Freyung-Grafenau
Inzidenz-Anstieg: "Vieles ist auf den privaten Bereich zurückzuführen"

Seit Tagen anhaltende FRG-Inzidenz über 200: Landrat Sebastian Gruber geht auf mögliche Hintergründe, Vermutungen und aktuelle Fakten ein

23.04.2021 | Stand 22.09.2023, 0:05 Uhr

Informierten über Hintergründe zum Inzidenzanstieg in FRG: Landrat Sebastian Gruber (v.l.) und Karen Schier (Landratsamt Ordnung/Gesundheitswesen). −Foto: Karl

Der dieser Tage andauernde FRG-Inzidenzwert über 200 hat Landrat Sebastian Gruber am Freitag dazu veranlasst, einen "Komplettabriss" über aktuelle Entwicklungen, Stände und Gerüchte im Landkreis zu präsentieren.

"Wir sind nicht der Spitzenwert und auch nicht der geringste – aber die Entwicklung der letzten Tage ist eindeutig", so Gruber. Er blickte damit nicht nur auf bayerische Höchstwerte anderswo, sondern auch auf den vierten Tag, wo der FRG-Inzidenzwert über 200 lag, obwohl er gestern im Vergleich zum Vortag (246,3) wieder leicht auf 238,6 zurückging.

Auf einem Diagramm wurde dargestellt, dass es die meisten aktuellen Infektionsfallzahlen im Landkreis (Stand 21. März bis 22. April) mit 127 laborbestätigten Fällen in der Alterskategorie 50 bis 59 gab. Mit 97 Fällen (30 bis 39 Jahre) und 87 Fällen (40 bis 49 Jahre) waren die benachbarten Altersgruppen ebenfalls massiv betroffen. In den höheren Altersstufen über 70 Jahre gingen die Zahlen dank Impfungen massiv zurück. Wenige Fälle waren im genannten Zeitraum in der Kategorie U20 festzustellen. Und: Die Quote bei männlichen und weiblichen Infizierten sei seit Jahresbeginn nahezu gleich.

Keine "Auffälligkeiten" in Einrichtungen

Im Gegensatz zum vergangenen Jahr gebe es aktuell keine besonderen "Auffälligkeiten" in Senioren- und Behinderteneinrichtungen. Zuletzt seien allenfalls in zwei Seniorenheimen in Freyung und Ringelai ungeimpfte Mitarbeiter positiv gestestet worden. "Zwei nennenswerte Ausbruchsgeschehen" gab es zuletzt in zwei Gemeinschaftsunterkünften in Ringelai (zwei positive Bewohner) und Grafenau (ein Fall). In Grafenau steht die Reihentestung noch aus, "in Ringelai sollte nichts mehr nachkommen", so Gruber. Auch zwei Kindertagesstätten seien betroffen, aber "händelbar". Zudem gab es in zwei ärztlichen Praxen (Zahnarzt und eine Dialyse-Intensivpflege) "zwei, drei Fälle, aber insgesamt kein größeres Ausbruchsgeschehen, wie wir das noch 2020 manchmal hatten".

Schulamtsleiter Walter Kloiber ging auf die rund 180 Klassen der Grund- und Mittelschulen in FRG ein. Auch dort gebe es kein "signifikantes Infektionsgeschehen". 22 Klassen seien derzeit im Präsenz-, sieben im Wechsel- und der Rest im Distanzunterricht. Vier Infektionsfälle sind aktuell bekannt. In der Lehrerschaft sei ein Lehrer infiziert, acht Kolleginnen und Kollegen in Quarantäne. Gruber, selbst studierter Lehrer, sprach in diesem Zusammenhang seine Hoffnung, fast Aufforderung aus: "Man muss in der Schule auch wieder Präsenz stattfinden lassen", sagte er mit Blick auf "den immensen psychologischen und auch wirtschaftlichen Druck" in betroffenen Familien.

Und auch einem Vorhalt, der ihm öfter entgegen gebracht werde ("Das kann das Landratsamt doch alles selbst regeln") wollte Gruber gestern begegnen: "Regelungen vor Ort sind überschaubar. Wir haben wenig Steuerungsmöglichkeiten – bei Handel und Schulen sind die staatlichen Vorgaben streng und stringent."

Karen Schier (Landratsamt Gesundheitswesen) skizzierte die aktuell steigenden Infektionsfälle und machte dafür vor allem die hochansteckende britische Mutante mitverantwortlich, die derzeit 82 Prozent der aktuellen Laborbestätigungen ausmache.

In diesem Zusammenhang ging Gruber auch auf die Frage ein: Woher kommt das momentane Infektionsgeschehen? "Im Prinzip meinen wir nach wie vor – auch wenn es für manche eine unsinnige Aussage ist –, dass Vieles auf den privaten Bereich zurückzuführen ist. Überall wo Bewegung und Mobilität und Begegnung stattfindet. Das kann sich in der Regel auch im

Mehr Tests nicht automatisch mehr Fälle

Arbeitsbereich abspielen", so Gruber mit Blick auch auf Gerüchte über private Feiern und Treffpunkte mit viel Ansteckungspotenzial. "Wir sind als Gesundheitsamt und Kreisverwaltungsbehörde immer auf Angaben der Betroffenen angewiesen – auch bei der Kontaktpersonennachverfolgung. Wir ermitteln dabei ja nicht investigativ. Mit den Antworten, die wir bekommen, müssen wir uns auch zufrieden geben." Deswegen könne man laut Gruber zu manchen Vermutungen auch keine eindeutigen Aussagen treffen.

Der Landrat begegnete auch der oft gehörten Feststellung: Derzeit wird mehr getestet – und deswegen gibt es auch mehr auffällig gewordene Infektionen. Mittels einer Grafik stellte Gruber dar, dass es zuletzt zwar eine massive Zunahme von Schnelltests gab. Nicht zuletzt deswegen, weil solch ein negativer Test auch den Zugang zu verschiedenen Geschäften (Stichwort Click & Meet) ermöglichte. Die Zahl der für den Infektionsfall aussagekräftigeren zwingenden PCR-Tests allerdings bliebe "stabil". Die Inzidenz sei also unabhängig von den PCR-Tests höher, bilanzierte Gruber.

"Wir wünschen uns alle wieder mehr Normalität, aber die Zeit ist noch nicht reif dafür." Es gebe derzeit aber eine gute Perspektive, sagte er mit Blick auf die gestrige Quote an Erstimpfungen von knapp 32 Prozent der Landkreisbürger über 16 Jahren.