Regensburg
Friseure im Lockdown -"da ist so manche Träne geflossen"

21.02.2021 | Stand 12.10.2023, 11:53 Uhr

Seitdem klar ist, dass Friseure am 1. März wieder öffnen dürfen, verbringt Sabine Koch viel Zeit am Telefon. −Foto: Ursula Hildebrand

Sabine Koch hat in ihren neuen Salon in Regensburg investiert - auf Hilfen wartet sie vergeblich.

So hatte sich Sabine Koch das nicht vorgestellt – vor etwas mehr als einem Jahr, am 1. Februar 2020, eröffnete sie ihren Friseur-Salon "Schickeria" im Regensburger Westen. Gemeinsam mit Kollegin Johanna Fleischmann teilt sie sich die Räume in der Prüfeninger Schloßstraße. Wenige Wochen nach der Eröffnung holte der erste Lockdown Sabine Koch ein – nun, mit dem Ende des zweiten Lockdowns vor Augen, klingelt bei ihr ununterbrochen das Telefon. "Der Terminkalender für den März ist schon fast voll", sagt Koch.

"Man rechnet einfach nicht mit so einer Situation", sagt Sabine Koch. Dass man selbst vielleicht mal ausfalle wegen einer Erkrankung, das sei natürlich möglich, aber dass der Salon zugesperrt wird wegen einer Pandemie, daran hat niemand gedacht. Mit dem ersten Lockdown ging auch für Sabine Koch der Kampf los – die Soforthilfe konnte sie schnell beantragen, bekam auch 9.000 Euro überwiesen. Etwa die Hälfte aber musste sie wieder zurückzahlen. Lediglich die Fixkosten durften mit dem Geld beglichen werden, private Ausgaben waren hier nicht vorgesehen. Auch die berühmten November-Hilfen helfen den meisten Friseuren nichts. Sie werden nämlich dann gewährt, wenn im November 2020 der Umsatz um mindestens 30 Prozent geringer war als im November 2019. Und das war er eben nicht. Denn: Vor Weihnachten wollte jeder nochmal zum Friseur – den zweiten Lockdown vor Augen hatten Koch und ihre Mitarbeiterin alle Hände voll zu tun. Nun aber dauert der Lockdown schon wieder einige Wochen – Wochen ohne jegliche Einnahmen, aber mit weiter laufenden Fixkosten für den Salon ...

Hilferuf aus der verordneten Untätigkeit



Am Montag, 8. Februar, platze Koch dann der Kragen. Unter der Überschrift "Es reicht!" wandte sie sich an die Presse. "Für die Schließung wurde den Friseuren das sogenannte Überbrückungsgeld III in Aussicht gestellt. Mit dieser Hilfe soll der Umsatzausfall ab Januar 2021 abgefangen werden und 90 Prozent der Fixkosten gedeckt werden können. Aber was bedeutet das eigentlich? Im Klartext heißt das nämlich, dass meine Kollegen und ich zehn Prozent der Fixkosten selbst bestreiten müssen. Die Frage ist allerdings, von was?" Denn: So langsam gehen die Ersparnisse aus, Kredite bekommt man auch kaum, "wenn man nichts als Sicherheit hat", sagt Koch. Ihre Rücklagen hat sie im vergangenen Jahr zum größten Teil in den neuen Salon gesteckt.

"Nahezu alles steckt in meinem Laden, den ich mit viel Herz und Leidenschaft betreibe. Wer mich kennt, weiß, dass mir meine Arbeit – neben meiner Familie – alles bedeutet. Daran hängt mein Herz und für mich ist es gerade die Höchststrafe, nicht arbeiten zu können", sagt Koch. Gerade das Herumsitzen zu Hause sei sehr schwierig gewesen, schildert Koch, "da ist so manche Träne geflossen", sagt die alleinerziehende Mutter einer Tochter. "Ich muss für meine Miete aufkommen und dafür sorgen, dass genügend zu Essen zuhause ist. Wie aber soll diese Rechnung aufgehen? Mit den Friseuren steht eine ganze Branche mit dem Rücken zur Wand!" Existenzängste treiben die 36-Jährige um. Wie soll das alles weitergehen? Was sie zusätzlich besonders ärgert, sind die frisch frisierten Fußballspieler, Politiker und Promis, die im Fernsehen auftreten, "die sollen als Vorbild vorausgehen", sagt Koch, "da geht es ums Prinzip".

Seit Mitte der vergangenen Woche ist nun klar: Am 1. März dürfen die Friseure wieder öffnen – und nun setzt der Run ein, den Koch schon nach dem ersten Lockdown erlebt hatte. Unklar seien aktuell noch die Auflagen, die die Salons erfüllen müssen. Koch geht davon aus, dass die Kunden eine FFP2-Maske tragen müssen. Auch die Zahl der Kundinnen und Kunden, die sich gleichzeitig im Salon aufhalten dürfen, ist wohl begrenzt. "Hoffentlich brauchen Kunden keine negativen Corona-Tests wie in Österreich", sagt Koch ... das würde wohl den ein oder anderen vom Friseurbesuch abschrecken.