Im Nordwesten der USA auf den Spuren von "Twin Peaks"

19.05.2017 | Stand 19.05.2017, 13:00 Uhr

Touristenattraktion: Der Wasserfall, dessen Wassermassen gleich vor der Salish Lodge – einem der "Twin Peaks"-Drehorte – in die Tiefe stürzen, zählt jährlich über anderthalb Millionen Besucher. − Fotos: Sascha Rettig

Mit "Twin Peaks" schrieb David Lynch einst TV-Geschichte. 27 Jahre später startet jetzt die sehnlichst erwartete Fortsetzung. Gedreht wurde im Nordwesten der USA.

27 Jahre mussten die Fans der TV-Serie "Twin Peaks" warten. Nun bringt Filmemacher David Lynch die mit Höchstspannung erwartete Fortsetzung heraus. Wer zur Spurensuche in die Kleinstädte und geheimnisvollen Wälder im pazifischen Nordwesten der USA aufbricht, hat an den Drehorten der Kultserie schnell das Gefühl, in einer Parallelwelt gelandet zu sein.

Eine Plakette, die an den Fund einer Leiche erinnert, ist schon ungewöhnlich. Dass an der Kiana Lodge aber Leute auftauchen, die sich an dieser Stelle umhüllt mit Plastikplane im Kieselsand fotografieren lassen, gibt es wohl nirgendwo sonst. "Ich habe hier sogar mal eine ganze Busladung beobachtet, die Bilder von sich als Leichen gemacht haben – das war ein Schauspiel", erinnert sich Red lachend, einer der Angestellten der Lodge westlich von Seattle. Doch es handelt sich ja nicht um irgendeine Tote, die hier in Plane eingewickelt angespült wurde, sondern um eine der berühmtesten der Fernsehgeschichte: Laura Palmer, die Highschool-Schönheit aus dem TV-Serienklassiker "Twin Peaks". Der FBI-Spezialagent Dale B. Cooper und Sheriff Harry S. Truman suchten damals ihren Mörder in der Kleinstadt und stießen im Lauf der 30 Episoden auf finstere Abgründe.

Trotz der großen Begeisterung wurde die Serie nach dem Ende der zweiten Staffel abgesetzt – mit einem denkbar gemeinen Cliffhanger. Laura Palmer deutete dem Agenten in einer Traumsequenz eine Rückkehr an. "Wir sehen uns in 25 Jahren", flüsterte sie ihm ins Ohr. Keiner hat wirklich damit gerechnet. Doch Lynch und sein Co-Autor Mark Frost hielten Wort – auch wenn es 27 Jahre bis zur Ausstrahlung dauerte. Ein gutes halbes Jahr drehte der Regisseur wieder vor Ort: In der Kleinstadt Everett, wo nach wie vor das Haus der Serienfamilie Palmer steht. Vor allem aber in Snoqualmie und North Bend, rund eine Autostunde von Seattle entfernt.

Die Salish Lodge, deren Fassade als Great Northern Hotel in der Serie verewigt wurde, hat zeitig für den Hype vorgesorgt. Im Shop des Spa-Hotels findet man geschmackvolles Merchandising; in der Bar wird ein "Dale-Cooper"-Cocktail serviert. Da es keine offiziellen Touren gibt, hilft die Lodge den Gästen mit einem Plan weiter, auf dem die Drehorte von einst eingezeichnet sind. Von denen existieren die meisten mehr oder weniger unverändert: das Roadhouse in Fall City, das die Außenkulisse der gleichnamigen "Twin- Peaks"-Bar lieferte. Und d6ie rostige Eisenbahnbrücke, auf der die junge Ronette Pulaski im Pilotfilm misshandelt entlang schlich.

Der Wasserfall, dessen Wassermassen gleich vor der Salish Lodge 82 Meter in die Tiefe stürzen, ist mit jährlich über anderthalb Millionen Besuchern eine der Touristenattraktionen im Staat Washington. Im "Twin-Peaks"-Vorspann war er genauso zu sehen wie die alte Sägemühle ein paar Meilen weiter. Nur noch ein Kamin davon steht als trotziger Rest in Sichtweite eines weiteren Peaks-Hot-Spots, des kleinen Flachbaus, der einst als Sheriff-Station diente und für den Dreh nun wieder in die Polizeistation zurückverwandelt wurde.

Mehr noch als hier verschwimmen im Twede’s Café in North Bend die Grenzen zwischen Kleinstadt-Wirklichkeit, "Twin- Peaks"-Gefühl und Drehkulisse. In der Serie ist es das Double R Diner, laut Agent Cooper "der Himmel für Kirschkuchen" und ein ganz typisches American Diner im Retrostil mit roten Kunstleder-Sitznischen und einer langen Theke. Unter die Einheimischen mischen sich immer wieder Peaks-Fans. Ehrfürchtig versenken sie ihre Gabel in die berühmte, süße Cherry Pie und lassen sich von den Kellnerinnen den "verdammt guten Kaffee" nachschenken. Dass das Diner genauso wie in der Serie aussieht, ist Lynch zu verdanken. Nach Ankündigung von Staffel 3 schaute er persönlich vorbei und vereinbarte mit dem Besitzer Kyle Twede, das Lokal im "Twin-Peaks"-Stil herzurichten.

Wie wird die Fortsetzung? Lynch gilt als Geheimniskrämer. Nur wenige Details sind bekannt – so wie die Liste mit satten 217 Darstellernamen, auf der auch etliche neue auftauchen wie Naomi Watts oder Musiker Trent Reznor. Es bleibt spannend, bis der wohl gemeinste Cliffhanger der TV-Geschichte endlich aufgelöst wird.

INFORMATIONEN

Die Twin-Peaks-Drehorte Snoqualmie und North Bend liegen gut 25 Meilen östlich von Seattle im US-Bundesstaat Washington.

ÜBERNACHTEN
Salish Lodge & Spa an den Snoqualmie Falls ab 219 Dollar pro Nacht. Gäste bekommen eine Karte mit den wichtigsten Drehorten. Auch ein "Twin Peaks"-Paket "Great Nothern Escape" ist ab 289 Dollar buchbar inklusive Zimmer, Cooper-Cocktail und Möglichkeit zum Peaks-Binge-Watchen. www.salishlodge.com

 Fall City Roadhouse, Außenkulisse für das Roadhouse in der Serie, hat ein Restaurant und Gästezimmer ab 89 Dollar pro Zimmer/Nacht. www.fcroadhouse.com

KIRSCHKUCHEN

Für Kirschkuchen und verdammt guten Kaffee: Twede’s Café in North Bend, www.twedescafe.com

www.visitseattle.de

www.sho.com/twin-peaks

Sascha Rettig arbeitet als freier Reisejournalist in Berlin. Seine Recherche wurde unterstützt von Visit Seattle.