Sachbuch
Heimat aus dem Baumarkt: Karl Bruckmaiers verblüffendes Buch "OBI"

30.12.2016 | Stand 19.09.2023, 5:35 Uhr

Geschmacklos? Hilflos? Scheußlich? Wie ein Betrachter diese Verschönerungsmaßnahme hier beurteilt, hängt von seinen ästhetischen Koordinaten ab. Karl Bruckmaier schlägt ein paar neue vor. − Fotos: Wilfried Petzi

Ganz genau wissen wir doch Bescheid, was guter Stil ist, was Heimat ausmacht, was sie verschandelt, worüber es sich zu diskutieren lohnt und was unbesehen auf den Sperrmüll kann. Feuilletonleser und Kulturjournalisten wissen es oft sogar noch ein bisschen besser. Was nehmen wir ernst? Was belächeln wir? Lieben wir die Heimat? Auch wenn sie nicht so aussieht, wie wir es gerne hätten? Es sind ungemütlich bereichernde Fragen, die Karl Bruckmaier stellt. Der in Triftern im Landkreis Rottal-Inn aufgewachsene und seit 1978 in München lebende Autor, Kritiker, Moderator und Hörspielregisseur hat mit dem aus Pfarrkirchen stammenden Fotografen Wilfried Petzi den Band "OBI oder das Streben nach Glück" (Kursbuch Edition) herausgebracht. Die Fotografien sind herausfordernd, die Texte klug und und sprachlich brillant. Alles weitere erklärt Karl Bruckmaier im Interview selbst.

Herr Bruckmaier, man könnte meinen, die Fotos in Ihrem Buch verhöhnen Menschen, die ein Baumarkt-Plastikreh auf den Betondeckel ihrer Sickergrube stellen. Im zugehörigen Essay erklären Sie, dass Sie das als selbstbewussten Ausdruck von Freiheit, als Streben nach Glück verstehen. Wie sind Sie zu der Ansicht gekommen?
Bruckmaier: Da ist mir mehr zugestoßen als dass es eine intellektuelle Leitung war. Zum einen ist es mir zugestoßen bei der Arbeit an meinem Buch "The Story Of Pop", wo ich versucht habe zu zeigen, wie aus einer verächtlich gemachten Kultur eine neue Kunstbewegung (Pop-Art, Popmusik, Kino) entstanden ist,ohne dass die Eliten dem zugestimmt hätten. Ähnliches scheint in der Provinz, nicht nur in Niederbayern, zu passieren: Dass der Freiheit in der Lebensführung und das gewachsene Selbstbewusstsein auch dazu führen, dass man sich nicht mehr scheut, sich genau so auszudrücken, wie man das möchte. Der Gestaltungswille bedient sich aus einem Baukastensystem, das schon zur Verfügung steht − das ist mit dem Wort OBI, mit dem Wort Baumarkt gemeint. Was dabei entsteht, ist manchmal ganz fürchterlich, manchmal herzerwärmend schön. Aber nur, weil das aus Fertigteilen besteht, heißt es nicht, dass das nichts wert wäre.

Das ausführliche Gespräch lesen Sie am 30. Dezember im Feuilleton der Passauer Neuen Presse.