Reut
Infoabend über 5G-Ausbau zieht zahlreiche Besucher an

20.10.2020 | Stand 19.09.2023, 23:17 Uhr |

Stephan Amann von der Interessensgemeinschaft (links) mit den Rednern Sepp Rettenbeck und Elisabeth Eppeneder sowie Bürgermeister Alois Alfranseder (rechts) beim Informationsabend. −Foto: red

Der 5G-Ausbau in Bayern polarisiert: Befürworter freuen sich auf die schnelle fünfte Generation des Mobilfunks, die flächendeckend verfügbar sein soll. Kritiker warnen vor ernsten Gesundheitsrisiken.

Die "Interessensgemeinschaft Gesundheit und Mobilfunk Reut & Taubenbach" hat vor kurzem zu einer Infoveranstaltung im Gasthaus Schreiner eingeladen. Als Referenten waren ÖDP-Kreisrat Sepp Rettenbeck und die examinierte Gesundheits- und Krankenpflegerin Elisabeth Eppeneder dabei. Auch Bürgermeister Alois Alfranseder nutzte den Abend, um seine Standpunkte vor den zahlreichen Gemeinderäten und interessierten Bürgern zu vertreten.

"Das Vorsorgeprinzip des Staates kommt bei 5G nicht zur Anwendung." So eröffnete Rettenbeck seinen Vortrag. "Der bei 5G oft verwendete Begriff Smart, zum Beispiel bei Smart City oder Smart Mobility, bedeutet, dass alle Vorgänge der Gesellschaft über Daten gesammelt, verarbeitet und gesteuert werden. Das Ziel ist, in Echtzeit von jedem zu wissen, was er tut und wo er sich befindet." Man könne auch von einem "Verwanzen" der Städte sprechen.

Rettenbeck zitierte einen ehemaligen Direktor der Landesmedienanstalt NRW, der sagte: "Der Mensch als Datenträger wird, indem er lesbar gemacht wird, auch steuerbar, vorhersehbar und kontrollierbar." Regulieren lasse sich die Digitalisierung hingegen nur schwer. "Ohne aktive politische Gestaltung wird der digitale Wandel den Ressourcen- und Energieverbrauch sowie die Schädigung von Umwelt und Klima weiter beschleunigen."

"Schädigungspotenzial" schon früh erkanntElisabeth Eppeneder fasste die gesundheitlichen Gefahren zusammen, die von Mobilfunkstrahlen ausgehen sollen. Die deutsche Strahlenschutzkommission habe schon im Jahr 1991 vor dem "Schädigungspotenzial des Mobilfunks" gewarnt. Die elektromagnetischen Strahlungen könnten zu Arteriosklerose, Hirnschwund, Immunschwäche oder Krebserkrankungen führen. Auf zwei 2018 veröffentlichte, groß angelegte Studien ging Eppeneder näher ein: die sogenannte NTP-Studie und die Ramazzini-Studie. Beide kamen laut Eppeneder zu dem Ergebnis, das es eindeutige Hinweise auf eine erhöhte Tumorgefahr und einer Schädigung des Erbguts durch diese Strahlung gibt.

Zu dem gleichen Fazit komme eine Studie aus Franken, in der Ärzte der Stadt Naila feststellten, dass es innerhalb einer 400-Meter-Zone um einen Mobilfunkmasten ein mehr als dreifach erhöhtes Krebsrisiko gibt. Außerdem trete die Krebserkrankung in diesem Umkreis um über acht Jahre früher auf. Laut Aussage der Referentin gibt es zu den bisherigen Frequenzen UMTS, LTE und WLAN 900 Studien, die biologische Effekte nachweisen. Hierbei sei 5G noch nicht berücksichtigt, geschweige der Mix aus verschiedenen Frequenzen.

Wie kann es trotz Einhaltung der Grenzwerte zu diesen Effekten kommen? Diese Frage beleuchtete Sepp Rettenbeck: "In Deutschland regelt die Bundesimmissionsschutz Verordnung die ICNIRP-Grenzwerte für die Mobilfunkstrahlung. Sie orientieren sich an den Richtlinien eines privaten, industrienahen Vereins, der die Grenzwerte anhand der Erwärmung des Körpergewebes durch Mobilstrahlung festlegt. Wissenschaftler haben jedoch mehrfach bewiesen, dass viele Arten von Krankheiten verursacht werden, ohne dass eine direkte Erwärmung des Körpers stattfindet." Doch diese Wirkungen werden laut Rettenbeck bei den Grenzwerten nicht berücksichtigt.

Er merkte an, dass in der Expertise des Europäischen Parlaments zu 5G festgestellt wird, "dass niemand gesichert wisse, wie sich die prognostizierte weitere erhöhte Strahlenbelastung durch 5G auswirken wird". Laut Elisabeth Eppeneder gibt es keine wissenschaftliche Studie, die die gesundheitliche Unbedenklichkeit der 5G-Technologie belegt, im Gegenteil, über 230 Wissenschaftler aus mehr als 40 Ländern hätten ihre "ernsthafte Besorgnis" hinsichtlich dieser Entwicklung geäußert und empfehlen ein Moratorium, bis potenzielle Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt vollständig durch unabhängige Wissenschaftler erforscht wurden.

"Ländlicher Raum darf nicht benachteiligt werden"Bürgermeister Alois Alfranseder stellte das Thema "Mobilfunkempfang und 5G" aus Sicht der Gemeinde Reut vor. Hauptanliegen sei es, bestehende Funklöcher zu schließen und die Gemeinde am Fortschritt teilhaben zu lassen. "Nicht nur für unsere Jugend ist eine Anbindung an die Zukunft wichtig", so Alfranseder, "der ländliche Raum darf nicht benachteiligt werden – auch unsere Wirtschaft hängt von einer zukunftsorientierten Entscheidung sehr stark ab." Er wies auch auf die Notwendigkeit hin, zwischen gesundheitlichen Gesichtspunkten und Fortschritt abzuwägen.

Das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz habe Alfranseder die Unbedenklichkeit bestätigt, sofern die ICNIRP-Grenzwerte eingehalten werden. In diesem Frequenzbereich senden laut Alfranseder auch die geplanten Mobilfunkmasten, sie werden im 5G-Standard ausgebaut. Jedoch werden diese vorerst nur in Teilbereichen im unteren Frequenzbereich auf 5G-Basis in der Region verwendet.

Die Frage, ob neue Funkmasten geplant sind, beantwortete er mit einem klarem "Ja". Alfranseder teilte mit, dass dies ein wichtiges Anliegen von ihm und der gesamten Listenverbindung der Gemeinde Reut bei der Kommunalwahl im Frühjahr war, dem man nachkommen will. Konkret teilte er mit, dass schon 2018 eine Suchkreisanfrage für Reut stattfand. Aus diesem Grund ist vorgesehen, für den Bereich Reut in der Nähe des Sportplatzes einen bis zu 40 Meter hohen Mobilfunkturm auf einem Privatgrundstück zu errichten. Auch im Ortsteil Taubenbach sei weitgehend kein Mobilfunkempfang. Daher wurde von Seiten der Gemeinde auch hier eine Suchkreisanfrage gestartet – genauere Ergebnisse stehen noch aus.

− red

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