München
Holetschek: Niemand stellt Impfpflicht in Frage

10.02.2022 | Stand 19.09.2023, 20:59 Uhr
Klaus Holetschek (CSU), Gesundheitsminister von Bayern. −Foto: Foto: Sven Hoppe/dpa

Die umstrittenen Äußerungen von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) zur Impfpflicht im Gesundheitswesen und in der Pflege haben zu einem heftigen Schlagabtausch im Landtag geführt. SPD, Grüne und FDP warfen Söder und der Staatsregierung am Donnerstag in einer lebhaften Debatte Rechtsbruch und Allmachtsphantasien vor. Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) wies dies scharf zurück. "Weder der Ministerpräsident noch die Staatsregierung noch jemand anders stellt diese Impfpflicht in Frage", betonte er und fügte hinzu: "Wir reden über Umsetzungszeiten im Vollzug."

Söder hatte am Montag gesagt, es brauche bei der Impfpflicht für Gesundheitswesen und Pflege "großzügigste Übergangsregelungen", was "de facto zunächst einmal auf ein Aussetzen des Vollzugs" hinauslaufe. Damit hat er einen Sturm der Kritik ausgelöst.

Söder nahm am Donnerstag nicht an der Landtagsdebatte teil. Er sagte aber der "Rheinischen Post" (Freitag): "Wir sind für die Impfpflicht sowohl für die einrichtungsbezogene als auch die allgemeine. Daran hat sich nicht das Geringste geändert." Aber sie müsse auch in der Praxis umsetzbar sein.

"Es gibt unzählige Fragen, die noch immer ungeklärt sind. Das wird auf die Pflege und die Gesundheitsämter abgeladen. Es ist wie bei der allgemeinen Impfpflicht: Die Regierung ist einfach untätig. Das könnte zu einem Pflegenotstand führen."

Holetschek bekräftigte, es brauche Leitplanken des Bundes für die Umsetzung. Im Moment sei ein Vollzug so nicht möglich. "So wird dieses Gesetz nicht funktionieren, so wird es im Chaos enden." Das sei die klare Erkenntnis, wenn man mit Kommunen und Verbänden über die Pläne rede. "Ich sage seit Wochen: Wir brauchen andere Vollzugsregeln." Er forderte den Bund erneut auf, Vollzugshinweise für das neue Gesetz zu geben, damit man es umsetzen könne.

SPD-Landeschef Florian von Brunn warf Söder einen "politischen und rechtsstaatliche Affront" vor. "Das gefährdet Menschenleben." Söder gefährde die Gesundheit bayerischer Bürgerinnen und Bürger. Jürgen Mistol (Grüne) sagte, es es ein unglaublicher Vorgang, dass Söder Bundesrecht nicht vollziehen wolle. "Das ist glatter Rechtsbruch." Und Alexander Muthmann (FDP) sagte über Söder: "Seine Allmachtsphantasien machen sogar vor dem Rechtsstaat nicht Halt." Die AfD nutzte die Debatte zu einem Angriff auf das Impfen insgesamt.

Holetschek konterte, dass auf Bundesebene ein Beschluss für eine allgemeine Impfpflicht auf sich warten lasse. Dann hätte man auch die aktuelle Debatte nicht. "Sie kriegen's nicht auf die Reihe, Sie haben es versemmelt, und jetzt versuchen Sie, den Spieß umzudrehen", sagte Holetschek.

Der Bayerische Städtetag übte unterdessen deutliche Kritik an der schleppenden Umsetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht. Als gravierend bezeichnete es Präsident Markus Pannermayr (CSU), dass wenige Wochen vor der geplanten Einführung wichtige Fragen ungeklärt seien: "Für wen genau soll die Impfpflicht gelten? Welche Einrichtungen fallen tatsächlich unter die Impfpflicht?" Und: Wie sei eine Abwägung zu treffen, wenn es darum gehe, ob die Impflicht samt möglichen Beschäftigungsverboten durchgesetzt werden solle und die Aufrechterhaltung des Betriebes einer Einrichtung dadurch gefährdet werde? Der Städtetag forderte von Bund und Ländern eine zügige Klärung dieser Fragen. Die von Söder angekündigten Übergangsfristen könnten Zeit verschaffen, einheitliche Regelungen zu finden.

Die sogenannte einrichtungsbezogene Impfpflicht, die ab dem 15. März greifen soll, wurde im Bundesinfektionsschutzgesetz verankert. Konkret heißt es dort, dass die Beschäftigten bis zum 15. März ihrem Arbeitgeber einen Impf- oder Genesenennachweis vorlegen müssen oder ein Attest, dass sie nicht geimpft werden können. Wird der Nachweis nicht vorgelegt, muss das Gesundheitsamt informiert werden. Dieses kann dann, wenn trotz anschließender Aufforderung innerhalb einer Frist kein Nachweis vorgelegt wird, ein Betretungs- oder Tätigkeitsverbot für die Klinik oder Pflegeeinrichtung aussprechen.

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