Plattling
In Plattling operiert: Sehbehinderte Judoka kämpft für ihren letzten großen Traum

16.08.2019 | Stand 20.09.2023, 0:52 Uhr

Innerhalb von 15 Minuten hat Ramona Brussig es bei den Paralympics 2012 in London ihrer Zwillingsschwester nachgemacht und ebenfalls Gold gewonnen. Nach ihrer Operation in der Fachklinik im Plattlinger Isar Park muss sich die sehbehinderte Judoka nun erst wieder in die Weltspitze zurückkämpfen. −Foto: Schweighofer

Es ist der 10. September 2012, London, Paralympische Spiele, als Ramona Brussig und ihre Zwillingsschwester Carmen eines der schönsten, mit Sicherheit aber das kurioseste Doppelgold der jüngeren deutschen Sportgeschichte holen. Am ersten Wettkampftag der Paralympics in der englischen Metropole erkämpft Carmen Brussig das erste Gold für Deutschland im Judo. Da muss die Zwillingsschwester Ramona, die in einer Gewichtsklasse darüber antritt, natürlich nachziehen – was sie nur 15 Minuten später auch tut. 35 Jahre zuvor gab es die gleiche Reihenfolge schon einmal – im Kreißsaal. "Das war eine absolut einmalige Geschichte", sagt Ramona Brussig heute dazu und strahlt den Reporter aus ihrem Krankenbett in der Fachklinik im Plattlinger Isar Park an.

Hinter sich hat die 42-Jährige zu diesem Zeitpunkt eine vorallem organisatorisch schwierige Doppeloperation. "Mir wurde die Hüfte und das Knie in einem Aufwasch operiert", erzählt die sehbehinderte Judoka, die in Leipzig aufgewachsen ist und nun in Schwerin lebt. "Dr. Stefan Fickert hat vor zehn Jahren in Mannheim schon einmal meine Hüfte operiert und ich wollte unbedingt, dass er es nochmal macht", erklärt Ramona Brussig. Um das Knie, das bei einem Wettkampf in Baku kaputt ging, kümmerte sich dann Dr. Thore Zantop – beides im für die Sportlerin eigentlich fernen Plattling. "Aber ich nehme diese weiten Wege auf mich, wenn ich weiß, dass ich in guten Händen bin."

"Also auf meinem guten Auge sehe ich noch zehn Prozent", erzählt Brussig im Krankenbett. Zapfen-Stäbchen-Dystrophie heißt die wohl angeborene Augenerkrankung, bei der es zu Beginn zum Absterben der Zapfen in der Netzhautmitte kommt und die sich dann langsam in den äußeren Bereich und auf die Stäbchen ausbreitet. "Das ist zu DDR-Zeiten auch nicht erkannt worden", so Ramona Brussig. Groß einschränken in ihrem Sport lässt sich die 42-Jährige durch diese Erkrankung aber nicht. "Wir fangen nur aus dem Griff an, ansonsten ist alles gleich wie beim ,normalen‘ Judo", erklärt sie.

Und obwohl Ramona Brussig bereits zweimalige Paralympics-Siegerin und mehrfache Weltmeisterin ist und sich nach der Doppeloperation in Plattling nun erst wieder mühsam herankämpfen muss – die Paralympischen Spiele 2020 in Tokio bleiben ihr letztes großes Ziel. "Das wäre nochmal ein schöner Abschluss, denn Japan ist nunmal das Mutterland des Judo."
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