertl, Gerichtsvollzieher aus dem weltläufigen Neumarkt in der Oberpfalz, war an die Salzach versetzt worden und verfolgte die Mission, den vermeintlichen Provinzlern diese freiheitsverheißende, diese metropoleninspirierte Musik ins Wohnzimmer zu bringen. In Joe Viera, dem Münchner Professor, hatte er einen mindestens ebenso leidenschaftlichen, wie kenntnisreichen Jazzliebhaber an seiner Seite, der die Kontakte zu den Größen der Szene herstellte und später auch die begleitenden Seminare zu dem machte, was sie heute noch sind: Talentschmieden. Wer von beiden die Initialzündung zum Festival gab, darüber scheiden sich die Geister. Der Erfolg hat wohl zwei Väter.

Die Geburtsstunde der Viertl-Viera-Connection aber, sie ist bestens überliefert. Diese Episode las Roland Spiegel, einer der zwei Autoren von "It has Lines in its Face", am Freitagabend auf der Buchvorstellung und Ausstellungseröffnung im Haus der Fotografie vor. Er nahm die Zuhörer mit auf einen Kurztrip zum ehemaligen Bahnhof, einem Barackengebäude, das eher Endstation Sehnsucht, denn Aufbruch in die Zukunft verkörperte. Die Züge steuerten Burghausen höchstens vier Mal am Tag an, um postwendend wieder zurückzukehren. Dass hier Freigeistiges seinen Anfang nehmen sollte, das auch noch Bestand hat, wer hätte das prophezeien mögen?

− mir

Mehr dazu lesen Sie im Burghauser Anzeiger am Dienstag, 26. März.