Ist es gute oder schlechte Kritik, bei einer Chansonsängerin zunächst ihr komödiantisches Talent zu loben? Der eine oder andere Künstler wäre sicherlich pikiert. Erst recht, wenn er eine so vielseitige, in einem Wimpernschlag die Facette wechselnde und beim Bundesgesangswettbewerb in der Kategorie Chanson prämierte Stimme hat wie Anna Veit. Die Sängerin und Bassistin aus Hauzenberg im Landkreis Passau jedoch sicherlich nicht. Sie weiß, dass sie ihr Publikum mit ihrer Stimmgewalt fesselt. Aber auch, dass sie es mit ihrem Humor sowie ihren verschiedenen Rollen, die sie gesanglich und mimisch auf der Bühne aneinandergeraten lässt, einfängt.
Am Freitag war sie in der Passauer Redoute zu Gast. Mit Michael Gumpinger am Klavier präsentierte sie ihr Sommerprogramm "Gold und Fische" in der vom Passauer Konzertwinter zum Konzertsommer gewordenen Vokalreihe "Voc Vocal" der Gesellschaft der Musikfreunde. Mit eigenen Liedern sowie Werken von Georg Kreisler, Stefan Raab, Hildegard Knef, Billy Joel sowie Thomas Pigor und Benedikt Eichhorn ist das Programm, das in dieser Besetzung in Passau Premiere feierte, eine bunte und schwungvolle Mischung aus Seichtigkeit und Tiefe, Witz und Tragik – ein lauer Sommerabend, an dem man mit Freunden lacht und über das Leben, die Gesellschaft und die Liebe spricht.
Das passt. Denn Anna Veit singt nicht nur, sie erzählt – ihre Stimme gibt jedem Wort einen eigenen Klang und ihre Mimik dem Witz ein Gesicht. Mit Letzterem begeistert sie vor allem bei kabarettistischen Werken wie "Wenn alle das täten" oder "Maulende Rentner" ihre Zuhörer und gleichzeitig Zuschauer. Doch sie kann nicht nur bodenständigen Humor, Anna Veit kann auch Tiefgang, Tragik und das "klischeehafte Chanson", wie sie selbst den "Ball Paré" von Hildegard Knef ankündigte. Viel besser kommen die Zerbrechlichkeit und Kraft, die Wärme und Kälte und die Breite ihrer Stimme jedoch bei ihren selbst geschriebenen Texten zum Ausdruck.
Besonders hervorzuheben ist auch das Zusammenspiel mit Michael Gumpinger. Klavier und Gesang – zwischendurch greift Anna Veit auch zum Kontrabass – tanzen eng umschlungen durch den Abend. Der Pianist begleitet Anna Veit nicht, er ergänzt sie.
Die Dynamik, Kraft und Feinfühligkeit der Musiker machen die Rahmengeschichte um Gold und Fische fast überflüssig. Zum Verständnis des Titels ist sie nützlich, fürs Programm selbst braucht es die Denkanstöße rund ums Goldsuchen und Umherschwimmen nicht. Anna Veit erzählt als Chansonsängerin, Komikerin und Lyrikerin in ihrer Musik so detailliert und facettenreich, dass das Programm keine weiteren Erklärungen bräuchte.
Deborah Voß
