Geblieben ist nur das Granitwerk in Prünst

Von den Patersdorfer Steinbrüchen ist nach 100 Jahren nur noch einer in Betrieb – Dessen Abbaurechte sind langfristig gesichert

03.03.2018 | Stand 21.09.2023, 5:34 Uhr
Herbert Fuchs

Mittlerweile über 100 Meter tief ist die Abbaugrube in Prünst. Der Steinbruch ist einer der ältesten der Region und noch heute in Betrieb. Vor allem Straßenbaumaterial wird abgebaut. − Fotos: Fuchs

Patersdorf. Die etwa 100-jährige Patersdorfer Steinbruchära ab dem Ende des 19. Jahrhunderts hat immer wieder einen starken Wandel erfahren, doch irgendwann war das Ende erreicht. Insbesondere die Grobveredelung (Herstellung Pflaster-, Grenz-, Rand- und Leistensteine) musste in den 1990er Jahren eingestellt werden. Diese Entwicklung verlief in mehreren Stufen und hatte unterschiedliche Ursachen.
Einer der Hauptgründe war wohl die Billiglohnkonkurrenz aus dem Ausland ab Ende der 1980er Jahre, die den einheimischen Betrieben immer mehr zusetzte. Dazu kam ein drastischer und unaufhaltsamer Fachkräftemangel, weil die auch im Bayerischen Wald aufblühende Wirtschaft andere attraktive Beschäftigungsmöglichkeiten bot, die vor allem mit weniger gesundheitlichen Risiken verbunden waren. Außerdem versprachen andere Berufe ganzjährig ein konstantes Einkommen. Viele junge Leute wanderten daher in die aufblühende Metallindustrie oder die Dienstleistung ab oder studierten. An dieser Entwicklung änderte auch der lange Streik der Granitarbeiter im Jahr 1990/1991 nichts, der im Nachhinein betrachtet, den Steinhauern wenig brachte.

Das Aus kam für die meistenin den 1990er JahrenZugleich war ein immer größer werdender Aufwand notwendig, um die passende Steinqualität freizulegen. Dies hätte von den Betrieben enorme Vorleistungen mit finanziellen Risiken verlangt, so dass Mitte der 1990er Jahre mit der "Boarischen" und dem Apfl-Bruch auch die letzten Steinbrüche für Grobveredelung schlossen und 2012 die Firma Apfl zudem die Sägerei und Grabmalherstellung einstellte. 2005 machte auch das Granitwerk Wildtier dicht.
Geblieben ist als einziger Steinbruch das Granitwerk in Prünst, das schon frühzeitig ausschließlich auf die industrielle Herstellung von Straßenbauschotter im Brecherwerk umgestellt hatte.

Geblieben sind auch eine Reihe von riesigen Abbaugruben in Wildtier, Grünbach und Linden, die sich nach dem Abschalten der Entwässerungspumpen langsam mit Grundwasser füllten und sich zu türkisfarbenen Lebensräumen für Flora und Fauna entwickelten.
Zurückgeblieben sind zudem die aus Holz errichteten Hauerhütten sowie die massiven Maschinenhallen und Kantinen. Lange Jahre waren auch noch die Gleisanlagen für die Rollwagen zu sehen, die für den Steintransport notwendig waren. Übrig blieben auch große Halden von Abfallsteinen, die immer noch unübersehbare, aber stumme Zeugen einer bedeutenden Zeit sind.
Nach wenigen Jahrzehnten holte sich die Natur die geologischen Freilegungen wieder in ihr grünes Reich zurück und zwischenzeitlich sind auch die meisten Hauerhütten verschwunden.

Geschichte ist eng mit der Regentalbahn verbundenDer Granitbruch in Prünst ist geschichtlich einer der ältesten Steinbrüche im Raum Patersdorf. Gesicherte Aufzeichnungen berichten, dass der Steinbruch zum Ende des 19. Jahrhunderts unter der Teisnacher Granitgesellschaft betrieben worden ist und durch die Produktion von weit über 4000 Kubikmeter Zyklopenmauersteinen unter wohl schwierigsten Bedingungen ganz entscheidend zum Bau der Pfarrkirche von Teisnach beigetragen hat.
Die Gesellschaft ging im Jahr 1903 an die Regentalbahn AG über, die bereits im Jahr 1890 einen Eisenbahnverkehr zwischen Gotteszell und Teisnach in Betrieb genommen hatte, der kurze Zeit später nach Viechtach ausgeweitet worden ist. Die Regentalbahn AG brauchte den Granitschotter für ihre Gleisanlage und die Granitmauersteine für die Bahnhofsgebäude und Brückenbauten, die heute noch als eindrucksvolle Zeugnisse für die damalige Baukunst stehen.
Die Regentalbahn war viele Jahrzehnte lang alleine dafür zuständig, die schweren Güter in großem Maße von der Granitproduktion (der wie Pilze aus dem Boden wachsenden Steinbrüche) zu den Kunden in die Großstädte zu transportieren. Zwar sind aus dem Raum Hauzenberg namhafte Granittransporte zu Prachtbauten nach München oder sogar bis Budapest überliefert, doch fehlen hierüber Aufzeichnungen aus dem Patersdorfer Raum, wenngleich sie gewiss auch im großen Maße stattgefunden haben.

