"Ich singe, seit ich denken kann, schon immer"

Opern- und Konzertsängerin Sabine Rössert-Koye steht seit 40 Jahren auf der Bühne – Nach eineinhalb Jahren Pandemie-Pause geht es wieder los

10.07.2021 | Stand 10.07.2021, 4:00 Uhr

Opern- und Konzertsängerin Sabine Rössert-Koye feiert heuer ihr 40-jähriges Bühnenjubiläum, das viele Musikfacetten beinhaltet, unter anderem den Auftritt im Theatro Communale in Genua 1988, einem der vielen Höhepunkte ihrer Karriere. −Foto: Robert Fuchs

Hengersberg. Sabine Rössert-Koye feiert heuer ihr 40-jähriges Bühnenjubiläum. Musikalisch begeht die Hengersberger Sopranistin ihr Jubiläum mit einem Konzert am 19. September (19 Uhr) in der Frauenbergkirche, zu dem der Förderverein einlädt. Unter dem Motto "Die Diva und der Bass" bringt das Jazz-Trio "Swinging Moonlight" mit Sabine Rössert-Koye, dem Viechtacher Jazzpianisten Sven Ochsenbauer und dem aus Frauenau stammenden Kontrabassisten Andreas Fährmann zeitlosen Jazz, Evergreens und Musical zu Gehör.

Logopädin ist das berufliche Standbein von Sabine Rössert-Koye, der Lehrauftrag an den Universitäten Passau und Regensburg eine Berufung, die Musik ihre große Leidenschaft. Ihr Leben war geprägt von zahlreichen Musikengagements, die im vergangenen Jahr mit der Corona-Pandemie ein jähes Ende fanden und nach eineinhalb Jahren der schöpferischen Gesangspause langsam wieder ins Rollen kommen. Sind es sonst an die zwölf Konzerte im Jahr, waren es 2020 und 2021 lediglich zwei Konzerte, in denen sie auftreten konnte.

Im Interview gibt Sabine Rössert-Koye einen Einblick in ihre Karriere, deren Höhepunkt nach eigenen Worten 1988 der Auftritt im Theatro Comunale dell’Opera di Genova in der Oper "Elektra" von Richard Strauß unter dem Dirigat von Christian Thielemann war, einem der renommiertesten Dirigenten weltweit.

Wann haben sie begonnen, professionell zu singen?
Sabine Rössert-Koye: Eigentlich singe ich, seit ich denken kann, schon immer. Nach meinem Doppelstudium im Opern- und Konzertgesang, dem Lösen von meiner Münchener Band und nach meinem großen Erfolg beim internationalen Gesangswettbewerb in ’s-Hertogenbosch erhielt ich sofort Engagements. Zuerst kam ich ans Staatstheater Mainz, wo ich die Gräfin Charlotte in Millöckers "Gasparone" und die erste Dame in der Zauberflöte von Mozart unter der Regie von Marco Arturo Marelli sang. Es folgten Engagements ans Schlosstheater Schönbrunn und an die Kammeroper in Wien. Dort sang ich die Ninetta in Rossinis "La Gazza ladra", die Hauptrolle in Smetanas "Die verkaufte Braut" unter der Regie von Bernd Palma, und die Gräfin in der Johann-Strauß-Operette "Wiener Blut" unter der Regie von Fritz Muliar. In Salzburg sang ich die Pamina in Mozarts "Zauberflöte", in Prokofjews Oper "Die Verlobung im Kloster" die Louisa, in "Die Fledermaus" die Rolle der Rosalinde unter der Regie von Lutz Hochstraate und im Festspielhaus die Uraufführung in Gerhard Wimbergers "Fürst von Salzburg – Wolf-Dietrich", die vom Fernsehen aufgezeichnet wurde. Es folgten eine Freilichtaufführung von "Elektra" in der Felsenreitschule im Rahmen der Salzburger Festspiele, wo ich unter der Regie von Siegwulf Turek den Part der vierten Magd sang, in Innsbruck Mozarts Zauberflöte und die Prinzessin Helene in der Oskar Strauß-Operette "Ein Walzertraum" sowie in Heidelberg die Titelrolle in Francesco Cavallis Barockoper "La Calisto". Weiter ging die musikalische Reise in die Kölner Philharmonie, wo ich die Jeanne in "Madame Pompadour" von Leo Fall sang. Danach folgten, wie bereits erwähnt, der Auftritt in Genua und viele weitere Engagements, unter anderem in der "Walküre" in Bilbao (Spanien) unter Dirigent Reinhard Peter und in der Schweiz zur Wiedereröffnung des Festspielhauses in Selzach, wo ich in Mozarts Zauberflöte in der Rolle der "Königin der Nacht" auftrat.

