Pfarrkirchen
Erntebilanz: Zwischen durchwachsen und durchschnittlich

02.09.2022 | Stand 20.09.2023, 21:11 Uhr

Derzeit ein gewohntes Bild im Landkreis: Die Maisernte läuft auf vollen Touren. −Foto: hl

Hitze und Trockenheit einerseits, Hagel und Starkregen andererseits waren die Wetterextreme, die der Landwirtschaft zu schaffen machten. Und so bewegt sich die Ernte im Landkreis Rottal-Inn für dieses Jahr zwischen "durchwachsen" und "durchschnittlich".

Um diese Bilanz zu ziehen, hatten sich der Leiter des Landwirtschaftsamtes Landau-Pfarrkirchen, Direktor Josef Eichenseer, Kreisbäuerin Paula Hochholzer und Landwirt und Mitglied der Kreisvorstandschaft des Bauernverbandes Robert Willnecker mit Landwirt Stefan Stelzeneder, der auch stellvertretender Kreisobmann des Bauernverbandes ist, an einen Tisch gesetzt. Schnell wurde bei dem Gespräch auf dem Betrieb der Familie Stelzeneder in Johanniskirchen deutlich: Dieses Jahr ist ein Jahr der Extreme, was die Witterung anbelangt. "Wir haben es mit einem der trockensten und heißesten Jahre seit Beginn der Wetteraufzeichnungen zu tun", so Amtsleiter Eichenseer.

Große Unterschiede im Landkreis

Auffallend ist die große Bandbreite an Ernteergebnissen in Rottal-Inn. Beim Weizen wurden beispielsweise 80 bis 100 Prozent des vergangenen Jahres erreicht, auch beim Raps gilt dieses Spektrum. Doch beim Mais als eine der wichtigsten Pflanzen in der Region reicht das Ergebnis von 50 bis 80 Prozent, manchmal sogar noch schlechter, wie Kreisbäuerin Paula Hochholzer sagte: "Da, wo es zu schweren Niederschlägen mit außergewöhnlich kräftigem Hagel gekommen ist, sind die Ertragsausfälle noch größer", verwies sie z.B. auf die Situation im Raum Gangkofen.

Dass manche Schäden von der Versicherung gedeckt sind, sei dabei nur die "zweitbeste" Lösung. "Die Landwirtschaft braucht den Mais sowohl als wichtiges Futtermittel als auch für die Energieerzeugung – eine gute Ernte ist den Bäuerinnen und Bauern deshalb immer lieber als eine Zahlung der Versicherung."

Stefan Stelzeneder machte klar, dass gerade in Zeiten von Hitze und Trockenheit die Bedeutung des Maisanbaus nicht unterschätzt werden sollte. Denn der Mais gehöre immer noch, zusammen mit Soja, zu den Pflanzen, die mit hohen Temperaturen und Trockenheit vergleichsweise am besten umgehen können. Insbesondere die Tierhalter seien auf den Mais angewiesen, denn er sichere die Eiweißversorgung in den Ställen.

Er selbst hat durchaus Verlusten auf seinen Feldern. "Der Ertrag ist unterdurchschnittlich, 25 Prozent weniger müssen wir verkraften." Für ihn steht aber auch fest, dass man als Bauer mit solchen Situationen umgehen müsse. "Es hat immer schon Trockenheit gegeben, Landwirtschaft spielt sich nun einmal unter freiem Himmel ab, das muss man einkalkulieren."

Doch es gibt, auch das macht er deutlich, "hausgemachte" Probleme, die von der Politik geschaffen wurden. "Die landwirtschaftlichen Flächen in unserem Landkreis liegen leider zum großen Teil in den so genannten Roten Gebieten, in denen die Landwirte in ihren Möglichkeiten sehr stark eingeschränkt sind. Wir dürfen die wichtigen Zwischenfrüchte nicht düngen, dabei sind sie so wichtig für einen guten, ertragreichen Boden. Das ist eine echte Benachteiligung", erklärt der Landwirt.

Und Berufskollege Robert Willnecker betont: "Wenn Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özedemir immer mehr von der Düngung wegkommen will, muss er vorher erklären, wie er dann die Lebensmittelversorgung sicherstellen will." Der Erosionsschutz, zu dem die Zwischenfrüchte so entscheidend beitragen, sei besonders wichtig, um den Boden zu ermöglichen, das "Wasser zu schlucken und zu behalten, da wo es hingehört", so Willnecker. Gerade in Zeiten von Wetterextremen sei es Tatsache, dass Erosionsschutz ohne Mulchsaat nicht möglich ist. Die Politik müsse daher den eingeschlagenen Weg dringend korrigieren.

Stefan Stelzeneder sieht auch das Wissen und Können der Bäuerinnen und Bauern gefordert: "Die Landwirtschaft muss sich seit jeher immer wieder auf veränderte Bedingungen einstellen. Mais und Soja sind sicher Pflanzen, die wir verstärkt sehen werden, weil sie mit dem Klimawandel besser zurechtkommen."

Übrigens: Auch auf den Grünlandstandorten ist die Ertragslage sehr unterschiedlich. Während in Teilen des Landkreises ausreichend Niederschläge auf den Wiesen zu einem guten ersten und zweiten Schnitt führten, konnte in anderen Bereichen von Rottal-Inn teilweise noch kein zweiter Schnitt durchgeführt werden, da ein verwertbarer Aufwuchs fehlt. Stefan Stelzeneder ist aber optimistisch und setzt auch auf alte Erfahrungen und Beobachtungen: Nach dem Karpfhamer Fest falle meist noch einmal Regen, dann könnten Futtervorräte auf den Betrieben aufgestockt werden.

Gestiegene Kosten eine Herausforderung

Auch wenn in Rottal-Inn die Ernte nicht so schlecht ausgefallen ist wie in anderen Teilen Niederbayerns, bedeutet das nicht, dass die Einkommen der Bauern jetzt deutlich steigen. Direktor Josef Eichenseer: "Die extrem gestiegenen Kosten stellen die Betriebe vor große Herausforderungen. Der Preis für Stickstoffdünger hat sich fast vervierfacht. Die Diesel- und Trocknungspreise sind ebenfalls gewaltig angestiegen. Es gilt also weiterhin, vorsichtig zu wirtschaften."

Trotz aller Widrigkeiten war sich die Gesprächsrunde einig: "Wir Rottaler Bäuerinnen und Bauern können das produzieren, was die Menschen brauchen, in hoher Qualität und nach hohen Umweltstandards", sagte Kreisbäuerin Hochholzer. Die Landwirtschaft in der Region habe Zukunft, gerade weil die Landwirte gut ausgebildet sind – allerdings sei es von großer Bedeutung, dass sie vonseiten der Politik Planungssicherheit erhielten.

− hl