Angriffskrieg
Herrmann: Warnung vor Hass und russischen Cyberattacken

11.04.2022 | Stand 20.09.2023, 1:29 Uhr
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) spricht bei der Pressekonferenz zum Verfassungsschutzbericht 2021. −Foto: Foto: Angelika Warmuth/dpa

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hat immer mehr Hass und Hetze im Netz und auf der Straße sowie eine zunehmende Aggressivität von Extremisten aller Art beklagt. Im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine warnte Herrmann bei der Vorstellung des neuen Verfassungsschutzberichts am Montag zudem vor russischen Cyberattacken und aus Russland gesteuerten Falschmeldungen. Wichtige Punkte des neuen Berichts im Überblick:

Corona-Proteste: Hass und Hetze hätten ein bislang nicht gekanntes Ausmaß erreicht, im Netz, auf der Straße und bis hinein ins private Umfeld, sagte Herrmann. Befeuert durch die Anti-Corona-Maßnahmen würden Politiker und staatliche Institutionen zu nahezu jedem beliebigen Thema von einem zwar kleinen, aber umso aggressiveren Teil der Bevölkerung in einem nie gekannten Ausmaß mit Hass überzogen. Es würden gezielt Verschwörungstheorien und Desinformationen verbreitet.


Der Einfluss von Extremisten auf Corona-Protestveranstaltungen sei zahlenmäßig zwar geringer gewesen als befürchtet: "Lediglich bei 207 von rund 3000 Protesten gegen staatliche Pandemie-Maßnahmen haben die Verfassungsschützer Personen mit extremistischen Bezügen festgestellt", berichtete Herrmann. Und die Mehrzahl der Proteste sei friedlich verlaufen. Herrmann nannte es aber alarmierend, wenn es unter Ausnutzung der Versammlungsfreiheit zu massiven Ausschreitungen und Straftaten komme. Besonders die rechtsextremistische Szene versuche zudem, die Corona-Proteste für ihre Zwecke zu nutzen und mit Verschwörungstheorien Anschluss ans bürgerliche Spektrum zu finden.

Rechtsextremismus: "Das rechtsextremistische Personenpotenzial bleibt mit 2700 Personen auf hohen Niveau", warnte Herrmann. Die Zahl der gewaltbereiten Szeneangehörigen stieg im vergangenen Jahr von 1035 auf 1075, die Zahl der rechtsextremistischen Straftaten sank auf 1750 (2020 waren es 2455). Darunter waren 53 Gewalttaten (2020: 81). "Dass hiermit eine dauerhafte Trendumkehr verbunden ist, ist angesichts der im Netz immer häufiger kursierenden Aufrufe, an einem Tag "X" das System zu stürzen, jedoch eher unwahrscheinlich", sagte der Minister. Der Rückgang dürfte zudem auch der Corona-Pandemie geschuldet sein.


Reichsbürger: Im Zusammenhang mit den Corona-Protesten ist es der Reichsbürger-Szene nach den Worten Herrmanns gelungen, im virtuellen und im realen Raum Anhänger zu gewinnen. Das Personen- und das Gewaltpotential habe mit 4605 Anhängern - 450 davon werden dem "harten Kern" zugerechnet - sowie 122 politisch motivierten Gewalttaten "einen traurigen Höchststand erreicht", sagte er. Die Gesamtzahl der Straftaten stieg laut Bericht von 243 auf 425.


Linksextremismus: Die Zahl der linksextremistisch motivierten Straftaten ging 2021 im Vorjahresvergleich von 705 auf 471 und die der Gewalttaten von 62 auf 47 zurück. Die Gewaltbereitschaft sei aber weiter hoch, warnte Herrmann, der Rückgang sei kein Grund zur Entwarnung. Vielmehr hätten linksextremistische Gewalttäter nunmehr besonders kritische Infrastrukturen als Anschlagsziele im Blick. Sabotageakte zeigten immer größere Rücksichts- und Skrupellosigkeit.


Islamismus:Auch islamistische Bestrebungen dürfe man nicht aus dem Blick verlieren. "Diese versuchen nach wie vor Präsenz zu zeigen und mit einzelnen Anschlägen ein Klima der Verunsicherung zu schüren", warnte Herrmann. Auch bei der Attacke eines Mannes, der im November in einem ICE vier Menschen mit einem Messer angegriffen hatte, sei mittlerweile von einer islamistisch motivierten Straftat auszugehen.


Folgen des Ukraine-Kriegs und Cybersicherheit: Der durch nichts zu rechtfertigende russische Angriff auf die Ukraine verursache maßloses menschliches Leid, sagte Herrmann und fügte hinzu: "Gleichzeitig droht dieser Konflikt auch die Sicherheitslage Deutschland zu beeinträchtigen." Der Minister warnte vor russischen Cyberangriffen auf Infrastrukturen und staatlich gesteuerten Fake News, die westliche Demokratien destabilisieren sollten. "Russische Cyberangriffe auf bayerische Behörden sowie auf Unternehmen und Einrichtungen sind nicht ausgeschlossen", warnte er. Der Schutz vor Spionage, gezielten Desinformationskampagnen und sonstigen Versuchen der Einflussnahme fremder Staaten und Akteure müsse ausgebaut werden.


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