Gommemode, bodenlos & Co.
Freyung-Grafenauer bewerten die zehn Jugendwörter des Jahres

04.10.2022 | Stand 04.10.2022, 18:45 Uhr

Bodenlos ist mit einer Bewertung von 4,3 von 5 Sternen das Lieblingswort der befragten Jugendlichen im Landkreis. −F.: Kronbauer

Von Anja Kronbauer

Es ist wieder soweit – die Abstimmung zum Jugendwort des Jahres 2022 läuft. Auf der Webseite des Langenscheidt-Verlags wurden unlängst die zehn Wörter, die in einem öffentlichen Online-Voting die meisten Einreichungen sammeln konnten, veröffentlicht.



Bis zum 13. September konnten darunter die Top Drei gewählt werden, bevor es für diese in die zweite Runde ging. Ende Oktober wird das Gewinner-Wort verkündet. Wie jedes Jahr sorgt die Auswahl mal wieder für ordentlich Diskussionsstoff. Die Heimatzeitung hat drei Jugendliche aus dem Landkreis Freyung-Grafenau um ihre Einschätzungen zu den Wörtern gebeten. Auf einer Skala von 1 bis 5 – 1 steht dabei für "mag ich eher nicht", 5 für "mag ich gern" – sollten sie die Wörter außerdem bewerten. Aus dem Durchschnitt der Ergebnisse hat sich folgendes Beliebtheitsranking ergeben:

Slay (1,6/5)

Das unbeliebteste Wort der befragten Landkreis-Jugendlichen ist "slay". Das englische Verb bedeutet wortwörtlich übersetzt eigentlich "jemanden erschlagen". Im Kontext der Jugendsprache wird es jedoch genutzt, wenn etwas Spektakuläres passiert oder jemand selbstbewusst handelt.

David Pinker (17) und Helena Poschinger (15) geben beide an, das Wort schon seit längerer Zeit aus dem Internet zu kennen. Wirklich nutzen würde das hier aber keiner. Für Jakob Rehberger (17) war das Wort neu: "Ehrlich gesagt hab ich das vor zwei Monaten das erste Mal gehört, als ein Mädchen über ein Outfit geredet hat. Danach musste ich erst mal nachschauen, was das bedeutet."

Gommemode (2,0/5)

Dieses Wort hat am meisten für Verwirrung und Diskussionsstoff gesorgt. Zurückzuführen ist "Gommemode" auf den bekannten YouTuber "GommeHD" und bedeutet so viel wie "unbesiegbar". Für David Pinker und Helena Poschinger ist es das einzige nicht gekannte Wort auf der Liste. Jakob Rehberger hingegen hat sogar Hintergrundwissen, warum das offenbar skurrile Wort überhaupt Teil der Auswahl ist: ",Gommemode‘ entstand schon circa 2016 in einer Nischen-Community (zu Deutsch ,Gemeinschaft‘) auf YouTube. Sogar einen Song gab es darüber. Jetzt wurde es als Troll (zu deutsch ‚Scherz‘) von vielen Leuten dieser Community eingereicht."

Sus (2,6/5)

Seitdem sich das Handyspiel "Among Us" im Lockdown 2020 weltweit großer Popularität erfreute, setzte sich "sus" im Wortschatz vieler Jugendlicher fest. Das Wort ist eigentlich die Kurzform von "suspicious" – zu Deutsch "suspekt". Es wurde im Rahmen des Spiels genutzt, um verdächtiges Verhalten der Mitspieler zu kommunizieren. Laut Rehberger sei jedoch mittlerweile das Spiel und damit auch das Wort schon wieder aus der Mode gekommen. Pinker jedoch verwendet "sus" trotzdem noch gerne und oft.

Digga/Diggah (3,0/5)

Dieser seit Jahren feste Bestandteil der Jugendsprache bedeutet so viel wie "Kumpel". Doch ist das Wort mittlerweile mehr Klischee als Realität? Pinker gibt zu: "Ich benutze es oft, aber sogar eher unbewusst, weil ich es einfach schon so drin habe. Das nervt mich auch selbst ein bisschen."

Poschinger versucht das Wort eher zu vermeiden und warnt vor einer wortwörtlichen Auffassung: "Ich find’s nicht so ein schönes Wort. Manchmal kann es sogar zu Missverständnissen kommen, wenn ältere Leute sich dadurch angegriffen fühlen. Das ist wie mit ‚Alter‘."

