Wegen Corona
Gutschein oder Tickets verfallen: Das gilt für Verbraucher

17.05.2021 | Stand 22.09.2023, 3:16 Uhr

Einen Gutschein als Entschädigung müssen Verbraucher nicht immer akzeptieren. Welche Regel für sie gelten, ist abhängig davon, wann sie beispielsweise die Konzerttickets gekauft haben. −dpa

Seit über einem Jahr fristen Gutscheine und Konzertkarten wegen der Pandemie ihr Dasein in der Schublade. Simone Bueb von der Verbraucherzentrale erklärt, wie es mit Abos und Co. weitergeht.

Am Mittwoch mit den längst gekauften Tickets auf das Konzert des Lieblingskünstlers, am Freitag im Rahmen der Jahresmitgliedschaft zum Training ins Fitnessstudio, am Samstag den Gutschein beim Lieblingsitaliener einlösen: eine ganz normale Woche vor dem Ausbruch der Pandemie. Das Coronavirus fror den gewohnten Alltag urplötzlich ein – doch was wurde und wird aus den Karten oder Gutscheinen, die nun seit über einem Jahr in der Schublade liegen?

Gutscheine: Verlängerung, Umtausch oder doch Geld zurück

Sie besitzen einen Gutschein, doch konnten ihn wegen der Pandemie nicht einlösen, jetzt ist er verfallen? Laut Simone Bueb von der Verbraucherzentrale Bayern dürfte das kein Problem sein: Grundsätzlich kann ein Gutschein zeitlich zwar befristet sein, wenn dieses Fenster nicht zu kurz – beispielsweise nur auf ein Jahr – festgesetzt ist.

"Ist der Gutschein abgelaufen und konnte er lediglich aufgrund der Corona-Pandemie nicht rechtzeitig eingelöst werden, verlängert sich dessen Gültigkeit unserer Ansicht nach." War es zum Beispiel nicht möglich, den Gutschein in den sechs Monaten vor dem Ablaufdatum einzulösen, "muss der Gutschein um diesen Zeitraum verlängert werden". Außerdem können sich Verbraucher überlegen, ob sie den Gutschein für ein Angebot der Firma einlösen möchten, das trotz Pandemie erhältlich ist. Bueb erklärt das am Beispiel eines Fitnessstudios: "Sollte der Verbraucher einen Gutschein erhalten haben, der ausdrücklich nur für eine Trainingseinheit ausgestellt ist, kann er diesen trotzdem auch für das Shopangebot nutzen." Das Unternehmen könne Gutscheine nicht auf Leistungen begrenzen. Alternativ können Verbraucher laut Bueb verlangen, dass ihnen der Geldwert des Gutscheins erstattet wird.

Doch ein wenig Vorsicht ist geboten, wenn Verbraucher während der Pandemie ihr Lieblingsunternehmen mit dem Kauf von Gutscheinen unterstützen: Das kann zwar momentan für Liquidität sorgen. Der Hotel-Gasthof Zum Anker in Ingolstadt ist zum Beispiel dankbar für die Gutscheinkäufe von Firmen- und Privatkunden. "Das ist und war den Umständen entsprechend auf jeden Fall eine Hilfe", so Betreiber Sebastian Schmailzl. Doch ein Sprecher des Wirtschaftsministerium räumt ein: "Dem steht allerdings auf Seiten der Konsumenten das Risiko gegenüber, dass das Unternehmen später gegebenenfalls nicht liefern oder leisten kann."

Bei Mitgliedschaften zählt das Vertragsdatum

Auch Verbrauchern, die aufgrund der Pandemie Mitgliedschaften nicht wahrnehmen können, kann Bueb Handreichungen bieten: Bei einem Fitnessstudiovertrag komme es beispielsweise darauf an, wann dieser abgeschlossen wurde. "Erfolgte der Vertragsschluss vor dem 8. März 2020, so kann sich das Studio auf die geltende Gutscheinlösung berufen." Damit erhalte der Verbraucher einen Gutschein, welchen er sich nach dem 31. Dezember 2021 in Geld auszahlen lassen kann. "Einen Gutschein für eine neue Mitgliedschaft darf das Studio nur ausstellen, wenn der Verbraucher damit einverstanden ist." Wenn der Verbraucher aber beispielsweise in das Studio könnte, allerdings wegen der Angst vor einer Ansteckung nicht möchte, sei das Fitnessstudio nicht verpflichtet, ihm entgegen zu kommen. "Ist der Verbraucher jedoch krank oder gehört er zu einer Risikogruppe, kann er gegebenenfalls überlegen, sich ein ärztliches Attest ausstellen lassen."

Bei Konzert- und Veranstaltungskarten greift die Gutscheinlösung

Wer Karten für eine verschobene Veranstaltung besitzt, muss sich laut Bueb nicht vertrösten lassen: "Wir sind der Ansicht, dass Verbraucher sich nicht darauf verweisen lassen müssen, dass das Konzert zu einem späteren Zeitpunkt stattfindet." Allerdings könne sich der Verbraucher darauf einlassen, wenn er möchte. "Grundsätzlich gilt jedoch auch in diesem Fall die Gutscheinlösung. Der Verbraucher erhält einen Wertgutschein und kann diesen nach dem 31. Dezember 2021 in Geld einlösen, wenn er ihn vorher nicht verbraucht hat." Deswegen müssen Verbraucher , wenn kein neuer Veranstaltungstermin angeboten wurde, einen Gutschein vorerst akzeptieren.

Jahreskarten und Abos gerne durch Vereinbarungen geregelt

Die Gutscheinlösung gilt laut Bueb auch für Jahreskarten oder Abonnements. "Wurde die Jahreskarte für den Zoo also vor dem 8. März 2020 erworben, muss der Verbraucher auch hier einen Gutschein akzeptieren und kann sich erst nach dem 31. Dezember 2021 sein Geld auszahlen lassen." Stamme die Jahreskarte aber aus dem Jahr 2021, gelte die Gutscheinlösung nicht. "Eine Rückforderung der Gesamtsumme für die Jahreskarte ist jedoch problematisch, da der Zoo nicht das ganze Jahr geschlossen ist, sondern immer nur einige Wochen oder Monate." Nach Ansicht der Verbraucherzentrale haben Verbraucher jedoch Anspruch auf den anteiligen Betrag. "Eine etwaige Verlängerung der Jahreskarte um die Schließungszeit kann jedoch ebenfalls vereinbart werden, wenn beide Seiten damit einverstanden sind." Das Ingolstädter Sportbad verfährt beispielsweise so, wie Betriebsleiter Oliver Reis erklärt: "Die Gültigkeit der Halbjahreskarten wurde nach dem ersten Lockdown aus Kulanz um den entsprechenden Zeitraum, maximal jedoch um die vorherige Restgültigkeit, verlängert."

Allgemein rät Bueb Verbrauchern, die das Recht zwar auf ihrer Seite haben, aber dennoch auf Widerstand stoßen, hartnäckig zu bleiben: "Sollten sie dabei nicht weiterkommen, können sich Verbraucher bei uns beraten lassen und als letzte Möglichkeit gegebenenfalls einen Rechtsanwalt einschalten."