Abstand halten, Maske tragen und trotz der Lockerungen nicht leichtsinnig werden - die Vorgaben der Politik sind eindeutig, doch auch nach knapp zwei Monaten im Corona-Ausnahmezustand fällt es den wenigsten leicht, sich daran zu halten. Täglich geht die große Mehrheit der Politikerinnen und Politiker mit gutem Beispiel voran. Ab und zu passiert ihnen aber doch ein Fauxpas, der zeigt, dass die Situation auch für sie gewöhnungsbedürftig ist.
JENS SPAHN: Offenbar fällt es selbst dem Gesundheitsminister nicht immer leicht, Distanz zu wahren. So auch Mitte April, als ein Foto des CDU-Mannes gemeinsam mit anderen Politikern in einem vollen Aufzug eines Gießener Krankenhause für Aufsehen sorgte. Spahn sagte im Nachhinein einsichtig, selbst wenn man Mundschutz trage, sei es wichtig, Abstand zu halten. Alle hätten sich vorgenommen, nicht gleichzeitig in den Aufzug zu steigen - "und dann passiert es halt manchmal doch". Es seien genau die Dinge des Alltags, "wo wir eben alle miteinander die nächsten Wochen und Monate diszipliniert bleiben müssen".
CHRISTIAN LINDNER: Auch ein Foto des FDP-Chefs machte unlängst die Runde. Darauf war zu sehen, wie er am Wochenende einen Bekannten vor einem Restaurant in den Arm nahm. "Die spontane Umarmung bei der Verabschiedung am Freitag war ein Fehler, wie er unter Freunden nach einem privaten Abend leider passiert", kommentierte Lindner den Vorfall und entschuldigte sich. Es sei kein Vorsatz gewesen, sondern Unkonzentriertheit. "Am Ende bleibt man Mensch." Für die ehrliche Reaktion bekam Lindner über die Parteigrenzen hinweg Zuspruch. Juso-Chef Kevin Kühnert schrieb auf Twitter: "Wer von Menschen und nicht von Politik-Maschinen repräsentiert werden möchte, der wird Fehler in Kauf nehmen müssen." Ein souveräner Umgang mit diesen Fehlern sei aber unabdingbar und Lindner habe nun vorgemacht, wie das gehen könne. "Stark!"
"Action speaks louder than words" sagt der Amerikaner. Hier zeigt sich, dass Lindner, von der Situation wahrscheinlich "übermannt", unsere Regeln in Wirklichkeit für völlig übertrieben hält. Wahrlich ein Segen, dass er sich gegen das Regieren entschieden hat... https://t.co/kLISeyZ1hl — Karl Lauterbach (@Karl_Lauterbach) May 18, 2020
Ich sagt eben zu @derspiegel: Die spontane Umarmung bei der Verabschiedung am Freitag war ein Fehler, wie er unter Freunden nach einem privaten Abend leider passiert. Das war kein Vorsatz, sondern Unkonzentriertheit. Am Ende bleibt man Mensch. Tut mir leid! CL — Christian Lindner (@c_lindner) May 18, 2020
FRANK-WALTER STEINMEIER: Maske tragen, Abstand halten - für den Bundespräsidenten war dies selbstverständlich, als er in der vergangenen Woche das Corona-Reservekrankenhaus in Berlin besuchte. Mit Blick auf manche Verschwörungstheoretiker erklärte er dort, "dass unter den Gesichtspunkten des Virusschutzes der vielleicht manchmal unbequeme und lästige Mundschutz empfehlenswerter ist als der Alu-Hut". Nur für ein Statement und die Journalistenfragen nach dem Rundgang nahm Steinmeier die Maske ab - bei reichlich Abstand. Die Antwort der Verschwörungstheoretiker kam postwendend: Im Netz kursierte eine manipulativ zusammengeschnittene Sequenz des Auftritts zusammen mit dem grotesken Vorwurf, Steinmeier habe den Mundschutz nur für Fotografen und Kameraleute getragen.
"Ich bin selbst medizinischer Laie. Trotzdem traue ich mich, zu behaupten, dass unter den Gesichtspunkten des Virenschutzes der vielleicht manchmal unbequeme und lästige Mundschutz empfehlenswerter ist, als der Aluhut", so Steinmeier. pic.twitter.com/IMu5vBKmPl — Steinhoefel (@Steinhoefel) May 15, 2020
HEIKO MAAS: Dass der Außenminister am Samstag nach zehn Wochen Reisepause wieder in einen Regierungsflieger gestiegen ist, hat nicht jedem gefallen. Auf Twitter gab es Hunderte kritische und hämische Kommentare. Die Abstandsregeln wurden auf dem Flug von Berlin nach Saarbrücken, von wo aus es per Wagenkolonne ins luxemburgische Schengen weiterging, aber eingehalten. Von den 40 Plätzen waren nur 13 besetzt. Beim Einstieg wurde Fieber gemessen und Maas trug einen Mund-Nasen-Schutz.
Nach 10 Wochen Flugentzug ist @HeikoMaas wieder auf Achse: Symbolträchtige Reise nach Schengen. #dpareporter @dpa pic.twitter.com/0hsNeqGhjH — Michael Fischer (@mfischer70) May 16, 2020
MICHAEL KRETSCHMER: Als er sich Gegnern der Corona-Maßnahmen bei einer Demonstration in Dresden stellte, war es für Sachsens Ministerpräsidenten schwierig, den Mindestabstand einzuhalten. Er selbst wies immer wieder darauf hin, allerdings umringten Anwesende ihn in einem Pulk. Eine Mund-Nase-Maske trug Kretschmer auch nicht - weil die Demonstranten einen solchen Mundschutz ablehnten. Nach Kritik an seinem Verhalten sagte der CDU-Politiker: "Ich wollte mir ein Bild über die Stimmung verschaffen und respektiere, wenn Menschen eine andere Meinung haben."
Kretschmer sagt, dass er keine Maske trug, weil sonst "kein Gespräch möglich" gewesen wäre. Absurd, da es unsere komplette Maskenpflicht Lügen straft. Es ist ja GERADE das Gespräch, für das wir Masken tragen. Die Begründung macht es nur noch schlimmer... https://t.co/q7o6akcuuA — Karl Lauterbach (@Karl_Lauterbach) May 18, 2020
ANNEGRET KRAMP-KARRENBAUER: Ende April regnete es ebenso Kritik für die Verteidigungsministerin. Bei einem Pressetermin zur Lieferung von Schutzkleidung aus China hatte die CDU-Chefin ohne Maske ein Statement gegeben. Dabei war es zu Gedränge gekommen. Das Ministerium entschuldigte sich später und räumte ein: "Das geht besser."
ARMIN LASCHET: Probleme mit der Maske hatte auch Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident. Auf einem Pressetermin Ende März schaute seine Nase aus dem Mundschutz heraus. Nach Hohn in den sozialen Netzwerken reagierte der Anwärter auf den CDU-Vorsitz selbstironisch. Auf Twitter veröffentlichte er ein Video, in dem er zeigte, wie die Schutzmaske korrekt angelegt wird. Dazu schrieb er: "NRW kann das. Ich kann das auch."
− dpa
Schützen Sie sich - und andere. #ausgruenden #sogehtsrichtig#nrwkanndas #ichkanndasauch pic.twitter.com/y2fDpYOeA4 — Armin Laschet (@ArminLaschet) March 30, 2020