Macher (3,0/5)

Ein "Macher" ist jemand, der Dinge umsetzt, ohne zu zögern. Mit einer einstimmigen Bewertung von drei Sternen und ähnlichen Aussagen über die Verbreitung im Freundeskreis scheint das Wort relativ beliebt zu sein. Als ein Beispiel für einen Macher nennt Pinker seinen besten Freund: "Der denkt nämlich nie nach, bevor er was macht."

Bre/Bro/Bruder (3,3/5)

Von diesen drei Varianten, die alle so viel wie "Kumpel" bedeuten, gibt es einen Favoriten bei den Jugendlichen. "Wenn ich eins von denen nutze, dann ‚Bro‘ manchmal", erklärt Poschinger. Die anderen beiden berichten ähnliches. Auf die Frage, wie sie denn dann normalerweise ihre Freunde ansprechen, geben alle an, sie einfach beim Spitznamen zu nennen.

• Favorit von Poschinger

Smash (3,3/5)

Bekannt geworden ist dieses Wort durch einen Trend auf der Social Media-Plattform "Tiktok". Man bewertet dabei Personen danach, ob man mit ihr etwas anfangen würde ("smash") oder eher nicht ("pass" zu Deutsch "passen"). Poschinger gibt an, dass es in ihrem Freundeskreis auch oft einfach gesagt wird, wenn jemand "hübsch" ist.

SIU(UUU) (3,6/5)

"Das schreit der Ronaldo nach einem Tor", fasst David Pinker den Ursprung dieses Jugendworts zusammen. Das Video vom Torjubel des Fußballspielers verbreitete sich über die üblichen Social Media-Kanäle rasant. Viele Jugendliche übernahmen es von dort aus als Ausruf der Freude in ihren Alltag. "Ein modernes jawohl quasi", sagt Jakob Rehberger. Hauptsächlich würden Jungs den Ausruf benutzen, so Helena Poschinger.

• Favorit von Rehberger

wild/wyld (4,0/5)

Was früher oft als "krass" oder "heftig" bezeichnet wurde, ist bei vielen Jugendlichen zurzeit einfach nur noch "wild". "Das wird oft benutzt", stellt Rehberger fest, während Pinker ein Beispiel liefert, wie das Wort in seinem Alltag auftaucht. "Mein Freund hat mir mal ein noch heißes Feuerzeug ans Bein gehalten. Die Narbe, die ich davon hab’, bezeichnet er immer als ‚wild‘"

bodenlos (4,3/5)

Das Lieblingswort der befragten Freyung-Grafenauer Jugendlichen ist "bodenlos". Es bedeutet so viel wie "schlecht", "mies" oder "unglaublich". Alle drei Jugendlichen geben an, das Wort oft zu nutzen und liefern verschiedene Beispiele von "bodenlosen" Aktionen.

Rehberger: "Zum Beispiel wenn ein Lehrer eine richtig unfaire Ausfrage macht, dann ist das ‚bodenlos‘".

Pinker: "Wenn wir in unserer Freundesgruppe einen Scherz auf Kosten anderer machen, sagen wir ‚der war mal wieder bodenlos‘."

• Favorit von Pinker

Aber: Nur vereinzelt und nicht allzu oft nutzen die Landkreis-Jugendlichen solche Jugendwörter. Wie die 17-jährige Helena Poschinger sagt, würde sie nicht immer so reden. "Man benutzt vielleicht ab und zu ein paar Wörter, aber das ist sehr unterschiedlich." David Pinker findet, dass die Liste definitiv nicht an den Haaren herbeigezogen ist und er viele Wörter tatsächlich aus seinem Alltag wiedererkennt. Jakob Rehberger kritisiert, dass auch Wörter wie z.B. "Bro", die es seiner Einschätzung nach schon sehr lange gibt, noch zur Auswahl stehen. Außerdem befürchtet er, dass der Außenseiter "Gommemode" unerwarteterweise das Rennen macht. "Das wird wie bei ‚Papatastisch‘ letztes Jahr. Viele Leute aus der Community werden einfach als Joke, also zum Scherz."

Ob er mit dieser Prognose richtig liegt, wird spätestens am 25. Oktober bei der Verkündung des Gewinner-Worts zu sehen sein.