Im Granitwerk Prünst wurde schon in den 1960er und 70er Jahren die Bearbeitung zu Pflaster-, Rand-, Leisten- und Grenzsteinen zurückgefahren und mehr und mehr auf Schotter- und Splittgewinnung umgestellt. Diese Entwicklung beschleunigte sich durch den Einstieg der Firma Josef Kusser (Aicha v. Wald) im Jahr 1980, die 2005 auch noch die Firma Katharina Hacker aus Natternberg ins Boot holte. Die Firma Hacker übernahm schließlich die 100 Jahre alten Anteile der Regentalbahn AG.

Die neuen Eigentümer kümmerten sich um die langfristige Sicherung der Abbaurechte und betreiben somit den heute einzig aktiven Steinbruch im Raum Patersdorf. Obwohl der Bruch bei Weitem nicht mehr so viele Beschäftigte zählt, spielt er wirtschaftlich eine sehr große Rolle, kann sich doch die gesamte Region auf kurzen Wegen sehr gut mit ausreichend hochwertigem Straßenbaumaterial versorgen.
Ähnliche Anlagen gibt es nur mehr in Rattenberg (stillgelegt), Cham und Vilshofen. Lediglich im so genannten "Karl-Bruch", einem Nebenbruch der "Boarischen", betreibt die Baufirma Rädlinger eine mobile Brecheranlage zur Verarbeitung der dort großen Abraumhalden.
Abbau und Veredelungmit riesigen MaschinenDie zwischenzeitlich in Prünst entstandene Abbaugrube hat eindrucksvolle Ausmaße angenommen. Das ist kein Wunder, denn das Granitwerk Prünst verlassen jedes Jahr zirka 400000 Tonnen Straßenbaumaterial nach ganz Ost- und Südbayern und weit darüber hinaus. Die Grube hat ein gewaltiges Ausmaß von 500 Metern Länge und 300 Metern Breite sowie eine aktuelle Tiefe von gut 100 Metern erreicht.
Verkaufsleiter Richard Hollmayr-Kroner sen. schildert, dass die Abbaurechte für die nächsten 35 Jahre gesichert wurden und die früher gefürchteten Sprengerschütterungen durch fein dosierte Zündzeitstufen stark abgemildert sind. Zudem sind durch die hohe Effizienz Sprengungen nur mehr alle 14 Tage notwendig.
In 15 bis 20 Meter tiefen Abbausohlen wird der gesprengte Fels durch einen riesigen 92-Tonnen-Bagger mit einer Fünf-Kubikmeter-Schaufel auf 1,2 Meter große Brocken zerkleinert und auf einen Muldenkipper mit einer Nutzlast von 60 Tonnen geladen. Dieser kippt das Gestein in einen Vorbrecher, der es wiederum bis auf 12-Zentimeter-Stücke zerkleinert.
Anschließend wandern die Steinbrocken über das Haufwerk in den Nachbrecher, wo sie über verschiedene Förderbänder sortiert und schließlich in einer Sieblinie die geforderte Frostschutzqualität (Sand-Kornanteil) gesichert werden kann. Damit ist das Gestein an der Edelsplittanlage angelangt, in der die verschiedenen Fraktionen wie Schotter, Schrotten oder Splittgemische gebrochen und veredelt werden.
Diese Produkte werden laufend von der TU München auf ihre Qualität mit einem so genannten Schlagzertrümmerungswert und hinsichtlich der Kornform überwacht. Alle seien "autobahntauglich", versichert Verkaufsleiter Richard Hollmayr-Kroner sen.
Hergestellt werden in Prünst 27 verschiedene Granitfraktionen für Straßenbaumaßnahmen aller Art und auch als Anteil für die Asphaltherstellung. Betriebsleiter Christoph Hollmayer-Kroner schildert vom Steinbruch in Prünst eine interessante Besonderheit. Dort kommt neben dem Granit im südöstlichen Abbaubereich Dioritstein vor, eine besonders harte und dunklere Unterart des Granits mit einem höheren Anteil von Feldspat, der noch höhere Qualitätskriterien noch leichter erfüllt. Insgesamt, so schildert der Betriebsleiter, ist die Bearbeitung wegen der Härte des Steins außerordentlich materialaufwendig, was sich sehr am großen Verschleiß an Sieben und Brechwerkzeugen zeigt.
VBB-Autor Herbert Fuchs stützte sich bei seinen umfangreichen Recherchen auf zahlreiche Quellen und Informanten. Für diesen Beitrag waren dies vor allem Manfred Feist aus Patersdorf sowie Richard Hollmayr-Kroner und Christoph Hollmayer-Kroner.