Kellberg
Hoch zu Ross zu Ehren eines Heiligen

09.10.2022 | Stand 20.09.2023, 1:38 Uhr
Franz Stangl

Auch Pfarrer Alexander Aulinger nahm hoch zu Ross inmitten der Reitergruppe des Reiterhofes Böhmisch an diesem Leonhardi-Umritt teil.

Das war am Sonntag kein folkloristisches Spektakel und auch keine Volkstümelei, sondern echtes Brauchtum und vor allem eine gläubige Wallfahrertradition, das die Besucher im Luftkurort Kellberg (Lkr. Passau) beim traditionellen Leonhard-Umritt zu sehen bekamen.

Eine Tradition, die der ausrichtenden Kellberger Heimat- und Trachtenverein 1985 zu Ehren des Hl. Leonhard, dem Patron der Gefangenen, der Gebärenden, der Bauernschaft sowie dem Schutzheiligen des Viehs und vor allem der Pferde wieder hat aufleben lassen. Überschattet wurde die Veranstaltung vom Tod eines der Gründer, Erich Schätzl, nur einen Tag zuvor.

Die Jahrhunderte alte Wallfahrertradition zu Ehren des Heiligen Leonhard hatte eine kleine Gruppe österreichischer Wallfahrer aus dem Gebiet um Esternberg bis in diese Zeit gerettet. Jahrzehntelang war es damals jährlich das gleiche Ritual: Um den 6. November, dem Gedenktag des Heiligen Leonhard, da machte sich eine kleine Gruppe von Wallfahrern aus Esternberg auf den Weg über die Donau und hinauf auf das gegenüber liegende Kellberg, um dort die Sonntagsmesse zu besuchen. Unauffällig reihten sie sich dann dort in den letzten Reihen der Pfarrkirche mit der benachbarten Leonhardi-Kapelle unter die einheimischen Messbesucher ein. Und hätten sie in der Messkollekte sowie nach dem Frühschoppen oder dem Mittagessen in den örtlichen Gaststätten nicht Schillinge hinterlassen, die Anwesenheit der österreichischen Wallfahrer wäre nicht mal aufgefallen. Dabei waren gerade sie es, die diese über 500 Jahre alte Wallfahrer-Tradition aufrechterhalten und in diese Zeit gerettet hatten.

Die schon lange verstorbenen aber unvergessenen Matthias Kerber und der nur als "Suma Lois" bekannte Alois Schreiner sowie Ehrenbürger Erich Schätzl, der zur tiefen Betroffenheit der Kelberger einen Tag vor diesem Leonhardi-Umritt verstorben war, waren es schließlich, die diese Wallfahrer-Tradition der Leonhardi-Umritte 1985 wieder ins Leben gerufen haben. Tausende Besucher waren es damals, die entlang der Kellberger Umzugsstraßen ein dichtes Spalier für die bis zu über 200 Pferde vor festlich geschmückten Wägen oder mit stolzen Reitern auf den Rücken bildeten. Nach Jahren des Besucheransturms hat der Heimat- und Trachtenverein die Bremse gezogen und den Leonhardi-Umritt wieder auf seine ursprünglich gläubige Wallfahrertradition zurückgeführt. Gestern nun waren es 25 Pferde aus den gemeindlichen Reiterhöfen Anetseder aus Aichet, Schiermeier aus Fattendorf und Böhmisch aus Satzbach, der mit 14 Pferden vertreten war, sowie auch einige Einzelreiter, die nach einem Erntedank-Gottesdienst in der Pfarrkirche St. Blasius mit Pfarrer Alexander Aulinger vom Festplatz gegenüber dem Mehrzweckgebäude aufbrachen. Musikalisch angeführt vom Kellberger "Bleh Haffa" unter der Leitung von Leo Schauer und mit den vielen Mitglieder des Heimat- und Trachtenvereins in ihren schmucken Trachten und Vorsitzendem Ernst Bremm an der Spitze ging dieser Weg entlang dem Spalier der vielen Besucher mit Pfarrer Alexander Aulinger hoch zu Ross über die Kreuzung in der Dorfmitte, über die König-Max-Promenade zum ehemaligen Raiffeisengebäude und von dort über die Lindenstraße bis zum Hotel Lindenhof. Von dort dann über die Kurpromenade wieder zurück zum Endziel, dem Festplatzgelände. Dort segnete Pfarrer Aulinger nach einer kurzen Andacht zu Ehren des Heiligen Leonhard abschließend noch die Pferde.