Unsere Region ist reich an kulturellen Initiativen, die anders als oft in Metropolen von Privatpersonen und ehrenamtlichem Engagement getragen werden. Eine der charmantesten und frischesten ist das europäische Jugendmusikfestival Young Classic Europe, das regelmäßig Klassikstars von Morgen überraschend früh in Passau auf die Bühne bringt. Zur Wiederauferstehung nach einem Jahr Viruspause hat der Gründer und künstlerische Leiter Ivan Bakalow anstelle der verhinderten Niederbayerischen Philharmonie des Passauer Theaters diesmal Chöre und Orchester des Mozart-Musikgymnasiums Salzburg engagiert für die Eröffnung. Alles andere als eine Notlösung.
Am Ende jubelt das Publikum, bis der letzte der jungen bis sehr jungen Musiker nicht nur die Bühne, sondern auch den Saal verlassen hat – eine seltene Ehrerbietung. Und angemessen, denn die Gymnasiasten (in zwei Reisebusstärken) schenken ihrem Publikum beim Gastspiel in Bayern drei Konzerte in einem.
Das Sinfoniekonzert: Einfach nur beeindruckend, mit welchem Selbstbewusstsein, welchem Herz und welcher musikalischen Reife sich das Orchester in die Harmonik und Volten von Mozarts Idomeneo-Ouvertüre stürzt. Herrlich klar und homogen intoniert der Klang, präzise ausgearbeitet die künstlerische Gestaltung. Danach treibt "Stargast" Jonathan Swensen (23) aus Dänemark Haydns 1. Cellokonzert die Klassik aus. Der vielfach prämierte Cellist pflegt schon im Moderato eine sportive Leichtigkeit im Klang, erlaubt sich metallische Schärfen und macht das Adagio mit schwärmerischem Ton und emphatischem Atmen und Stöhnen zum hemmungslos romantischen Trip.
Das Chor-a-cappella-Konzert: Zweiter Teil, neue Welt. Mit vier Werken von Grossi da Viadana, Mendelssohn, Poulenc und Dubra schlägt der Mädchenchor den Bogen von Renaissance bis zur zeitgenössischen Klassik. Höchst begabte Sängerinnen sind hier am Werke mit top ausgebildeten Stimmen in jedem Register. Ein Muster an reiner Schönheit.
Das Chor-Orchester-Konzert: Zum Finale vereinen sich gemischter Chor und Orchester zur klanggewaltigen Krönungsmesse von Mozart. Die Gymnasiasten meistern auch dies mit maximaler Souveränität, als Solisten lassen Elisabeth Eder (Sopran), Laura Kießkalt (Alt), Georg Dürnberger (Tenor) und Thomas Schneider (Bass) aufhorchen.
Dirigent Markus Oberneder ist immer da, wo er gebraucht wird, bei den Solisten, beim Chorfugeneinsatz, beim kniffligen Taktwechsel – sehr uneitel und extrem hilfreich für jede und jeden auf der Bühne. Das Publikum ist ergriffen, die Pandemie für diesen Abend vorerst vorbei, das Jugendmusikfestival findet zu seiner Bestimmung.
Raimund Meisenberger
Das Orchester ist erneut zu hören im Schlusskonzert am 21. November um 18 Uhr; young-classic.eu
