Kalteneck
Ilztalschule in Kalteneck: Inklusion für alle, ohne Noten und Klassen

09.02.2015 | Stand 10.02.2015, 6:39 Uhr

Aufmerksam hören einige Kinder zu, während Lehrerin Irmgard Paulik etwas erklärt. − Fotos: Kerscher

An dieser Privatschule in Kalteneck bei Hutthurm (Lkr. Passau) gibt es weder Klassen noch Fächer. Noten, Hausaufgaben, Arbeitsblätter oder Stegreifaufgaben gibt es auch nicht. Die Kinder sind selbst dafür verantwortlich, was sie lernen und wann. Jeder nach seinem Tempo. Fünf Pädagogen – zwei Grundschullehrer, eine Sonderschullehrerin und zwei Erzieher – begleiten und unterstützen die 41 Schüler dabei. 125 Euro Schulgeld lassen sich das deren Eltern im Monat kosten.

Die Ilztalschule versteht sich als "Schule für alle". Inklusion bedeute, dass man jedes einzelne Kind so nimmt, wie es ist, und es individuell fördert, meint Lehrerin Irmgard Paulik. Das wäre auch im Regelschulsystem machbar, glaubt sie, aber nur, wenn man die Strukturen komplett aufbricht. So lange es Noten und gleichschrittlichen Lernprozess gibt, könne Inklusion nicht richtig funktionieren. Büttner und Paulik lernten sich auf einer Montessori-Fortbildung kennen und erkannten schnell, dass sie pädagogisch die gleichen Ziele haben. 2010 gründeten sie die Ilztalschule und leiten sie gemeinsam. Den pädagogischen Überbau für die Schule haben sie selber geschaffen. Alle Schüler – ob geistig behindert oder hochintelligent – werden gleich behandelt. Für ein autistisches Kind ist eine Lernbegleitung an der Schule. Von den Schülern weiß und merkt das aber keiner, so fällt dieses Kind nicht auf und bleibt voll inkludiert.

Die Angst, dass Kinder nicht lernen, wenn sie nicht müssen, sei unbegründet, sagt Paulik. Im Gegenteil: Sie habe die Erfahrung gemacht, dass Kinder Spaß daran haben, Neues zu lernen, wenn ihnen Ängste und Druck durch Noten und Vergleichbarkeit mit den Mitschülern genommen wird.

Leistung ist auch ohne Noten wichtigAuch wenn es keine Noten gibt: "Leistung ist schon wichtig", stellt Büttner klar. Die Pädagogen achten darauf, dass jedes Kind zum Beispiel regelmäßig Kopfrechnen übt und nicht zu einseitig lernt. Bevor die Ilztalschüler an Realschule oder Gymnasium übertreten können, müssen sie – wie alle Privatschüler – einen Übertrittstest machen. Die Übertrittszahlen seien ganz normal, sagt Schulleiterin Büttner.
Das Kultusministerium sieht private Schulen wie die Ilztalschule als "Ergänzung und Bereicherung für die Schullandschaft in Bayern". Unterricht, der auf individuelle Förderung ausgerichtet ist und bei dem sich gemeinsame Lernphasen und selbsttätiges Lernen abwechseln, sei jedoch "auch an staatlichen Grundschulen in Bayern gängiges Prinzip", teilt das Ministerium mit.
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