Eine kroatische Insel wird griechisch

29.06.2018 | Stand 29.06.2018, 16:23 Uhr

Logenplatz: Im Hummer-Restaurant Konoba Jostožera wurden Szenen für "Mamma Mia 2" gedreht. − Fotos: Schaper

Die Dreharbeiten für den Musicalfilm "Mamma Mia 2", der Mitte Juli in die Kinos kommt, haben auf der kroatischen Insel Vis für viel Aufregung gesorgt. Die Passauer Neue Presse war vor Ort auf Spurensuche.

Nur sehr langsam wacht die kleine Insel auf. Das Dröhnen der Schiffsmotoren mischt sich mit den Glocken der Kirche. Eine Gruppe Frauen fährt Inline-Skates, zwei Männer sitzen auf einem umgedrehten Ruderboot und frühstücken: Red Bull mit Zigarette. Die kroatische Insel Vis ist eine zweieinhalb Stunden lange Fahrt mit der Fähre von Split entfernt. Sie hat nur zwei Städte und acht Dörfer – viele davon unbewohnt. Die Landschaft ist noch naturbelassen, es gibt keine großen Resorts oder Fast-Food-Ketten.

Doch so ruhig ist es hier nicht immer. Im Hochsommer kommen so viele Touristen auf die Insel, wie die zwei kleinen Hotels und die privat vermieteten Apartments zulassen. Im vergangenen September waren das nicht sehr viele, denn das Filmteam von "Mamma Mia! Here We Go Again!" hatte mit seinen 1500 Crew-Mitgliedern fast alles ausgebucht. Der erste Mamma-Mia-Film, der 2008 in den Kinos lief, wurde auf griechischen Inseln gedreht. Doch diese waren zehn Jahre nach der Kinopremiere nicht mehr unberührt genug. Und so wurde Vis für 45 Tage in die fiktive griechische Insel Kalokairi verwandelt.

Inzwischen sind die Stege, auf denen Tanznummern gefilmt wurden und die Schaukel, in der Pierce Brosnan und Amanda Seyfried saßen, verschwunden. Ebenso ein kleines Haus, das extra für den Dreh errichtet wurde. Aber Lina Blajevič kann sich noch sehr bildlich erinnern. "Hier standen die Marktstände", erklärt die 77-Jährige energisch gestikulierend. Sie steht auf dem Karolinaplatz am Hafen zwischen Stühlen und Tischen der Restaurants. Als Statistin für "Mamma Mia 2" stand sie hinter einem Gemüsestand.

Wenn sie von ihren Erfahrungen am Set berichtet, wird sie euphorisch, obwohl sie nur vier Tage dabei war und dafür schon um vier Uhr morgens aufstehen musste, um sich herrichten zu lassen. "Es hat so viel Spaß gemacht", sagt Lina Blajevič mit Nachdruck. Sie ist in der hiesigen Theatergruppe und wollte sich die Chance, vor der Kamera zu stehen, nicht entgehen lassen.

Nicht nur sie war Teil der Produktion. Rund 500 Einheimische beherbergten Crew-Mitglieder, halfen in der Kantine und dienten als Statisten. Selbst die Feuerwehr der Insel hat beim Dreh geholfen. Diese Geschichte erzählt Ivan Pečarevic besonders gerne, wenn er seinen Touristengruppen die Insel zeigt. Der 45-jährige Fremdenführer ist zwar in Linas Theatergruppe, hatte aber wegen seines Berufs keine Zeit, beim Film mitzuwirken. Aber auch als unbeteiligter Zuschauer hat er die Dreharbeiten sehr genossen.

Er deutet auf ein Waldgebiet auf der Insel und hebt die Stimme, damit ihn jeder hören kann. "Wir haben hier immer gutes Wetter, aber im Film gibt es eine Szene, in der es schrecklich schüttet", erzählt er. Um den Regen nachzustellen, rückten 25 Feuerwehrautos mit vollen Tanks an. "Auf diese Szene freue ich mich schon besonders im Film", sagt Ivan, der die Kinopremiere nicht verpassen möchte.

Gerne zeigt der Pierce-Brosnan-Fan die Bilder, die er von seinem Idol gemacht hat und auch über Schauspielerin Amanda Seyfried verfällt er ins Schwärmen. Doch irgendwann steckt er sein Handy wieder ein und packt die historischen Fotos aus. Denn – das betont er immer wieder – die Insel Vis hat so viel mehr zu bieten als die Kulissen, von denen die meisten verschwunden sind.

Jetzt, da die Film-Crew abgezogen ist, die blauen Fensterläden wieder rot und grün sind, die griechischen Schilder abgenommen und kein Abba-Song mehr im Hintergrund läuft, lässt sich die Ruhe in Vis wieder genießen.

Am Abend, wenn der Himmel über der Bucht beginnt sich zu verfärben, sitzen die Einwohner in ihren Schiffen im Hafen, trinken Wein und essen. Nur vereinzelt tuckern noch Fischerboote über das Wasser, das so klar ist, dass man immer den Grund sehen kann. Menschen schlendern gemütlich umher, die Laternen versprühen warmes Licht und die Insel schläft genauso langsam ein, wie sie aufgewacht ist.

INFORMATIONEN

Die Adria-Insel Vis liegt vor der südlichen Küste Dalmatiens. Italiener nennen die kroatische Insel Lissa, die Griechen Issa.

ANREISEN

Vom Flughafen München aus steuern mehrere Fluggesellschaften Split an. Vom dortigen Hafen geht es mit der Fähre weiter nach Vis.

ÜBERNACHTEN

Hotel San Giorgio: Intimes und gemütliches Boutique-Hotel mit nur zehn Zimmern und einer Terrasse mit Blick aufs Meer.

ESSEN

Konoba Stoničica: Direkt in einer Bucht an einem Badestrand gelegen. Fleisch und Fisch gibt es vom Grill. Der Familienbetrieb baut selbst Gemüse an und fischt.

Konoba Jostožera: In dem Hummer-Restaurant wurden Szenen von "Mamma Mia 2" gedreht.

Villa Kaliopa: Bietet guten Wein und Fischgerichte in einem Garten aus dem 16. Jahrhundert.

ERLEBEN

Auf der Nachbarinsel Biševo lässt sich die Blaue Grotte per Boot besichtigen. Auch Ausflüge um die Insel lohnen sich. Sie hat viele ruhige Badestrände.

Auch die beiden Städte der Insel sind sehenswert: Vis und Komiža. Und in den Hügeln der Insel befinden sich leerstehende verlassene Militärbasen und Titos Höhle, in der der damalige Partisanenführer während des Zweiten Weltkrieges ausharrte.

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Stipendiatin Fam-Marie Schaper recherchierte auf Einladung der kroatischen Zentrale für Tourismus.