Gardasee: Radeln mit Ausblick

25.08.2018 | Stand 21.09.2023, 22:36 Uhr

Außen an der Felswand entlang: Im gebirgigen Westen des Gardasees gab es für einen Radweg nur eine Möglichkeit – er wurde mit einer Konstruktion direkt über dem See gebaut. Gestartet werden kann die Tour auf dem bislang erst zwei Kilometer langen Abschnitt im Ort Limone. −Foto: Jahns

Im Nordwesten des Gardasees ist vor kurzem der erste Teil eines spektakulären Radwegs eröffnet worden. Er führt am Fels entlang direkt über den See.

Man muss einfach stehen bleiben. Zu genial ist der Ausblick: Unter einem glitzert das Wasser, zahlreiche Segler ziehen über den See, im Rücken hat man eine Felswand – und unter einem einen der wohl spektakulärsten Radwege Europas. Ein erstes Teilstück des Großprojekts ist kürzlich am Gardasee eröffnet worden. Doch das Millionenprojekt ist eine bauliche Herausforderung.

Der See in Norditalien ist sowohl bei Profi- als auch bei Freizeitradlern sehr beliebt. Im flacheren Süden und Osten des Gardasees sind die Wege meist bestens geeignet für Radfahrer. Weniger optimal ist jedoch der Norden und vor allem der Nord-Westen des Sees. Dort ragen steile Felswände vom Wasser hinauf. Es gibt von Nord nach Süd nur eine Straße am Wasser entlang, die Gardesana. Diese verschwindet oft in Tunneln, die durch den Felsen getrieben wurden, sehr schmal sind und nur mäßig ausgeleuchtet. Als Radfahrer in diesen dunklen engen Röhren ist man ständig in Gefahr, von Autofahrern erfasst zu werden. Weil Italien aber den Fahrradfreunden eine sichere Fahrt ermöglichen möchte, begannen bereits vor Jahren die Planungen für den neuen extravaganten Radweg im Nordwesten des Sees.

Da es eben keine Möglichkeit gab, "an Land" einen Radweg zu bauen und auch in den engen Tunneln keine Erweiterung durchführbar war, blieb nur eine Lösung: Man musste den Radweg außen am Felsen anbauen. Mithilfe einer speziellen Konstruktion entstand so durch aufwändige Arbeiten die erste Teilstrecke des Radwegs. Teilweise über dem See schwebend ist der neue, rund zwei Kilometer lange Abschnitt nun bereits ein Besuchermagnet. Nachts ist der Weg mittels LED-Technik beleuchtet.

Geplant ist, dass es einmal einen 140 Kilometer langen, durchgehenden Radweg um den See geben soll. Das Millionenprojekt soll 2021 fertiggestellt sein.

Das neue Teilstück bei Limone jedenfalls hat schon seit der Eröffnung im Juli tausende Besucher angelockt. Der Weg ist sowohl für Fußgänger als auch für Radfahrer freigegeben. Rennradfahrer dürften hier allerdings keine allzu große Freude haben: zu kurvig die Strecke, zu viele Spaziergänger, eine erlaubte Höchstgeschwindigkeit von zehn Stundenkilometern. In erster Linie haben hier solche Radfahrer und Fußgänger große Freude, die einen spektakulären Ausblick auf den See erhaschen und gemütlich ohne Autoverkehr radeln wollen.

Starten kann man die Radtour nördlich von Limone, wo der neu eröffnete Teilabschnitt beginnt. Wer mit dem Auto anreist, sollte angesichts der knappen Parkplatzsituation im See-Westen beispielsweise im Parkhaus am Seeufer in Limone parken. Quer und etwas mühsam geht es dann durch den Ort bis zum Start des neuen Radwegs. Dieser endet nach etwa zwei Kilometern übrigens recht abrupt und unspektakulär: Immer noch oberhalb des Sees, direkt an der Grenze zur Provinz Trento, ist der neue Radweg plötzlich an einer Art Denkmal samt Aussichtsmöglichkeit zu Ende. Wer dann noch weiter in Richtung Riva radeln möchte, muss sein Rad über eine Absperrung heben und neben den Autos auf der Uferstraße weiterradeln. Die meisten Radler drehen dann einfach wieder um, radeln zurück nach Limone – und hoffen auf die baldige Fertigstellung eines weiteren Teilstücks.

PNP-Redakteurin Jennifer Jahns radelte privat am Gardasee.