Berchtesgaden
Erneuter Sieg vor Gericht

Nationalparkverwaltung setzt sich gegen Verein "Wildes Bayern" durch – Verbot der Verbreitung von Unwahrheiten bestätigt

10.03.2022 | Stand 10.03.2022, 19:00 Uhr

Dass der Nationalpark als Futterquelle für seine ausgewilderten Bartgeier in der Schonzeit Gämse erlegt habe, war einer der – inzwischen gerichtlich verbotenen Vorwürfe – des Vereins "Wildes Bayern". −Foto: Nationalpark Berchtesgaden

Ob mit dem jetzt vorliegenden Urteil des Landgerichts Traunstein ein jahrelanger Rechtsstreit beendet ist, steht noch nicht fest. Das Gericht bestätigte nun das Verbot der Verbreitung von Unwahrheiten durch den Verein "Wildes Bayern e.V." und deren Webmasterin/Pressesprecherin in einem Hauptsacheverfahren. Das teilt die Nationalparkverwaltung in einer Presseaussendung mit. Der Verein seinerseits habe mittlerweile Berufung eingelegt.

Der langjährige Streit hatte im Winter 2018/2019 seinen Ursprung, als am Ufer des Königssees verendete Rotwildkälber gefunden worden. Vorwürfe gegen den Nationalpark und seinen Leiter Dr. Roland Baier durch den Verein "Wildes Bayern" bezeichnet die Behörde als "gezielte Kampagne". Die Anschuldigungen liefen ins Leere.

Im Januar 2021 griffen Vereinsvorsitzende Dr. Christine Miller, der Verein und seine Pressesprecherin/Webmasterin den Nationalpark und seinen Leiter erneut an – unter anderem mit folgendem Vorwurf: "Nationalpark erlegt in der Schonzeit Gämsen um Geierjunge zu füttern" (wir berichteten mehrfach).

Gegen zwei Behauptungen gewehrt

Das Landgericht Traunstein bestätigte nun mit seinem aktuellen Urteil (nicht rechtskräftig) im Hauptsacheverfahren das Verbot der Behauptung und Verbreitung von unwahren Aussagen zur Wildbestandsregulierung und Bartgeierauswilderung im Nationalpark Berchtesgaden.

Damit wehrte sich Nationalparkleiter Dr. Roland Baier vor dem Landgericht Traunstein gegen zwei unwahre Behauptungen: Zum einen gegen angebliche Abschüsse von Gämsen im Nationalpark während der Schonzeit, zum anderen gegen die unwahre Behauptung, die betreffenden Gämsen seien geschossen worden, um die im Jahr 2021 ausgewilderten Bartgeier-Jungvögel zu füttern. "Ich bin sehr froh über dieses sehr sorgfältige und abgewogene Hauptsacheurteil, welches das gleichlautende und mittlerweile rechtskräftige Urteil des Landgerichts Traunstein und den korrespondierenden Hinweisbeschluss des Oberlandesgerichts München im vorangegangenen, einstweiligen Verfügungsverfahren uneingeschränkt bestätigt", erklärt Dr. Baier.

Tierarten nicht gegeneinander ausspielen

Die Autorin des damaligen Beitrags, Dr. Christine Miller, hatte sich schon im September 2021 einer gleichlautenden, gegen sie persönlich gerichteten Einstweiligen Verfügung des Landgerichts Traunstein endgültig unterworfen. Den von ihr geführten Verein führte sie dagegen in das teure und für den Verein am Ende ergebnislose Hauptsacheverfahren, heißt es weiter.