Wie bringen Sie das zeitlich alles in Einklang?
Sabine Rössert-Koye: Das frage ich mich auch manchmal. Ende der 90er-Jahre studierte ich Logopädie, heiratete und bekam meinen Sohn Alexander. 2000 zog ich wieder nach Hengersberg, baute das elterliche Haus um und arbeitete acht Jahre lang bei der Frühförderung als Logopädin an der St.-Notker-Schule in Deggendorf und in den Kindergärten im Landkreis. 2003 eröffnete ich in meinem Heimatort die erste logopädische Praxis mit Anschluss an interdisziplinäre Institutionen wie Krankenhäuser, Kliniken, Schulen und die Ärzteschaft. Zeitgleich lernte ich in Deggendorf zunächst den Pianisten und Musiklehrer Josef Deckelmann, der am Gymnasium in Metten unterrichtete, später Helmut Gärtner kennen, mit dem ich viele Konzert im Deggendorfer Raum sang. Ab diesem Zeitraum begann meine zweite Konzerttätigkeit, vor allem in unserer Region. Von 2000 bis 2008 engagierte ich mich sozial und organisierte Benefizkonzerte für die Frauenbergkirche in Hengersberg mit jungen Künstlerinnen und Künstlern. 2005 war ich als Gesangslehrerin an der "music-academie" in Deggendorf tätig. Ab 2007 wurde ich Lehrbeauftragte für Gesang an der Universität Regensburg, zeitgleich mit dem Eintritt meines Sohnes Alexander ins Gymnasium der Regensburger Domspatzen, der mein sängerisches Talent geerbt hat. Ab 2009 engagierte mich Bürgermeister Jürgen Roith aus Winzer elf Jahre in Folge mit meinem "Wiener Melodien-Ensemble" im Ziegel- und Kalkmuseum. 2011 bis 2013 folgten Auftritte im Schlosshotel Eastwell Manor in Ashford (England) und in Brighton. Seit 2013 unterstütze ich den Förderverein Frauenbergkirche Hengersberg und seit 2016 den Förderkreis der Alten Kirche Pleinting, wo ich auch 2. Vorsitzende bin. Seit 2015 werde ich regelmäßig von Altstadträtin Hildegunde Brummer zu Konzerten nach Passau in die "Große Redoute" und in die "Heilig Geist Kirche" eingeladen. Seit 2016 habe ich die Dozentenstelle an der Universität Passau für Stimmphysiologie inne. Von 2016 bis 2018 folgten Engagements im Marinetheater der Hafenstadt Pula. 2019 trat ich beim Deggendorfer Donaufest mit einem "Wiener Melodien-Ensemble" auf. In Regensburg wirke ich seit 2021 im Lehrbeauftragten-Sprecherteam mit und kümmere mich um die Belange meiner Kolleginnen und Kollegen. Mittlerweile singe ich fünf verschiedene Konzertprogramme in drei verschiedenen Sprachen. Gerne unterrichte und coache ich auch Sängerinnen und Sänger, die technische und Probleme mit ihrer Stimme haben. Man möchte es nicht glauben, aber daneben widme ich mich noch meinem Hobby, dem Malen.

Wie sah es zu Pandemie-Zeiten musikalisch aus und wie geht es weiter?
Sabine Rössert-Koye: Letztes Jahr habe ich für das Schauspielstück "Pension Schöller" eine Posse in drei Aufzügen in Plattling vorgesprochen und wurde engagiert. Unter der Regie von Eva Sixt und Joseph Berlinger spiele ich die "Fritzi", eine etwas skurrile Person, die natürlich auch singt. Premiere war am Donnerstag (siehe Seite 31), eine weitere Aufführung findet heute auf dem Magdalenenplatz statt. Ich freue mich, dass es nach der Pandemie-Zwangspause endlich wieder losgeht, vor allem auf mein "Heimspiel" im Jazz-Trio in der Frauenbergkirche zu meinem Jubiläumsjahr. Mit meinen Musikerkollegen möchte ich dabei an die schöne und musikalisch prägende Zeit vor meiner Solokarriere als Opernsängerin zurückerinnern.

Sie sind ausgebildete Opern- und Konzertsängerin, wie kommen Sie zum Jazzgesang?
Sabine Rössert-Koye: Was viele Leute nicht wissen ist, dass ich zu Studienzeiten in verschiedenen Jazz-Rock-Bands in München sang und Keyboard spielte, unter anderem mit Bandmitgliedern von Tommy Fuchsberger. Dessen Vater Hans-Joachim "Blacky" Fuchsberger lud uns später in seine Fernsehshow "Auf los geht`s los" ein, was sehr aufregend war. Während des Studiums hatte ich mir in Münchner Musikstudios als Background-Sängerin mein Taschengeld verdient und dabei interessante Profimusiker kennengelernt, darunter der Komponist Peer Raben, der für den Spielfilm von Rainer Werner Fassbinder "Berlin Alexanderplatz" die Musik komponierte und mich hierfür als Studiosängerin engagierte. Tolle Erinnerungen habe ich zudem an die Auftritte mit Bands in Festivals und Münchner Musik-Clubs, eine Zeit, in der vor allem gute Schlagzeuger und virtuos spielende Bassisten die Szene prägten. Das "Swinging Moonlight-Trio", in dem ich als Sängerin auftrete, erwies sich für mich als Glücksfall. Sven Ochsenbauer, einer der besten Jazzpianisten unserer Region sowie ein international renommierter Jazzpianist und Komponist, hat sich mit seinem virtuosen Spiel einen hervorragenden Ruf in der Jazz-Szene erspielt. Mit ihm verbindet mich eine besondere Affinität zur lateinamerikanischen Musik. Bassist Andreas Fährmann spielt Jazz und zeitgenössische Kompositionen. Er besitzt einen hervorragenden Ruf in der Avantgarde-Szene und liebt das Experimentieren mit Elektronik und Kontrabass. Endlich kann ich wieder Jazz-Standards wie "I’m Beginning to See The Light" von Duke Ellington, "Fly Me To The Moon" von Bart Howard oder beliebte Evergreens von Cole Porter wie "I’ve Got you under My Skin" und George Gershwin "Summertime" singen, die ich von früher bestens kenne.

Interview: Robert Fuchs