Konzert der Jazzwoche Burghausen nachhören
Jazz-Superstar Chick Corea mit 79 Jahren gestorben

12.02.2021 | Stand 19.09.2023, 23:42 Uhr
Benno Schwinghammer

Seine Liebe zur Musik mündete in über 100 Alben: Chick Corea. Sein letztes Konzert in Burghausen sehen Sie hier im digitalen Feuilleton auf pnp.de/kultur. −Foto: Luna Afredo/telam/dpa

Chick Corea ist tot. Dreimal war der Musiker zu Gast bei der Jazzwoche Burghausen, 1989, 1996 und 2011. 1996 rief der damalige Sektenexperte der CSU im Landtag, Markus Sackmann, zum Boykott des Konzerts und zur Streichung der staatlichen Zuschüsse auf.

Kultusminister Hans Zehetmair wies die Äußerungen seines Parteifreundes zurück und warnte vor dem "kleinkarierten Ruf nach einer Kulturpolizei". Corea spielte ein umjubeltes Konzert und verlor nicht ein Wort über die Sekte. Die IG Jazz engagierte Corea 2011 erneut und widmete ihm in der "Street of Fame" sogar eine Bronzeplatte.



Der 23-fache Grammy-Gewinner sei bereits am Dienstag mit 79 Jahren an einer seltenen Krebs-Erkrankung gestorben, wurde auf Coreas offizieller Facebook-Seite sowie seiner Webseite mitgeteilt. Auch der US-Radiosender NPR berichtete unter Berufung auf eine Quelle in Coreas Produktionsfirma.

"Er war ein geliebter Ehemann, Vater und Großvater und für so viele ein großartiger Mentor und Freund. Durch seine Arbeit und die Jahrzehnte, die er damit verbracht hat, die Welt zu bereisen, hat er das Leben von Millionen Menschen berührt und inspiriert", hieß es über den Mann, der in den Ensembles von Miles Davis am elektrischen Piano ab Ende der 60er die Tür für die Ära der Fusion aus Jazz und Rock öffnete. Trotz allem blieb Corea auch dem Akustik-Klavier verbunden.

In der Stellungnahme wurde auch eine letzte Botschaft Coreas übermittelt: Die Welt brauche mehr Künstler, wurde er darin zitiert. Er dankte seinen Weggefährten. Und weiter: "Meine Mission war es immer, die Freude am Gestalten zu bringen, wo immer ich konnte, und dies mit all den Künstlern zu tun, die ich so sehr bewundere – das war der Reichtum meines Lebens."

Nachdem der als Armando Anthony Corea geborene Sohn eines Trompeters und Bassisten bereits mit vier Jahren am Klavier gesessen und früh Unterricht genossen hatte, spielte er in jungen Jahren mit Saxofonlegende Stan Getz und Dizzy Gillespie zusammen. Beeinflusst wurde er sowohl von Herbie Hancock und Thelonious Monk als auch von lateinamerikanischen Rhythmen. Star-Trompeter Davis erkannte Coreas Talent und nahm ihn statt Hancock mit auf Tour – mit dem Corea später auf Welttournee ging.

Corea machte Ausflüge in andere Genres, etwa im brasilianisch angehauchten Album "Light as a Feather". Ob mit E-Gitarrist Bill Connors, Flamenco-Klängen auf "My Spanish Heart" oder dem rockigen Elektro-Jazz der 80er und 90er: Während Coreas Finger über die Tasten schwebten, verwandelte sich sein Jazz in ein musikalisches Kaleidoskop. Nicht umsonst taufte er sein 1992 gegründetes Label "Stretch Records", das Grenzen dehnen sollte.

Seine Liebe zum Spiel mündete in über fünf Jahrzehnten in mehr als 100 Alben. Den gern behaupteten Gegensatz von klassischer Musik und Jazz verkehrte Chick Corea mit seinem Spiel oft ins Gegenteil, etwa mit seinem Album "The Mozart Sessions", das er mit Bobby McFerrin und dem Saint Paul Chamber Orchestra aus Minnesota aufnahm. Unvergessen dürfte die Aufführung seines zweiten Klavierkonzerts "The Continents" im Wiener Mozartjahr 2006 bleiben.

Corea war Mitglied der Scientology-Organisation, was auch zu juristischen Auseinandersetzungen führte. 1993 wurde ein Auftritt zur Leichtathletik-WM in Stuttgart wegen dessen Sektenzugehörigkeit abgesagt. Corea zog gegen die Landesregierung vor Gericht, scheiterte aber mit einem Antrag auf Unterlassung der Aussage, Veranstaltungen mit bekennenden Scientologen sollten nicht staatlich gefördert werden.

Dreimal war Chick Corea zu Gast bei der Jazzwoche Burghausen, 1989, 1996 und 2011. 1996 rief der damalige Sektenexperte der CSU im Landtag, Markus Sackmann, zum Boykott des Konzerts und zur Streichung der staatlichen Zuschüsse auf. Kultusminister Hans Zehetmair wies die Äußerungen seines Parteifreundes zurück und warnte vor dem "kleinkarierten Ruf nach einer Kulturpolizei". Corea spielte ein umjubeltes Konzert und verlor nicht ein Wort über die Sekte. Die IG Jazz engagierte Corea 2011 erneut und widmete ihm in der "Street of Fame" sogar eine Bronzeplatte.

Benno Schwinghammer