Ausgangspunkt der aktuellen Auseinandersetzung war ein Bericht in einer lokalen Tageszeitung zum Projekt "Wiederansiedlung des Bartgeiers in den Alpen" im Januar 2021. Aussagen darin seien objektiv unwahr und gingen eindeutig zu weit, so Baier laut Presseaussendung. "Hier wird unzutreffend über mich und meine Behörde behauptet, dass wir gegen Gesetze verstoßen und dass wildlebende Tiere im Nationalpark gerade deshalb erlegt werden, um als Bartgeierfutter zu dienen", erklärt der Nationalparkleiter. Und ergänzt: "Der Verein Wildes Bayern e.V. ist nach eigenen Worten ein Verein zum Schutz der Wildtiere und ihrer Lebensräume. Daher ist es in meinen Augen bedenklich und nicht nachvollziehbar, weshalb ein solcher Verein versucht, gezielt Tierarten gegeneinander auszuspielen. Nämlich Gämsen, die noch dazu in großer Zahl im Nationalpark vorkommen, gegen die Wiederansiedlung von ursprünglich hier heimischen Bartgeiern. Und all das mit der gezielten Verbreitung von Unwahrheiten".

Grundrechtsverletzung in Kauf genommen

Der Verein und seine Pressesprecherin hatten auch nach einem rechtlich sorgfältig begründeten Urteil (Landgericht Traunstein) beziehungsweise einem gleichlautenden Hinweisbeschluss (Oberlandesgericht München) im Einstweiligen Verfügungsverfahren an ihren unwahren und rechtswidrigen Behauptungen festhalten wollen. Dadurch hätten sie damit verbundene Verletzungen von menschlichen Grundrechten billigend in Kauf genommen. "So stehen für den Verein und seine Pressesprecherin offenbar die Interessen von Gämsen über den Grundrechten von Menschen. Das neuerliche Urteil des Landgerichts zeigt nun aber deutlich, dass und wie man sich als Behördenleiter erfolgreich gegen unwahre und ehrverletzende Äußerungen von übereifrigen Tieraktivisten wehren kann", stellt Dr. Baier heraus. Den rechtlichen Einschätzungen des Rechtsanwalts von Dr. Baier folgte das Gericht uneingeschränkt. "Richtig ist, dass die Gams nach dem Bayerischen Jagdgesetz vom 16. Dezember bis 31. Juli Schonzeit hat – also in dieser Zeit in Bayern im Allgemeinen nicht geschossen werden darf", stellt die Nationalparkverwaltung dar. "Richtig ist aber auch, dass diese Schonzeit in begründeten Fällen für klar umgrenzte Gebiete außer Kraft gesetzt werden kann. So ist es im Nationalpark Berchtesgaden der Fall, wo eine räumlich sehr eng begrenzte Schonzeitaufhebung zur Erreichung einer ungestörten Entwicklung natürlicher und naturnaher Lebensräume auf nur wenigen Prozent der Nationalparkfläche in der Pflegezone angeordnet ist.

Das Landgericht Traunstein sah im Übrigen in seinem Urteil keinen Grund, weshalb die im Nationalpark geltende, eng begrenzte Schonzeitaufhebung unwirksam sein sollte, wie es vom Verein im Prozess in freier Rechtsfindung behauptet worden war.

Einstellung wegen fehlenden Tatverdachts

Bei ihrer erstmaligen Aktion gegen den Nationalpark hatte Dr. Christine Miller aufgrund verendeter Rotwildkälber Verstöße gegen geltendes Jagdrecht unterstellt und Mitarbeitende des Nationalparks angezeigt. Das Ergebnis: Alle Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen Mitarbeitende des Nationalparks Berchtesgaden wurden wegen des fehlenden Tatverdachts eingestellt. Ein wildbiologisches Gutachten unterstützte die These, dass die Tiere aufgrund der außergewöhnlich widrigen Witterungsverhältnisse im Katastrophenwinter 2018/2019 mit enormen Schneemengen aus naturbedingten Gründen verendet waren – und nicht aufgrund irgendeines jagdlichen Fehlverhaltens von Nationalpark-Mitarbeitern.

Auch der neuerliche Vorstoß gegen den Nationalpark lief nun ins Leere. Der Verein hat mittlerweile gegen das Urteil Berufung eingelegt und es bleibt abzuwarten, ob das Berufungsgericht – wie schon im einstweiligen Berufungsverfahren – die Berufung durch Beschluss zurückweisen will.

− red